Hallo Fill,
Du schreibst: "....Was also tun mit einem Amokläufer, der mit Atom herumfuchtelt ? .... Echte Verhandlungen schliessen sich bei einer Amokmentalität bekanntlich von vornherein aus. Appeasement ebenfalls..., denn das hiesse das Amok-Motiv zu verkennen, das eben nicht mit einem Stück Land, einer geostrategischen Garantieerklärung oder einem Angebot zur Teilhabe zu befrieden wäre....".
Also gut, was lernen wir hier (als Bestätigung täglichen Framings deutscher Qualitätsmedien): Putin ist ein "Amokläufer" und deshalb sind keine Verhandlungen mit ihm zu führen. Basta ! Chamberlains und Daladiers Appeasement hat uns schon mal ins Verderben geführt. Basta !
Du begründest das u. a. mit Deiner Feststellung: " ....denn das hiesse das Amok-Motiv zu verkennen, das eben nicht mit einem Stück Land, einer geostrategischen Garantieerklärung oder einem Angebot zur Teilhabe zu befrieden wäre....."
Das ist aus Sicht guter Agitatoren wirklich clever, denn so kann man seinen radikalen Unwillen, mit den Russen die von ihnen unzählige Male angebotenen Verhandlungen (die natürklich mit ukrainischen Gebietsverlusten verbunden wären) aufzunehmen, relativ gut kaschieren (zumindest so weit, daß der deutsche Durchschnitts-Trottel das nicht mitbekommt). Du mußt zugeben: das könnte aber auch ein Plot aus dem Reichs-Propagandaministerium sein. Damals wars halt ein klitzekleines Bißchen anders: da wars der "russische Erstschlag", dem man zuvor kommen wollte.
Mich wundert allerdings, daß der "Amok-Läufer" bisher vermieden hat, seinem Lebens-Ziel (Amok-Lauf) durch Drücken ein paar gut verdrahteter Knöpfe näher zu kommen. Ein solches Maß von gebremster "Lebensfreude" und Zurückhaltung scheint mir untypisch für Amok-Läufer.
Du schreibst weiter: "...... Vor diesem Hintergrund finde ich die Strategie des Westens auf jeden Fall plausibel, Russland step by step zu demilitarisieren...."
Wie darf man sich denn die derzeitige "Demilitarisierung Russlands" vorstellen ? In der auf Hochtouren laufenden russischen Rüstungsproduktion und den massiven russischen Rüstungsgüterimporten ? Oder sind es die russischen Handelsüberschüsse, die die Demilitarisierung erkennen lassen ?
Du schreibst weiter: ".....Die 'Ruinierung Russlands' , gemeint als seine Entwaffnung, ist dabei zwingend ein Langfristziel, was auch bedeutet, dass nukleare Risiko bleibt bis zum Einlauf erhalten..... Die Alternative dazu wäre der Erstschlag. Der wäre dann zu befürchten, wenn Russland sich anschickt die roten Knöpfe zu drücken. Das wird man dann sicher nicht abwarten......"
Wenn es nicht so dramatisch wäre und diese Ideologie, diese Politik des totalen Wahnsinns nicht so viel Anhänger hätte (Stoltenberg und Zahllose andere), könnte man über diese Textpassage lachen. So aber würde ich gern zwei Fragen stellen:
1. wie wird sich denn das russische "sich Anschicken" sichtbar machen? Wird Putin vorher ne 12-Volt-Batterie und ein paar Kilometer zweiadriges 0,75er Kabel aus Nordkorea erbitten (wegen EU- und US-Embargo), um den roten Startknopf für die Iskander, RS12, RS 24 und R36 drücken zu können ?
2. Die Alternative ist also der Erstschlag ? Ah, und mit dem "Erstschlag" ist die russische Nuklear-Antwort dann ausgeschaltet ? Ich weiß ja nicht, wie es anderen Foren-Teilnehmern geht, aber ich persönlich habe da als mitten auf dem Nuklear-Schlachtfeld Lebender (oder besser: Noch-Lebender) da ein - wie soll ich es ausdrücken - minimal ungutes Gefühl. Ich fass das alles nicht mehr. Glaubt mir, Leute, ich habe rund 40.000 Seiten Literatur über den 2. Weltkrieg gelesen. Weit überwiegend sehr sperrige und nicht angenehm zu lesende Seiten. U nd in Erinnerung an das Gelesene bin ich seit einiger Zeit nur noch Eines: fasziniert ! Und zwar fasziniert von der Leichtigkeit und Lockerheit, mit der hier rund 80 Jahre nach einem bespiellosen Gemetzel an jungen Männern wieder in bester Strack-Zimmermann`scher und grüner Manier Kriegshetze, Kriegsverherrlichung und vor allem eine nicht mehr überbietbare Kriegsverharmlosung betrieben wird. Zu den zahlreichen politischen FigurInnen, die dieses Land ganz entspannt in die Vernichtung zu treiben bereit sind, fällt mir nur ein Ausspruch Brudzinskis ein: "Die gefährlichsten Waffen sind Menschen kleinen Kalibers" !
Diese mörderische Fahrlässigkeit und Ahnungslosigkeit der heutigen Tage erinnert mich an den Beginn der ersten Weltkrieges. |