Auch wenn wie oben richtig interpretiert der Marx irrtümlich davon ausging, dass die Emanzipation einer gesellschaftlichen Subgruppe nur mit der kollektiven Emanzipation aller gelingen könne, war doch die Verwendung 'des Juden' als kapitalistischen Prototypen glasklar antisemitisch. Der Hinweis auf die eigene jüdische Abstammung leitet dann über zum sog Internalisierungsphänomen, als einem individuellen Versuch, der Stigmatisierung, Marginalisierung und Diskriminierung dadurch zu entgehen, indem ihre Kriterien einerseits verinnerlicht, aber andererseits so radikal nach aussen gewandt werden, dass sich - gefühlt - die eigene Betroffenheit herauskürzen kann.
Diesem Phänomen, einem Identitätskonflikt erster Ordnung, begegnet man auf allen Ebenen: Wir sahen die deutschnationalen Juden pro Hitler, in der Hoffnung, der würde die Welt endlich von der 'Ostjudengefahr' befreien, wir sahen homosexuelle Polizisten, die besonders leidenschaftlich gerade Homosexuelle jagten, wir sehen nordafrikanische Asylanten, die auf der Bühne völkischer Parteien gegen die Asylflut aus Nordafrika wettern, afroamerikanische Polizisten, die in ihrem Hass auf Afroamerikaner ihren Kollegen vom Klukluxklan in nichts nachstehen, den Iraner, der in München Migranten hinrichtet im Glauben so zum 'echten Deutschen' werden zu können, Frauen pro Vergewaltigung und pro Patriarchat, Leute mit Migrationshintergund, die in ausländerfeindlichen Foren Beiträge mit 'gut analysiert' bewerten, die eine gerade sie ausschliessende kollektive Identitätskonstruktion propagieren usw usw.
Sie sind, wenn sie etwas Glück haben, gerne gesehen, als Belastungszeugen in eigener Sache und als Kronzeugen dafür, dass es Rassismus entweder nicht gibt oder dass er ausnahmsweise mal völlig berechtigt sei, aber tatsächlich bezeugen sie auf ihre Art das glatte Gegenteil. Zudem bleibt ihnen, wenn es hart auf hart kommt, nichts erspart. Die Identitätspolitik des 'Pride' (stolz darauf, schwarz, schwul, Frau usw zu sein) wollte sie aus ihrer selbstgestrickten Falle herauslösen, hat das partiell auch sogar gut geschafft, aber zu dem Preis, gleich an der nächsten Falle zu stricken. ----------- relativism is vulgar materialism, thought disturbs the business |