dass ich ebenfalls in einer Großstadt lebe. Ich müsste aber wirklich lange nachdenken, wann ich solche Vorfälle das letzte mal als Zeuge erlebt hätte. Es gibt auch hier allerdings Viertel, bei denen ich mir vorstellen kann, dass man sowas mehrmals täglich erleben mag, wenn man dort einfach mal einen ganz Tag flanieren würde, z.B. rund um den Hauptbahnhof herum.
Diese Gespräche mit weiblichen Bekannten kenne ich auch. Es gibt viele, die heute deutlich mehr Angst haben, als früher, manche trauen sich nichtmal mehr, abends alleine im Park nebenan laufen zu gehen. Gedanken, sich zu bewaffnen höre ich allerdings auch da eher selten. Ich frage dann meistens, ob sie sich denn vor 10 Jahren getraut haben, abends alleine laufen zu gehen und verweise dann darauf, dass die Zahlen von Raubüberfallen, Vergewaltigungen und Morden damals wesentlich höher gelegen haben, und dass wer sich damals getraut habe, alleine Laufen zu gehen, statistisch betrachtet heute sogar ein kleineres Risiko dabei einginge.
Du kannst Dir Denken, dass dieses Argument nicht wirklich etwas an ihrem subjektiven Empfinden verändert. Emotionen sind rationalen Einwänden nunmal nur bedingt zugänglich. Trotzdem hilft es, glaube ich, solche Dinge ruhig mal rational in Frage zu stellen. Es verändert vielleicht nichts an der Emotion selbst, sie verliert aber ggf. ein Stück ihrer Macht.
Überängstlichkeit ist m.E. heutzutage sowieso eine ausserordentlich bemerkenswerte Erscheinung des heutigen Zeitgeists.
Einerseits wird in nahezu allen Bereichen unseres täglichen Lebens alles immer sicherer und sicherer, die jährlich Unfallstatistiken im Straßenverkehr sind seit Jahrzenten immer weiter rückläufig, ebenso im Luftverkehr, alles von Sicherheitshelmen, Schutzutensilien, bishin zu Kinderbetten, Decken und Kopfkissen, wird alles immer sicherer und sicherer, die Statistiken zeigen indessen einen immer weiteren Rückgang von Gewalttaten jeglicher Art - alles Entwicklungen, die sich nicht erst seit ein paar Jahren, sondern über Jahrzehnte hinweg zeigen - andererseits scheint das Gefühl fundamentaler Verunsicherung und alle mögliche Sicherheitsängste kurioser Weise jedoch in der Gesellschaft nicht ab- sondern gerade andersherum immer mehr zuzunehmen.
Eltern, die ihre Kinder bis zur Mittel- oder Oberstufe nicht alleine in die Schule (und auch sonst nirgendwohin, außer zum Nachbarsfreund um die Ecke) gehen lassen, etc. etc.
Man findet alle möglichen Kuriosiäten, die in ihren Auswirkungen alles andere als gut sind. Manche Sicherheitsbedürfnisse erscheinen mir in vielen Bereichen völlig übertriebene und dabei nicht selten sogar dysfunktionale Züge anzunehmen.
Mit bestimmten abstrakten allgemeinen Risiken umzugehen ist unserer Gesellschaft vor 20 Jahren offenbar sehr viel leichter gefallen.
Das Problem dabei ist nicht, dass es alle jene Furchtbarkeiten vor denen man sich ängstigt, nicht gäbe,
Es gibt natürlich Belästigungen, Vergewaltigungen, Raubüberfälle, Morde, Banden- und Clankriminalität, das steht ja völlig ausser Frage, ebenso, dass ein Teil der Eiwanderungsproblematik, uns statistisch leider wieder etwas zurück wirft, jedoch nicht soweit, dass wir hinter die 80er oder 90er Jahre zurückfallen, die von den Zahlen in nahezu allen Verbrechensbereichen deutlich höher lagen.
Die Relationen von solchen Ängsten erscheinen heute insofern völlig aus dem Gleichgewicht geraten zu sein.
Wenn ich die weibleichen Bekannten, dann frage, wo diese Angst denn herkommt, und ob sie denn selber schon mal unangenehme Situationen in dieser Richtung persönlich erlebt haben, so wird das häufig verneint. Es wird in der Regel darauf verwiesen, dass man solche Fälle ja nun mittelwerweile täglich in den Medien lesen könnte., was sicherlich stimmt. Auch Fälle, die ein Bekannter von einem Bekannten erlebt, hat hört man immer wieder.
Die Intensität der Berichterstattung sowie dann auf Seite des Betrachters auch die Intensität, mit der man solche Berichte konsumiert, können dabei jedoch durchaus im Missverhältnis zur tatsächlichen Zunahme der Häufigkeit solcher Vorfälle stehen. |