#2899 und #2900 schildern die unterschiedlichen Lebensrealitäten der Senioren. trifft genau den Punkt.
Die Einsamkeit ist einer der großen Lebenszeitverkürzer bei den meisten älteren Menschen mit existentem Sozialleben, egal ob im eigenen Haushalt oder in Pflegeheimen lebend. Denn sie nagt am Lebenswillen. Das wird nicht bei allen so sein, aber man sollte so human sein, die Entscheidung den betroffenen Menschen zu überlassen. Dazu gehört auch, sie anständig zu informieren, statt sie mit Fake news und sinnlosem Zahlensalat zu terrorisieren. Wenn jetzt mal worst case 20.000 von 18 Millionen (Risikogruppe) vorzeitig an Corona sterben, dann sind das 0,1%, die dazu im Schnitt oberhalb der Lebenserwartung sterben. Bei diesem Risiko sollte jeder abwägen können, ob er das Risiko der Isolation eingehen will oder nicht. Hier geht es um die Würde, die verfassungsmäßig geschützt ist, aber die keinen der Politiker zu interessieren scheint. Natürlich ist das eine individuelle Abwägung. Bei einem 90-Jährigen mit Vorschädigung mag sich das Chance/Risiko Verhältnis um den Faktor 100 verschlechtern. Aber selbst dann liegt er noch bei 90% Überlebenschance.
Bei Menschen mit erheblichen Gebrechen, ohne sozialen Anschluss, meist im Pflegeheim, und mit faktisch geringer Restlebenszeit sieht die Sache nach meiner Erfahrung überwiegend so aus, wie Fill sie schildert. Diese Menschen sind zu 100% von ihrer Umgebung abhängig. Die Isolation ist wohl das kleinste Übel für diesen Fall. Die Frage ist, ob man das in so einem Fall tut.
Der Blick sollte sich trotzdem, auch wenn das individuelle Schicksal noch so dramatisch ist, nicht ausschließlich auf die Opfer richten, sondern auf die anderen 99,9%. Was tut man denen an, um effektiv so gut wie keinen der Betroffenen zu retten?
Der Politik ging es nie um den Schutz der Risikogruppen. Es war ihr schlicht egal. Anders kann man die Halsstarrigkeit und die Tatenlosigkeit nicht interpretieren. Statt die Gefährdeten zu schützen, hat man gnadenlos die hirnverbrannte Schwanz-wedelt-mit-dem-Hund-Strategie durchgesetzt. Den Unfug hat man dafür bis ins letzte Detail geregelt, ohne auch nur einen Hauch von Ahnung zu haben, wie groß die Wirkung der willkürlichen und wechselnden Maßnähmchen mit Minimalsthebel auf genau die Risikogruppe ist. Man ist einfach auf den simplizistischen Modelliererquark der Kontaktreduktion, koste es, was es wolle, als alleine selig machende Medizin hereingefallen. Dabei ist das nur eine Stellgröße, die den Weg des Virus von der Infektion bis ins Grab beeinflusst. Die viel wichtigeren Größen der Immunität und ihrer Stärkung blieben z.B. vollkommen außen vor. Was wurde getan, um den Zink- und Vitamin-D-Level zu überwachen/einzustellen? Wieso kommen FFP2 Masken erst im Dezember? Antigentests dito. Wie stellt man maximale Verfügbarkeit und maximalen Schutz des medizinischen Personals sicher, ohne sie aufgrund der Willkür des PCR Tests unnötig in Quarantäne zu schicken? Wo kann man Reserven für den Pflegebereich rekrutieren (z.B. in Spezifischen Arztpraxen, Physiotherapiepraxen etc., die während einer Coronawelle sowieso weniger frequentiert sind)? Wie kann man Menschen unterstützen, die ihr Familienmitglied aus der Risikogruppe schützen wollen? Wieso gibt es keine separaten Einkaufszeiten für Risikogruppen und den Rest? Wieso wird die Ausgabe von FFP2 Masken für Risikogruppen nicht Pflicht beim Einkauf? Wo ist der Einkaufsservice für allein stehende Rentner? Wieso schränkt man gerade die Jugend ein, die eine gute Basis für die Herdenimmunität wäre, sofern der Risikobereich weitestgehend geschützt ist?
Bevor ich alles platt mache, fallen mir tausend Dinge ein, die man im Sommer ohne Not hätte machen können. Gemacht wurde nichts. Da kann man schon fast nicht mehr von Dummheit reden. Das riecht strengstens nach Absicht.
In Schweden ist nicht alles Gold, was glänzt. Aber an epidemiologischen Maßstäben gemessen sind sie in der 2. Welle deutlich erfolgreicher als wir. Hat man anfangs einfach alles laufen lassen, schützt man die Risikogruppe heute deutlich besser. In Sachen Todesfälle/Million Einwohner belief sich das Verhältnis zwischen Schweden und Deutschland am Ende der ersten Welle auf fast sechs. Heute liegt das Verhältnis bei zwei. Die Todesrate der zweiten Welle ist heute auf deutschem Niveau, aber die Anzahl der positiv Getesteten liegt mehr als doppelt so hoch wie in Deutschland (nur ein Teil davon ist durch die seit Nov. divergierende Testtiefe erklärbar). Man stelle sich vor, was bei uns los wäre, wenn Merkel mit strenger Stimme 60.000 Fälle an einem Tag verkünden würde. Interessanterweise hat Schweden auf die gesamte Coronazeit und die Bevölkerung gerechnet ziemlich exakt das Doppelte der Fälle und Toten von Deutschland, bei höherem Medianalter der Gestorbenen (86) und nur einem Bruchteil der Intensivbetten von Deutschland. Erstaunlich, finde ich. Die dritte Welle oder schon der weitere Verlauf dieser Welle dürfte das Pendel wohl immer mehr in Richtung Schweden verschieben. ----------- Überall ist der Irrtum obenauf und es ist ihm wohl und behaglich im Gefühl der Majorität |