Mobilfunker attackieren das Telekom-Festnetz Die Deutsche Telekom stöhnt unter dem Angriff der Handy-Unternehmen. Wegen fallender Mobilfunktarife kappen Kunden ihren Festnetzanschluß !
Um die Grundgebühren für das Festnetz-Telefon zu sparen, greifen immer mehr Menschen zum Handy.
Die Zahl hatte niemand so hoch eingeschätzt. "Wir verlieren pro Monat etwa 100 000 Kundenanschlüsse", sagte Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke in dieser Woche - und versetzte die Branche damit in Erstaunen. Damit mußte der Marktführer öffentlich eingestehen: Die Kunden laufen ihm in Scharen davon.
Eine schlüssige strategische Antwort fehlt der Telekom noch. 32 000 Mitarbeiter sollen den Konzern in den nächsten drei Jahren verlassen und so die Kosten drücken. Doch das Problem hat Ricke damit nicht gelöst.
Mehrere Ursachen hat der Abstieg der Telekom: Zahlreiche Kunden wechseln zu billigeren Konkurrenten wie Arcor, Hansenet oder Versatel. Auch die Kabelnetzbetreiber beginnen damit, ihren Kunden zu deutlich niedrigeren Preisen Telefondienste über das TV-Kabel anzubieten. Vor allem ist für viele das feste Telefonnetz einfach überflüssig geworden. Sie verzichten ganz darauf.
Die Mobilfunkbranche in Deutschland macht es ihnen zunehmend einfacher. Die Handy-Tarife purzeln unaufhörlich. Im Oktober sind die Preise für Mobiltelefonate laut offizieller Statistik im Vergleich zum Vorjahresmonat um fast sechs Prozent gefallen. Im Festnetz gab es dagegen überhaupt keine Bewegung mehr.
Tatsächlich ist das Oligopol der Netzbetreiber in Deutschland zerbrochen. Über Jahre haben T-Mobile, Vodafone, E-Plus und O2 die Preise hoch gehalten. Doch inzwischen drängen immer mehr Mobilfunkdiscounter auf den Markt, bald werden es mehrere Dutzend sein. Weil inzwischen neun von zehn Deutschen ein Handy haben, ist der Markt umkämpfter denn je. Höchste Zeit, die Festnetz-Telefonierer zu umwerben.
"Wir gehen von einem Kundenpotential von 20 bis 25 Prozent des Marktes aus", sagt Simyo-Chef Rolf Hansen. Die E-Plus-Tochter mit inzwischen mehr als 400 000 Kunden hat zahlreiche Nachahmer gefunden. Statt teure Handys für einen Euro mit Zwei-Jahres-Vertrag abzugeben, vertreiben die sogenannten "No-Frills"-Unternehmen ihre Handy-Karten über das Internet - ohne Mobiltelefon und teuren Vertrieb.
In der vergangenen Woche hat der Markteinstieg von Easymobile den Minutenpreis noch einmal nach unten gedrückt. Die gemeinsame Tochter des dänischen Telekomkonzerns TDC und Easygroup verlangt dafür nur noch 16 Cent. Wenige Stunden später senkte die Drillisch-Tochter Simply ihren Preis auf 15,5 Cent.
Im internationalen Vergleich sind die Deutschen mobile Telefonier-Muffel. "Das liegt an dem Teuerimage des Mobilfunks hierzulande", sagt Arno Wilfert, Berater bei Arthur D. Little. In Österreich sind die Tarife inzwischen bei unter zehn Cent angekommen - mit deutlichen Folgen. "Mehr als 50 Prozent aller Telefonminuten in Österreich laufen über die Mobilfunknetze", sagt Wilfert. In Deutschland sei es noch nicht einmal jede fünfte Minute.
Doch das ändert sich nicht nur durch die Mobilfunkdiscounter schnell. Auch Netzbetreiber bieten bereits Tarife, die Telefonierer praktisch aus dem Festnetz ins Mobilfunknetz schubsen. E-Plus läßt unter der Marke "Base" seine Kunden für 25 Euro pro Monat soviel ins Festnetz telefonieren, wie sie wollen. Ein verlockendes Angebot für Singles, die kein Festnetz mehr brauchen. Wer jedoch einen "Base"-Kunden auf seiner Handy-Nummer aus dem Festnetz anruft, bezahlt hohe Gebühren. Für viele ist das abschreckend. |