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Berliner Software steuert russische Pipelines PSI-Vorstand Harald Schrimpf über den Wachstumsmarkt Osteuropa, den Strategiewechsel und 500 neue Jobs
Der Deal mit dem russischen Gasanbieter Gazprom ist ein Glücksfall für die Berliner Firma PSI
Foto: pa
Berlin - Mit dem russischen Gasriesen Gazprom hat das Berliner IT-Unternehmen PSI einen dicken Fisch an der Angel. Gerade haben die Berliner wieder einen Auftrag erhalten. Vorstand Harald Schrimpf will den Exportanteil bis 2010 auf 50 Prozent steigern. Click here to find out more!
Berliner Morgenpost: Wie laufen die Geschäfte im Osten?
Harald Schrimpf: Russland ist ein Wachstumsmarkt. Seit 2000 sind wir für Gazprom tätig, dessen Energie auch nach Berlin geliefert wird. Mit unserer Software wird die gesamte Pipeline-Technik gesteuert, ohne die der Transport nicht funktionieren würde. Jetzt haben wir mit einer der regionalen Gazprom-Tochtergesellschaften einen Vertrag zur Lieferung eines fünften Prozessleitsystems abgeschlossen. Das Volumen des Auftrags liegt im einstelligen Millionenbereich.
In welchen Märkten ist PSI tätig?
Wir fertigen Steuerungssoftware für große technische Systeme. Dazu gehören die Bereiche Energiemanagement - also Strom, Öl, Gas, Wasser und Wärme - wie auch das Produktionsmanagement, vor allem in den Branchen Stahl, Maschinenbau, Automobilindustrie und Logistik. Auch im Management von Infrastrukturen wie Verkehr und Telekommunikation kommen unsere Lösungen zum Einsatz. In der Steuerungssoftware für Pipelines und Stromtransport sind wir sogar Marktführer.
Das klingt recht abstrakt. Was muss Ihre Software leisten?
Im Kern geht es um zwei Dinge: Überwachung und Steuerung. Unsere Software muss ständig registrieren, ob eine Anlage sicher läuft oder ob es Abweichungen von vorgegebenen Werten gibt. Wenn Sensoren Änderungen feststellen, muss reagiert werden, indem zum Beispiel der Druck in Leitungen verändert wird. Da ist Schnelligkeit gefragt, denn es geht um sehr viel Geld.
Wie hat sich das Unternehmen seit dem Börsengang 1998 entwickelt?
Offen gesagt, wir haben schwierige Jahre hinter uns. Im Bereich der Industrie machten wir nach dem Börsengang rund 50 Mio. Euro Verluste. 2002 stand PSI kurz vor der Insolvenz und konnte sich nur mit einem Wechsel im Vorstand und einer neuen Strategie retten. Leider waren auch zwei Massenentlassungen nötig. Inzwischen schreiben wir in der Industriesparte wieder schwarze Zahlen. Wir haben auch Erfolg mit neuen Software-Lösungen, etwa für die Stahlbranche.
Welchen Kurs nimmt PSI?
Wir haben unsere Geschäftsfelder neu geordnet. Während PSI seine Stärken in den Bereichen Energie- und industrielles Prozessmanagement verstärkt, ziehen wir uns aus dem weniger ertragsstarken Segment öffentliche Verwaltung und E-Government zurück. Mit dieser Änderung geht einher, dass sich PSI vom Individualentwickler von Software für jeweils einzelne Kunden zu einem richtigen Produkthersteller wandelt, dessen Software-Lösungen breiter eingesetzt werden können. Wenn wir diese Märkte richtig angehen, hoffen wir auch den Exportanteil unseres Umsatzes bis 2010 auf 50 Prozent steigern zu können.
Warum steigen Sie aus dem Bereich E-Government aus? Hier hatten Sie doch auch in Berlin einen Namen.
Das hat uns aber geschäftlich nicht viel genutzt. Die Vergabeprozesse im Land Berlin bevorteilen nach unserer Erfahrung auswärtige Firmen. Wir haben uns hier die Finger verbrannt. 2003 hatte PSI noch 330 Mitarbeiter in der Sparte Verwaltungssoftware. Jetzt sind es nur noch 85, und es wird weiter zurückgehen. Zudem ist deutsche Verwaltungssoftware international nicht exportierbar. Man kann keine Serieneffekte und damit keine reelle Ertragsmarge erreichen. Das widerspricht unserem neuen Ziel: PSI will ein globaler Player werden.
Wie wird sich die Beschäftigung in den nächsten Jahren entwickeln?
Bis 2012 wollen wir unsere Auslandsstandorte in Osteuropa, Russland und China von 70 auf 400 Mitarbeiter aufstocken. Im Inland wollen wir von 980 auf 1200 Mitarbeiter wachsen. von Manfred Ronzheimer
Aus der Berliner Morgenpost vom 1. Juli 2007 |