Interessante Dikussion, die sich da entwickelt hat. Interessante Antworten. (kann Dich im Augenblick gerade leider mal wieder nicht bewerten)
Lumpi hat da bereits m.M. nach viel Richtiges gesagt.
Meine These hast Du übrigens schön auf den Punkt gebracht.
Um auch auf deine erst Antwort einzugehen, dass sich in Europa geldpolitische Maßnahmen darauf beschränken, Geld noch billiger zu machen ist nicht richtig.
Dies wäre der Fall, wenn lediglich die Zinsen gesenkt worden wären. Durch den Kauf von Staatsanleihen und die 3Jahres Tender, wurde zusätzlich eine mittelbare Staatsfinanzierung und Kapiatalbereitstellung für die Banken betrieben.
Es handelt sich dabei um Stimulierungsmaßnahmen, die weiter gehen, als nur das Geld billiger zu machen.
Bernake und Draghi haben dabei immerhin bereits mehrfach eingeräumt, dass Qe1,2 und die beiden Tender sich weniger deutlich und nachhaltig auf die wirtschaftliche Entwicklung ausgewirkt haben, als sie erwartet haben. Von einer Enttäuschung war die Rede - das ist bei jandaja in den letzten Monaten zumindest über den Ticker gelaufen.
Scheitern ist ein so absolutes Wort - Von einem gewissen Misserfolg kann man aber schon sprechen.
Diese Einschätzung deckt sich zudem auch völlig mit der realen wirtschaftlichen Entwicklung, der Länder zu dessen Gunsten eingegriffen wurde.
Wenn nun schon alle bisherigen geldpolitischen Maßnahmen der Notenbanken seit der Krise 2008 nicht die erhoffte Wirkung auf die Wirtschaft gehabt haben, sehe ich keinen plausiblen Grund in der Annahme, dass dies nun ausgerechnet bei den nächsten Maßnahmen der Fall sein sollte.
Bisher hat man damit nur zu hohen Kosten, auf unseren Schultern und denen unserer Nachkommen, Zeit gekauft, ohne die Symptome der Krise auch nur ansatzweise zu lindern, geschweige denn, die eigentlichen Probleme zu lösen. Die Kosten um weitere Zeit zu kaufen werden dabei immer höher - auch hier wird der abnehmende Grenznutzen deutlich.
Das Hauptproblem der Schuldenländer ist dabei ihre schlechte Wettbewerbsfähigkeit, wobei da viele andere Probleme dranhängen, und ihre zu hohe Schuldenquote.
Weitere Schulden zu machen wird ihre Wettbewerbsfähigkeit dabei nicht verbessern sondern verschlechtern und ihre Schuldenquote und die Zinslast weiter in die Höhe treiben.
Das Risiko, das dabei für die stärkeren Länder ausgeht, ist nicht nur das Schreckenszenario einer Hyperinflation
Die Gefahren, die davon ausgehen, betreffen zunächt erstmal unsere eigene Schuldentragfähigkeit. Auch hinsichtlich des Aufbau Ost sind wir ja noch längst nicht durch. Da kommt die nächsten 15-20 Jahre noch einiges auf uns zu. Hier mal ein jüngster Artikel: http://www.handelsblatt.com/politik/deutschland/...aften/7086924.html
Dazu kommen noch die Probleme unserer überalternden Gesellschaft, höhere Kosten für die Renten- und Gesundheitssysteme, die jetzt schon absolut vorhersehbar sind.
Bisher haben wir überdies das Glück gehabt, unsere Anleihen in den letzten Jahren beinahe zu Nullzinsen begeben zu können - bei den letzten Auktionen sogar zu negativen realen Zinsen. Diese Anleihen müssen allerdings irgendwann umgeschichtet werden. Einmal bestehende Schulden werden erfahrungsgemäß so gut wie "nie" getilgt, sie werden einfach in neue Anleihen umgeschichtet. Wenn von Schuldenabbau oder Austerität die Rede ist werden ja keine Schulden abgebaut sondern nur die Neuverschuldung verringert (temporäre Ausnahmen bestätigen die Regel)
Wenn nun aber umgeschichtet werden muss, ist es angesichts solch historisch niedriger Zinsen klar, dass da bei wieder ansteigenden Zinsen in der Zukunft Probleme auf uns zukommen werden.
