Jedem sollen seine Meinungen belassen bleiben. Das ist ja das Wesen des Handelns an der Börse, dass es unterschiedliche Meinungen über die Zukunft gibt. Käufer und Verkäufer einer Aktie glauben beide, ein guter Geschäft gemacht zu haben. Aber am Ende kann nur einer Recht behalten.
Ich jedenfalls bin davon überzeugt, dass die europäische Stahlindustrie - wenn sie die aktuelle Krise übersteht - gestärkt aus dem Green New Deal hervorgehen wird. Denn kein seriöser Entscheidungsträger hat ein Interesse daran, dass in Europa kein Stahl mehr produziert wird. Stahl ist das Baumaterial einer jeden Volkswirtschaft. Egal ob Infrastruktur, Industrie oder Militär - ohne Stahl geht gar nichts und er lässt sich auch auf absehbare Zeit durch kein anderes Material substituieren. Die Corona- Situation hat darüber hinaus noch einmal drastisch deutlich gemacht, wie schnell Lieferketten zusammenbrechen können und wie sehr Europa die Eigenversorgung in den letzten Jahren vernachlässigt hat. Die europäischen Entscheidungsträger haben hieraus gelernt und allen ist klar, dass in der nächsten Jahren massiv investiert werden muss, wenn Klimaschutz und Versorgungssicherheit gleichermaßen gewährleistet sein sollen.
In Europa produzierter "grüner Stahl" MUSS wettbewerbsfähig sein, und daher wird die Politik für diese Wettbewerbsfähigkeit sorgen, sei es durch Grenzausgleichsmechanismen, Subventionen oder Direktinvestitionen. Was in der Landwirtschaft seit Jahrzehnten praktiziert wird, wird auch hier greifen. Weder dem Klima noch den Menschen ist schließlich geholfen, wenn in Europa kein Stahl mehr produziert wird sondern stattdessen in anderen Teilen der Welt. Und dasselbe gilt auch für andere klimarelevante Produkte, wie beispielsweise Basischemikalien, Zement oder Energieversorgung. Ohne massive staatliche Unterstützung können die Unternehmen eine klimaneutrale Produktion nicht erreichen - und daher wird diese Unterstützung kommen!
Wer langfristig erfolgreich investieren will, legt sein Geld heute in die günstig bewertetem Unternehmen der klimasensiblen Branchen der europäischen Grundstoff-, Material- und Energiewirtschaft an. Kurzfristige Gewinne sollte man hier allerdings nicht erwarten und erst recht nicht, sollte man ständig auf den Börsenkurs schielen. Der Umbau dauert lange und die Rendite fließt erst in vielen Jahren.
Zum Schluss noch ein Satz zum Erlös aus dem Elevator-Verkauf: Natürlich ist das Geld im Unternehmen - zu wesentlichen Teilen als Cash - vorhanden und wird im nächsten Quartalsbericht auch das Eigenkapital deutlich erhöhen (ich rechne mit einem Eigenkapital > 12 Mrd. €). Die Finalisierung des Geschäfts lag eben zwischen den Terminen der Quartalsberichterstattung und kann daher in den aktuell publizierten Zahlen noch nicht berücksichtigt sein.
Auf der absurden Vergleich mit Wirecard lohnt es sich nicht einzugehen. |