"Seine Logik war bestechend. Ja, klar, alles was er gesagt war logisch und richtig. Er ist ein Profi. Man muss nur ein paar entscheidende Dinge weg lassen und kann punktgenau zu der Aussage kommen die man beabsichtigt. Und damit ist das was er gesagt hat letztlich nur eine einzige Lüge. Und ich bin davon überzeugt, dass er das auch weiß."
Ich habe mir den ganzen Vortrag aufmerksam angesehen und finde ihn sehr schlüssig. Er argumentiert mit der Diskrepanz zwischen der flatterhaften Wind/Sonne-Stromproduktion und dem flatterhaften Stromverbrauch, der irgendwie ausgeglichen werden muss. Sei es durch klassische Kraftwerke, Speicher oder Verklappung. Und das ist ein echtes Problem.
Er argumentiert übrigens so gut wie gar nicht mit Kosten aller Art, sondern eher mit Physik und Machbarkeit. Dein Hauptargument, dass EEs immer billiger werden, hilft gar nichts, solange sie nicht für eine zuverlässige Stromversorgung sorgen können. Und zwar nicht auf Millisekunden-, Stunden-, Tages-, Wochen-, Monatsbasis, sondern saisonal über das ganze Jahr.*)
Du sagst, er würde wesentliche Dinge glatt unter den Tisch fallen lassen. Woran denkst du? Er sprach hauptsächlich von Pumpspeichern und Verbundnetzen, aber auch von Grid-Management, Power to Gas, Wasserstoff, Methan, BEVs als Speicher. Was hast du denn vermisst?
Was für mich völlig neu war, nach dem Vortrag aber klar ist, ist dass Norwegen überhaupt keine Pumpspeicher hat. Wozu auch? Das brauchen die gar nicht, weil ihre Wasserkraftwerke mit ihren Stauseen ihren Bedarf ausreichend puffern können, ohne dass sie weitere Speicher brauchten. Die beliebte Idee, dass wir überschüssigen EE-Strom nach Norwegen schicken und die damit Pumpspeicher füllen, ist im Moment also völlig aus der Welt. Diese Speicher, sowie die Leitungen, müssten wir erst mal bauen. Ja, WIR, nicht Norwegen, weil die das zu nichts brauchen. Es sei denn, Norwegen käme auf die Idee, zukünftig sowas wie "E-Storage as a Service" gegen Gebühr anzubieten. Ob sich das rechnen könnte? Keine Ahnung.
Ebenfalls war mir nicht klar, dass die Menge der möglichen Pumpspeicher, gemessen am Bedarf für 100% EEs, viel zu klein ist. Und somit bei ungefähr 50% EEs bei uns das Ende der Fahnenstange erreicht ist.
Ob das ein paar Prozent hin oder her geht, ist egal. Jedenfalls können wir bis auf weiteres nicht ohne klassische Kraftwerke (Kohle, Gas, Atom) auskommen. Und zwar nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern aus physikalischen.
Es sei denn, jemand erfindet etwas grundsätzlich neues bzgl. EEs und/oder Langfristspeichern.
-------- *) BTW: Dass vor ein paar Tagen die Tesla-Speicher in SA innerhalb von 140ms angesprungen sind, und so kurzzeitige Stromausfälle verhindert haben, ist toll. Allerdings sind sie genau dafür konstruiert, und es wäre eine Blamage, wenn sie das nicht getan hätten. Und sie vermeiden eben kein einziges klassisches Kraftwerk, weil es nicht nur um kurze, sondern um lange, bis hin zu saisonalen, Zeiträume geht. Bei den beiden letzteren helfen Batterien gar nichts.
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