Fondsmanager-Porträt
Michael Sjöström - Kosmopolit aus Kopenhagen
Der Fondsmanager ist seit über einem Jahrzehnt eine Institution unter den Verwaltern von Biotechfonds. Dabei hat der Weltenbummler gar keinen Branchenhintergrund. Sein Credo: Jeder kann ein guter Fondsmanager sein.
von Christian Kirchner
In vier Wochen jährt er sich zum zehnten Mal: jener legendäre Abend, an dem ein Fondsberater in der Sendung "3satbörse" für die Biotechaktie Morphosys in oberfränkischem Idiom das Kursziel "Dausend!" ausrief - und sich die Notierung des Münchener Konzerns am nächsten Handelstag tatsächlich fast verdoppelte. Spätestens da hätte klar sein müssen, dass auf dem Spielfeld der Biotechaktien zu viele Freizeitbörsianer unterwegs sind, die sich in der Mittagspause über klinische Studien von Vertex Pharma oder dem neuesten Phase-III-Wirkstoff von Millennium austauschen.
Oberflächlich betrachtet ist seit 2000 erst einmal wenig passiert. Die Argumente für ein Investment in den hochvolatilen Sektor sind die gleichen wie damals: eine attraktive Produktpipeline, Chancen auf Vervielfacher und Übernahmen durch die eher forschungsschwachen Pharmafirmen, deren Patente auslaufen. Und selbst die Kurse sind heute - gemessen etwa am Nasdaq Biotechnology Index - zwei Crashs später die gleichen wie vor rund zehn Jahren.
Michael Sjöström, dessen skandinavische Wurzeln schon physiognomisch nicht zu übersehen sind, ist der einzige Manager eines Biotechnologiefonds, der Anlegern in der aus Investorensicht verlorenen Dekade überhaupt einen Ertrag erwirtschaftet hat. Das Echo der geplatzten Spekulationsblase hallt bis heute nach: "Schon 2002 waren die Übertreibungen wieder abgebaut, aber seitdem sind wir auf einem niedrigen Bewertungsniveau", sagt Sjöström. Knapp zwei Prozent pro Jahr hat der von Sjöström seit Auflage gesteuerte Pictet-Biotech-Fonds selbst jenen Anlegern gebracht, die vor genau zehn Jahren und damit kurz vor Platzen der Biotechblase eingestiegen sind.
Langfristig stehen für den Fonds, der über ein Volumen von 1,2 Mrd. Euro verfügt, seit Auflage 1995 rund 14 Prozent Rendite pro Jahr in der Bilanz. "Wer in Biotechnologie investieren möchte, kommt an diesem Fonds kaum vorbei", urteilt die Ratingagentur Morningstar. "Die Performancebilanz des Fonds ist nach wie vor beeindruckend", schreibt Standard & Poor's. Sjöström - der vier Sprachen spricht und mit schwedischen Eltern, dem Geburtsort Kopenhagen und Wohnsitzen in Genf und Montreal als echter Kosmopolit durchgeht - favorisiert Unternehmen mit Biotechprodukten in einem späten Entwicklungsstadium und damit eher begrenzten Risiken. Rund 30 Werte filtert er für das Portfolio aus, unterstützt von rund einem Dutzend Analysten und einem Netzwerk aus Wissenschaftlern. Zudem ist er stets voll investiert.
Klar hat Sjöström nach 15 Jahren als Fondsmanager inzwischen viele Aufgaben delegiert. Und nach wie vor frönt er seinen Hobbys, Skifahren und Bergwandern. Doch die dunklen Augenringe zeugen von vielen Transatlantikflügen zwischen Montreal und Genf, wo auch die Familie mit zwei kleinen Kindern wohnt, sowie ungezählten Konferenzen und Einzelgesprächen mit den Vorständen von Biotechfirmen. Auch den Termin für dieses Interview in München hat er schnell mal noch zwischen einen Unternehmensbesuch und den Flug zur Familie gepackt. Dennoch wirkt Sjöström entspannt, wählt seine Sätze mit Bedacht und spricht fast druckreifes Deutsch.
