Homo sapiens ist eine genetisch sehr homogene Spezies, sogar die homogenste auf unserem Planeten. Das liegt daran, dass es den modernen Menschen erst seit ca. 100.000 Jahren gibt, und die Zahl der möglichen Mutationen in diesem vergleichsweise kleinen Zeitfenster notwendigerweise gering blieb.
Warum unterscheiden sich dann die heutigen Menschen äußerlich so stark, z. B. in Haut- oder Augenfarbe?
Ursache sind unterschiedliche Varianten der Gene, die sich jedoch stets an derselben Genposition im Humangenom befinden. Genetiker bezeichnen diese Varianten als Allelen.
So gibt es etwa Allelen für braune, grüne, blaue oder graue Augen. Die Funktionalität der Augen wird durch die unterschiedliche Färbung allerdings nicht grundlegend verändert. Menschen mit braunen Augen sehen nicht schlechter als solche mit grauen oder blauen.
Die Hautfarbe hat sich auf dem Weg der ersten Homo Sapiens, die vor 50.000 von Afrika nach Europa wanderten, von dunkel nach hell verändert. Auch dies geht auf neu gebildete Allelen zurück. Die hellere Haut bot im sonnenarmen Norden den Vorteil, das lebenswichtige Vitamin D besser zu synthetisieren, so dass die Träger dieser Allelen hierzulande einen selektiven Vorteil hatten.
Die ersten "Ur-"Europäer sind jedoch weiter gewandert - und teils auch wieder in Richtung Süden. Am Ende der langen Wanderkette stehen die australischen Aborigenes. Sie sind pechschwarz - und dennoch genetisch (hinsichtlich der Allelen) am weitesten vom afrikanischen "Ur-Homo-Sapiens" entfernt. Tatsächlich waren die unmittelbaren Altvorderen der Aborigenes hellhäutige Europäer. Auf dem Weg nach Süden haben sich die Allelen für dunkle Haut jedoch wieder stärker durchgesetzt, weil dunkle Haut besser vor der starken Sonnenstrahlung im Süden schützt. Vitamin-D-Effizienz ist im sonnigen Australien nicht mehr nötig. |