Die Aussage "wenn die EU die Importzölle aufheben würde" ist sehr spekulativ und bislang ist dahingehend überhaupt nichts ersichtlich. Ich halte dies, angesichts der Wichtigkeit des Rübenanbaus für dicke EU Staaten wie Frankreich und Deutschland, aber auch Polen u. Österreich auch bislang für wenig wahrscheinlich.
Es ist zwar richtig, dass der aktuelle EU Zuckerpreis deutlich höher als der Weltmarktpreis liegt, dennoch kann nicht gesagt werden, dass der Wegfall des Quotenzuckers den EU Preis auf Weltmarktpreisniveau senken wird. Allein schon deshalb nicht, weil pro tonne Importzucker (ausserhalb der Importquote) ein Zoll von 419 Euro pro tonne zu zahlen sein wird.
Alles was sich verändert ist, dass die Zuckerhersteller der EU keine Quote zugewiesen bekommen wieviel Zucker sie produzieren und verkaufen dürfen und wieviel sie den Rübenbauern mindestens pro Rübe bezahlen müssen. Jedes Land u. jedes Unternehmen innerhalb der EU wird von 2017 an also nach eigenem Ermessen Zucker produzieren und auch exportieren dürfen. Dabei ist der EU Markt aber noch immer abgschottet, die EU Komission hat zudem eine Eingriffsschwelle von 404 Euro pro tonne Zucker festgelegt. Unterschreitet der Zuckerpreis diese Schwelle, ist der Weg für Inverventionen frei. Wir haben also auch nach 2017 hinaus de facto eine Preisuntergrenze innerhalb der EU bei gleichzeitigem Aussenschutz durch saftige Importzölle. Zwar liegt der neue Mindestpreis von 404 Euro deutlich unter dem aktuellen Quotenpreis von etwa 575 Euro, allerdings fällt für die Produzenten auch der Mindestrübenpreis an die Bauern weg. Die Bauern erhalten ihrerseits eine Entschädigung von der EU für den Wegfall des Mindestrübenpreises. Den gesunkenen Verkaufspreisen pro tonne stehen also Kostenspareffekte auf der Einkaufsseite gegenüber. Zudem haben gerade die deutschen, französischen und polnischen Zuckerproduzenten so gut interveniert, dass sich die Produktion zukünftig in Irland, Spanien und Italien nicht mehr rechnet sondern sich genau dort konzentrieren wird, wo beispielsweise Südzucker, aber auch Nordzucker, extrem stark sind. Was man auch berücksichtigen muss ist, dass Südzucker mittlerweile fast 50 Prozent seines Umsatzes ausserhalb des Weißzuckers einfährt. Man hat das Unternehmensgeschäft deutlich in den letzten 10 Jahren diversifiziert und diese Diversifizierung soll noch ausgebaut werden.
Ich habe in meinem Eingangspost deshalb gefragt ob jemand mehr weiß als ich, weil ich nach dem Betrachten des EU Zuckermarktes nach 2017 keinen fundamentalen Grund erkennen konnte weshalb der Kurs um über 50 Prozent nachgegeben hat. Zwar ist vieles Unsicher und einiges weniger gut kalkulierbar als vorher, allerdings bleibt bestehen dass gerade Südzucker meiner Analyse nach einer der Gewinner der EU Zuckermarkt Reform ist bzw. sein sollte. Im Ergebnis bleibt der EU Markt abgeschottet wie zuvor. Zwar sinkt der Mindestpreis pro tonne Zucker, allerdings fällt gleichzeitig auch der Mindestrübenpreis, d.h. die Marge pro tonne könnte ähnlich hoch bleiben. Zweitens können die regional stark diversifizierten Zuckerproduzenten innerhalb der Eu aufgrund des Wegfalls der Quoten die Produktion dort konzentrieren wo sie am wirtschaftlichsten ist. Kurzum, Südzucker muss nun nicht mehr im Land xy entsprechend der Quote produzieren weil die Menge am wirtschaftlicheren Standort yz nicht produziert werden darf. Die Unternehmen treten also zueinander ein wenig in Wettbewerb und wenn ich hinsichtlich der Effizienz auf ein französisches, deutsches oder britisches Unternehmen wetten müsste würde ich fast immer auf das deutsche wetten. |