Ganz einfache Rechnung: In den ersten 6 Monaten 2020 machte BioNTech bei 69,4 Mio. EUR Umsatz 141,7 Mio. EUR Verlust.
https://investors.biontech.de/static-files/...-4f48-955a-69718604d604
Umsatzseitig ist da, bei 32,6 Mio. EUR "Revenues from collaboration & licensing agreements" in Q2, kaum etwas von den insgesamt mit Pfizer vereinbarten 635 Mio. USD Honorar für die Corona-Impfstoffentwicklung enthalten. Ich schätze maximal 10-12 Mio. EUR (traditionell, vor Corona, hat BioNTech 20-25 Mio. EUR/ Quartal aus anderen Forschungskooperationen erlöst).
https://investors.biontech.de/news-releases/...-details-collaboration Auf der anderen Seite ist der Großteil der initialen F&E-Kosten für den Corona-Impfstoff (Präklinik usw.) bereits in Q2 entstanden. In 2019 und Q1/2020 lag BioNTechs F&E-Aufwand jeweils bei 50-55 Mio. EUR/ Quartal, in Q2/2020 stieg er auf 95,2 Mio.EUR. Diese zusätzlichen ca. 40 Mio. rechne ich Corona zu. In Q3 ging BioNTechs Forschung am Corona-Impfstoff weiter (u.a. die Tierversuche an Mäusen und Affen), aber fast alles, was jetzt noch in Q4 ansteht, fällt in Pfizers Verantwortungsbereich und geht auf deren Kosten. Daneben sollten ab Q2 auch die Ausgaben für Produktionsaufnahme/ -erweiterung deutlich gewachsen sein. Das meiste davon ist jedoch aktivierungsfähig, nur ein kleinerer Teil sollte bereits in 2020 kostenwirksam werden. Die "general expenses" stiegen in Q2/2020 um knapp 30% (gut 4 Mio. EUR) ggü. dem Vojahresquartal. Ich denke, weitere plus 6 Mio. EUR/Quartal für Produktionsaufnahme/ -erweiterung könnten realistisch sein - aber auf 1-2 Millionen mehr oder weniger kommt es da nicht wirklich an.
Unterm Strich ist dann, bei Hochrechnung des 1. Hj 2020, plus vorgenannter zusätzlicher Kosten, ohne Impfstoff-bezogene Einnahmen mit einem Jahresfehlbetrag 2020 von ca. 300 Mio. EUR auszugehen.
Auf der Einnahmenseite haben wir jetzt zunächst 375 Mio. EUR Bundessubvention. Diese wird rückwirkend für ab März 2020 angefallene Kosten gewährt. Sie ist an das Erreichen von 8 "milestones" gekoppelt. Fünf davon (Präklinik, Phase 1 Zulassung & Implemetierung, Phase 3 Zulassung & Implementierung) hat BioNTech bereits absolviert, beim sechsten (upscaling der Produktionskapazitäten) dürfte es ebenfalls gut aussehen. Bleiben lediglich zwei Milestones, deren Erreichung noch fraglich ist, nämlich (i) Einreichung des Zulassungsantrags und (ii) Erhalt der Vermarktungserlaubnis in der EU. Die Förderung bezieht sich auf 75-90% Erstattung der Kosten zur Erreichung jedes Milestones. Welche Kosten da BioNTech im einzelnen geltend machen will, ist unbekannt. Ich denke aber, dass anteilsmäßig die letzten beiden milestones, also Einreichung und Verfolgung des Zulassungsantrags, eher eine untergeordete Rolle spielen dürften. Ca. 300 Mio. EUR Bundessubvention, vielleicht auch mehr, sollte BioNTech schon heute sicher im Sack haben. Damit sollte alleine schon der Bund für eine schwarze Null in 2020 sorgen. https://investors.biontech.de/news-releases/...erman-federal-ministry
Tja, und dann kommen Pfizers Honorare von bis zu 635 Mio. USD für die Corona-Impfstoffentwicklung. Ergebniswirksam davon sind in Q2 vielleicht 15 Mio. USD geworden (s.o.). Auch diese Honorare sind an (nicht veröffentlichte) milestones geknüpft - vermutlich in etwa die gleichen, die die Bundesförderung vorsieht [An die Stelle des vom Bund geförderten eigenen "upscaling" könnte im Falle Pfizers erfolgreiche Unterstützung zu deren pilothafter Produktionsaufnahme treten]. Ich kann mir vorstellen, dass die Pfizer-Vereinbarung stärker erfolgsabhängig ist - sagen wir, die letzten 300 Mio. USD fließen erst bei erfolgreichem Abschluss der Phase 3. Das liesse dann aber immer noch ca. 320 Mio. USD für die erfolgreiche Absolvierung der vorherigen milestones im Topf, die BioNTech inzwischen, und zwar in Q3, erhalten haben sollte. Wir müssen da übrigens nicht ewig spekulieren. Der Zwischenbericht zu Q3, angekündigt für den 10.11.2020, sollte entsprechende Klarheit schaffen. Selbst wenn Phase 3 erstmal scheitert, und die BioNTech-Aktie daraufhin in den Keller geht: 500-600 Mio. EUR Gewinn in Q3, und eine darauf basierende Jahresprognose für 2020 um 250 Mio. EUR Gewinn ohne Corona-Impfstoff, wie von mir erwartet, sollte sämtliche bisherigen Analystenmodelle über den Haufen werfen. Da stünde dann nämlich BioNTech nicht mehr in einer Reihe mit Moderna, NovaVax, Innovio, CureVac etc. als "junges Unternehmen mit viel Potential, aber bislang ohne jeden Gewinn". Stattdessen redete man plötzlich über ~1,2 USD earnings per share 2020 - nicht dolle, weit unter Corona-Erwartungen, aber immerhin.
Und dann folgt als nächstes die Lohnfertigungs-Phantasie. Solch ein Angebot muss BioNTech nach den Förderbedingungen des Bundes sowieso machen, wenn der eigene Impfstoff scheitert. Falls CureVac Erfolg haben sollte, werden Bundesregierung (und Gates-Foundation!) schon dafür sorgen, dass der CureVac-Impfstoff auch bei BioNTech produziert wird. Keine Ahnung, wo die Margen für Lohnfertigung/ -abfüllung so liegen - vielleicht können da andere Forumsteilnehmer aushelfen. Aber für 1 Mrd. Dosen Jahreskapazität sollte schon etwas Umsatz und Marge zusammenkommen..
Ganz nebenbei stehen im Spätherbst ja auch noch ein paar Veröffentlichungen zu Phase 1-Krebsstudien (z.B. Brustkrebs) an.. |