Obwohl Sjöström einen der größten und erfolgreichsten Biotechfonds der Welt steuert, hat er selbst gar keinen Branchenhintergrund, dafür aber eine gesunde Distanz zum Grundrauschen der Finanzwelt. "Die ganze Bankwelt ist für mich nicht sonderlich interessant. Bis heute nicht." Nach einem MBA-Abschluss in Wirtschaft begann er in den 90er-Jahren als Analyst für schweizerische Aktien. "Nichts, was ich mein Leben lang machen würde", sagt er rückblickend. "Ich bin dann irgendwie in dieser Biotechnologiebranche gelandet." Erst die habe ihn dann wirklich interessiert, "menschlich, wissenschaftlich, technologisch". Dass er nicht aus der Branche kommt - sieht man von dem Kindheitswunsch, Arzt zu werden, einmal ab - sei kein Hindernis für erfolgreiches Arbeiten. Ein Netzwerk müsse man sich natürlich aufbauen. "Ich glaube, dass man erfolgreich sein kann als Analyst oder als Fondsmanager, ganz egal, was man studiert hat. Man braucht nur die Fähigkeit, früh im Researchprozess zügig die richtigen Entscheidungen zu treffen - und dann weiterzubohren."
Um die Perspektiven der Branche ist ihm nicht bange - obwohl die Kurse 2009 wieder deutlich gestiegen sind und das Anlegeruniversum deutlich geschrumpft ist: Viele Biotechs sind durch Übernahmen oder Pleiten verschwunden, aber nur wenige kommen neu an die Börse. "Biotechfirmen sind derzeit im Schnitt mit dem 17-Fachen der Gewinne bewertet - bei einem Umsatz- und Gewinnwachstum von rund 20 Prozent pro Jahr. Das ist ein historisches Tief."
Auch Morphosys gibt es noch. Bereinigt um einen zwischenzeitlichen Aktiensplit, müsste sich der Kurs des Münchener Konzerns nur noch versiebenfachen, um den Kurs zu erreichen, mit dem der Titel am Tag nach der legendären 3sat-Sendung notierte. Oder sich aber verzwanzigfachen bis zum Kursziel "Dausend".
Apropos, welche Firma hat eigentlich Michael Sjöström in München besucht, etwa Morphosys ? Der Schwede mit Schweizer Pass schaut zum Abschied etwas irritiert: "Der Besuch war vertraulich, darüber darf ich nicht sprechen."
Steckbrief: Pictet Biotech Pictet Biotech Stärken Der Fonds wird seit 15 Jahren vom gleichen Management verwaltet und hat sich über verschiedene Marktphasen hinweg als Basisinvestment der Biotechnologiebranche bewiesen. Schwächen Der Pictet Biotech investiert fast ausschließlich im US-Dollar-Raum und sichert Wechselkurse nicht ab. Das für Biotechfonds hohe Volumen erschwert das Management. 2009 entwickelte er sich relativ zu Wettbewerbern und dem Vergleichsindex schlecht, unter anderem wegen eines Skandals um gefälschte Studien bei einer großen Position (Sequenom). Portfolio Größte Positionen sind Amgen und Celgene. Zudem favorisiert der Manager Myriad Genetics und Genzyme.
Steckbrief ISIN LU0255977455 Gesellschaft Pictet Funds S.A. Währung Euro Volumen 1,3 Mrd. € Gebühr p.a. (TER) 2,03 %2 Anteilspreis 182,84 Euro
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Wenn er eher begrenztes Risiko im Biotechbereich sucht und dazu eine Firma, bei der Pictet mit seinem Volumen überhaupt nennenswert einsteigen kann, dann gibts so viel in München auch nicht zu besuchen.
Ob Moroney überzeugen konnte? |