Unsere Schuldenquote liegt schon bei über 80% des BIP. Die Grenze bei der man dies noch unbedenklich wuppen kann ist damit im Grunde schon überschritten - insbesondere, wenn man die künftigen besonderen Belastungen im Hinterkopf hat, die ohnehin auf uns zukommen werden. Die erlaubte Schuldenschwelle wurde in den Maastrichtverträgen nicht ohne Grund bei 60% des BIP festgelegt.
Unsere gute wirtschaftliche Entwicklung verdanken wir dabei nicht dem Bruch der Maastrichtverträge, sondern der Agenda 2010! Unsere nun im Zuge der Rettungsmaßnahmen immer weiter ansteigende Verschuldung wird sich zukünftig noch als ganz schönes Problem erweisen.
Die Frage, die sich bei all den Risiken, die dabei eingegangen werden, nicht als letztes stellen sollte, ist ob diese Maßnahmen überhaupt dazu geeignet sind, die Krisen der entsprechenden Länder zu lösen?
Das ist die entscheidende Frage.
Alle wirtschaftsgeschichtliche Erfahrung spricht dabei dagegen. Ich kann da nur das Buch von Kenneth Rogoff und Carmen Reinhart "Dieses mal ist alles anders" empfehlen, in denen die Staatschuldenkrisen der letzten 800 jahre untersucht werden. Geldpolitische Maßnahmen und neue Schulden haben dabei noch "nie" zu einer Lösung der Probleme geführt. Es wurde nicht eine einzige Ausnahme gefunden!
"You can't borrow yourself out of debts"!
Alleine durch den Zeitgewinn, damit eine Einstellung des Schuldendienstes der entsprechenden Länder und ihr Austritt aus der Eurozone etwas später stattfindet, ließen sich die damit verbundenen hohen Kosten und Risiken aber nicht rechtfertigen.
Am Ende würde damit keinen geholfen, sondern nur die gesamtwirtschftlichen Kosten in die Höhe getrieben.
Die von Dir angesprochenen dritte Welt ähnlichen Zustände gibt es dabei in manchen der überschuldeten Staaten etwas überspitzt gesagt zudem bereits.
Dies konnte durch die geldpolitischen Maßnahmen nicht verhindert werden.
Hier zeigt sich dann eben genau das Problem. Schulden können Wachstum und Arbeitsplätze eine ganze Zeit lang enorm begünstigen. Der Effekt verlangsamt sich aber nicht nur ab einergewissen Schwelle, was eben den abnehmenden Grenznutzen beschreibt, sondern er dreht sich sogar irgendwann um. Dies liegt nicht zuletzt am Phänomen des Zinseszins, der entsteht, wenn Schuldzinsen bereits mit neuen verzinzlichen Schulden finanziert werden müssen, die dann wiederum mit neuen verzinslichen Schulden finanziert werden müssen etc.
Dieser Punkt ist bei einigen europäischen Staaten längst erreicht.
Eine Vergemeinschaftung der Schulden, würde an diesem Zusammenhang nicht das geringste ändern. Es entstünde zwar ein gewisser weiterer Spielraum für neue Schulden, aber keine nachhaltige Perspektive. Die Wettbewerbsfähigkeit der entsprechenden Länder würde sich auch dadurch nicht verbessern. Es würden weiter Schulden gemacht werden, bis auch da die Grenzen erreicht würden, was eben dann der Fall wäre, wenn auch die übrigen Länder an den Rand des Ruins getrieben würden.
