Mieter-Protest
Verzweifelte Mieter: "Die Gagfah lässt alles vergammeln"
Von Olaf Wunder „So sehen unsere Fassaden hier überall aus: Der Beton ist weg, die Moniereisen liegen frei und rosten vor sich hin.“ Hartmut Gantenberg (50) wohnt am Gropiusring in Steilshoop. Eigentümer: natürlich die „Gagfah“. Foto: Patrick Lux „So sehen unsere Fassaden hier überall aus: Der Beton ist weg, die Moniereisen liegen frei und rosten vor sich hin.“ Hartmut Gantenberg (50) wohnt am Gropiusring in Steilshoop. Eigentümer: natürlich die „Gagfah“.
Schimmelnde Wände, undichte Fenster, Fassaden, die vor sich hin bröseln. So geht’s nicht weiter, protestiert der Mieterverein zu Hamburg und ruft zur Demo gegen das Unternehmen „Gagfah“ auf. Wann? Donnerstag, 14.30 Uhr. Wo? Die Firmenzentrale, Schloßstraße 14 in Wandsbek. 500 wütende Mieter werden erwartet.
„Gagfah – attraktiver Wohraum, innovativer Service.“ So wirbt das Unternehmen. Für die Mieter sind solche Sprüche eine Provokation. „Wir haben es hier mit einer Heuschrecke zu tun“, so Eckard Pahlke vom Mieterverein zu Hamburg, „die nur eins im Sinn hat: So viel Geld rauszuziehen wie möglich.“
Rund 1.000 Wohnungen in Hamburg gehören zur „Gagfah“. Als es noch gemeinnützig war, hatte das Unternehmen einen exzellenten Ruf. Es unterstützte regelmäßig soziale Projekte.
Seit aber US-Investoren das Zepter führen, regiert allein das Geld. Mitarbeiter bestätigen hinter vorgehaltener Hand: Die Zentrale gebe exakt vor, wie viel pro Jahr für Instandhaltung zur Verfügung steht. „Ist im August kein Geld mehr da, wird eben nichts mehr gemacht.“
Beispiel: Gropiusring in Steilshoop. Für Hartmut (50) und Carman-Carmela Gantenberg (49) ist es bereits die zweite Gagfah-Wohnung. „Die erste war völlig verschimmelt. Aber jetzt haben wir hier das gleiche Probleme.“ Die Küchendecke blüht regelrecht. „Wir warten seit Monaten darauf, dass die Gagfah was unternimmt.“
Das ist die" Gagfah"Der klamme Staat wollte sich mit Geld versorgen. So verkaufte er 2004 die „Gagfah“, ein gemeinnütziges Unternehmen, für drei Milliarden Euro an den US-Hedgefonds „Fortress“. Eine weitere Milliarde sollte die Woba kosten, das kommunale Wohnungsunternehmen Dresdens – und „Fortress“ schlug abermals zu. Heute gehören zu „Gagfah“ rund 14.0000 Wohnungen bundesweit. Und überall stöhnen die Mieter. Dresden droht dem Unternehmen mit einer Klage. Vorwurf: Die „Gagfah“ habe gegen die Sozialcharta, die beim Verkauf zum Schutz der Mieter vereinbart wurde, verstoßen.
Die Häuser am Gropiusring sind überhaupt in einem erschreckenden Zustand: Von den Fassaden bröckelt der Beton. Überall ragen rostende Moniereisen heraus.
„Die ,Gagfah‘ sagt, dass sie die Fassaden erst macht, wenn die Stadtbahn gebaut ist“, so Martin Kersting vom Stadtteilbeirat. „Wir haben nie verstanden, wo da der Zusammenhang sein soll.“
Ortswechsel: Wilhelmsburg. Rund um die Korallusstraße besitzt die „Gagfah“ etliche Wohnblöcke – alle heruntergekommen. Besonders schlimm: Wittestraße 6. Das Geländer im Treppenhaus – kriminell! Verstrebungen fehlen, Kindern droht der Sturz in die Tiefe.
Ein anderes Beispiel: die Katzbachstraße in Eidelstedt. Verwanzt, verschmutzt, ungepflegt: die Eingänge, die Fassaden, vor allem aber die Fahrstühle. „Man schämt sich richtig, noch Besucher einzuladen“, sagt Emmi Schenk (77), die mit ihrem Mann Harald (73) schon 44 Jahre in dem Haus wohnt. Für das Ehepaar steht fest: „Am Donnerstag demonstrieren wir. Zum ersten Mal in unserem Leben.“
Übrigens: Die „Gagfah“ war gestern für eine Stellungnahme nicht erreichbar. |