Hätte, wäre, könnte, muss aber nicht, wenn, aber.... Was wiilst du sein: Anleger oder Zocker...? Vertraue niemandem: Weder der schreibenden Journalistenzunft, noch einem ahartlord, noch mir, noch dir und vor allem nicht deinen Emotionen- keiner hat die Glaskugel, keiner weiss wirklich, was die Post nächste Woche tatsächlich verkunden wird (es sei denn, er ist Insider). Es bleibt einem nichts, als die bekannte Faktenlage zu analysieren und die Wahrscheinlichkeit des Erreichens von Prognosen zu ermitteln. Doch immer bleibt das unkalkulierte Restrisiko. Schmerzen dich kurzfristige Kursverluste von 5-6%? Dann geh raus und steh an der Seitenlinie. Anhand der derzeitigen erratischen Kursschwankungen einzelner Aktie aufgrund von Meldungen sieht man deutlich, wir haben derzeit hoch nervöse Märkte (siehe Metro heute: Bekanntgabe einer nicht unerwarteten Dividendenkürzung und sofort folgt die Strafe auf dem Fuß, obwohl der Wert schon extrem billig geworden ist und unter Buchwert notiert). Der böse Postjaguar Chartlord hat die verschiedenen Szenarien, die denkbar sind, vor kurzem erläutert. Er macht keinen Hehl aus seiner eigenen Erwartungshaltung, aber auch er weiß nichts genaues. Gestern las ich folgende schöne Kommentierung des aktuellen Marktgeschehens im "Steffens daily": Sie erinnern sich, ich hatte am Dienstag zur Wahl in Italien geschrieben, dass die Anleger sich doch freuen sollen, weil die Wahl den Euro wieder erheblich unter Druck gebracht hat. Und hinzugefügt, dass ich damit rechne, dass die Wahl schnell vergessen sei. Das ist nun eingetreten, wie Sie selbst an der Entwicklung im DAX (und dem Euro) sehen können. Ich schreibe das erneut nicht, um darzustellen, dass ich Recht hatte – dieses Ego-Spielchen bringt mir nichts. Mir geht es wirklich darum, darzustellen, wie sehr die Börsen-Medien im Mainstream-Gefühl des Marktes gefangen sind. Die Journalisten, welche die Texte schreiben, sind genauso emotional unterwegs, wie die vielen Trader, die mit ihren Nasen dicht an den Bildschirmen kleben und bei der kleinsten Bewegung in größere Hektik verfallen. Ich kann mich noch sehr gut daran erinnern, dass ich früher genauso emotional gehandelt habe. Den Hochpunkt dieser hysterischen Marktverbundenheit erreichte in den Anfängen meiner Trader-Karriere, als der DAX nach einer längeren Phase lustlosen Handels 20 oder 30 Pünktchen ins Minus rauschte. Auf meinem sehr kurzfristigen Intraday-Tick-Chart sah dies wie ein ziemlich heftiger Crash aus. In heller Aufregung suchte ich im Netz und bei meinen Traderkollegen nach Antworten für diesen Einbruch. Ein Kollege erwiderte lapidar: „Hey, was ist denn los? Es ist doch nichts passiert!“, und fuhr lachend fort: „Lass doch die Tickcharts sein und schalt einfach mal einen Zeithorizont höher!“. Er kannte das Phänomen. Als ich auf den Stunden- und Tageschart wechselte, wurde mir die plötzlich die Absurdität meines Handelns bewusst. Auf dem Tageschart war dieser Kursrückgang kaum mehr zu erkennen. Ich hatte völlig überreagiert. Dieses Ereignis hat sich tief in mein Hirn gebrannt. Ich war offensichtlich zu nahe am täglichen Börsengeschehen. Es war der Wendepunkt, der nach vielen weiteren Monaten der Distanzierung zu den Ergebnissen führte, die Sie jetzt, Jahre später, hier im Steffens Daily immer wieder lesen. Und zwar vor allem, wenn ich bei stark emotionalen Ereignissen zur Besonnenheit aufrufe. Eine Besonnenheit, die aber ohne jede Frage schwer zu erreichen und noch schwerer zu erhalten ist. Zu groß ist die Einladung, auf die Einflüsterungen der falschen Propheten oder auf die emotional ansteckenden Äußerungen von anderen zu reagieren, die ebenfalls in dieser Börsenemotionalität gefangen sind. Besonders wenn dies Journalisten sind, die ihre Texte in ansonsten eher seriösen Medien veröffentlichen. Aber es sind nicht nur die anderen, vor denen man sich schützen muss. Es sind auch die Themen, die immer wieder neu, immer wieder höchst dramatisch und kritisch erscheinen. Selbst nach meinen knapp 15 Jahren Börsenerfahrung als Trader gibt es immer noch Ereignisse, die zumindest für kurze Zeit meine Besonnenheit gefährden. Auch das kann ich gerne zugeben. Ich bin schließlich keine Maschine. Doch umso wichtiger ist es, immer wieder die eigenen Emotionen zu hinterfragen, sich immer wieder kritisch mit seinen Ängsten und mit seiner Gier auseinanderzusetzen und sofort distanzierend zu reagieren, wenn man bemerkt, dass Emotionen hochkochen.Und dann erreicht man irgendwann den entscheidenden Punkt: Der DAX bricht nach der Wahl in Italien ein, man erschrickt ein wenig, der Blick sieht aber auch den Einbruch im Euro - einige Gedanken rasen durch den Kopf - und ein Lächeln erscheint auf den Lippen. |