Der Finanzierungsbedarf der Mehrheit der schwachen Länder könnte aus den Einnahmen der 5 stabileren Ländern ja gar nicht bezahlt werden. Dies ginge nur über immer weitere Schulden. Gesetzlich verankerte Schuldenbremsen könnten an dieser Notwendigkeit nichts ändern. Diese aufnehmen zu können ist ja auch gerade das Ziel hinter den Ideen von Eurobonds und CO. Am Ende wären dann alle pleite.
Weitere Schuldenschnitte werden über kurz oder lang unumgänlich sein. Die weitere Perspektive der Schuldenländer steht und fällt dabei mit ihrer Wettbewerbsfähigkeit. Man kann hin und her überlegen, wie man will. Am Ende wird dies bei den europäischen Schuldenstaaten zumindet für einen gewissen Zeitraum nur über ein ausreichend günstigeres Preisniveau gehen. Innerhalb des Euros wird dieses aber praktisch nicht durchsetzbar sein.
Natürlich ist eine Abwertung mit bestimmten sozioökonmischen Kosten verbunden. Auf die Wettbewerbsfähigkeit zu verzichten, was die andere Alternative ist, wäre allerdings mit noch größeren sozioökonomischen Kosten verbunden, bei der sich die Probleme immer weiter verschärfen, je länger man auf die Herstellung eines gesunden Maßes an Wettbewerbsfähigkeit verzichtet.
Die Gründe warum die derzeitigen Akteure den Weg immer weiterer Schulden und Ausweitungen der Geldmenge gehen, sind dabei meiner Einschätzung nach zum einen nicht Ausdruck ökonomischer Vernunft und Notwendigkeit sondern davon völlig losgelöst rein politischer Natur. Zum anderen ließe sich dieser Kurs auch mit diversen verhaltensorientierten Ansätzen erklären.
ich will den Beitrag nicht zuweit ausufern lassen, daher nur einige Punkte
- es ist angenehmer, sich mit der Masse zu irren, als alleine einen richtigen Sonderweg zu gehen, für den man dann (zunächst) gescholten würde.
- Im ersten Fall könnte man sich damit herausreden, wenn am Ende tasächlich der Supergau eintritt, dass man immerhin alles versucht und keine Opfer gescheut habe und ausserdem die große Mehrheit auch dafür gewesen ist.
- Im zweiten Fall würde man einem vorhalten können, nicht genug getan zu haben, eigenützig und unverantwortlich gehandelt zu haben, wobei man dann auch noch als einziger ausgeschehrt ist. Diese Rolle möchte Deutschland nicht übernehmen. Selbst im besten Falle würde man es uns angesichts der kurzfristigen schmerzhaften Folgen, die damit für die Schuldenländer verbunden wären, nicht danken wenn wir den Weg nicht mitgehen - auch wenn es langfristig für alle Beteiligte das Beste wäre. Dieser Weg ist ersteinmal schwer vermittelbar.
- Des weiteren stünde einem der Beweis dann auch nicht mehr offen, dass der andere Weg, noch weitere Schulden zu ermöglichen und dafür in der ein oder anderen Art und Weise zu haften, am Ende für alle Beteiligten zu noch größeren Härten und Schmerzen geführt hätte.
- keiner möchte am Ende die (alleinige) Veantwortung für Staatspleiten und (temporäre) Verwerfungen an den Finanzmärkten übernehmen müssen.
- Es ist ausserdem ein typisches menschliches Phänomen, lieber spätere Krisen in Kauf zu nehmen, wenn man dadurch ersteinmal kurzfristige Krisen vermeiden kann - auch wenn die spätere Krise dabei im Vergleich noch weitaus schlimmer wäre.
Es liessen sich da noch weitere Erklärungsmuster anführen.
Ich hoffe, dass man im nachhinein nicht solche Sätze hören darf wie: Die politischen Erfordernisse waren damals größer als die wirtschaftliche Vernunft. |