Meine Meinung dazu:
billige Alternativen sehe ich persönlich nicht, dafür aber potentiell viel billiges Öl auf dem Markt. Einerseits kürzen die westlichen Förderer radikal die Investitionen, andererseits stehen Iran und Irak (ggf. noch Libyen) bereit, den Markt zu fluten. SA hat auch noch Kapazitäten frei. Welcher Effekt am Ende stärker ist, weiß ich nicht und auch Experten sind sich hier ja völlig uneinig. Der Markt jedenfalls sieht keine stark steigenden Preise und das leider über Jahre (siehe Terminpreiskurve). Darum sehe ich es so, dass zumindest die Chance, dass der Ölpreis über Jahre unter 80 $ bleibt hoch ist (natürlich nicht 100 %, aber über 50 %). Der Upstreambereich ist bei solchen Preisen nicht wirklich rentabel. Downstream (Raffinerien, Tankstellen) hat derzeit ungewöhnlich hohe Margen. Trotzdem wirken die KGV Bewertungen auf Basis der Gewinnschätzungen hoch! Dazu ist eben das Risiko derzeit auch höher (Beta-Faktoren steigen, Unsicherheit über den Ölpreis, der auch fallen könnte). Diese Mischung wirkt eher abschreckend.
Dazu haben wir viel Worst-Case Potential vor uns. Es gibt durchaus auch Prognosen, dass der Ölpreis noch einmal stark abrutscht. Und im Downstreamsektor haben wir auch Gefahren. Der Bereich ist extrem volatil und wir können auch leicht den derzeitigen Vorteil verlieren, wenn sich die Margen normalisieren. Große Nachfragegewinne sind in Europa und den USA, also dort wo die Downstreamzentren der Majors liegen, nicht zu erwarten. Wie wäre wohl das Szenario, dass der Ölpreis die nächsten Jahre bei 50-70 bleibt und gleichzeitig die Downstreammargen wieder normales Niveau erreichen? Trotz niedriger Investitionen geht der Free Cashflow auf die Null zu, während der Output langfristig durch geringe Investitionen unter Druck gerät (derzeit profitiert er noch von hohen Investitionen der Vergangenheit).
Es muss so nicht kommen. Die Investitionskosten pro Barrel könnten durch den Druck auf die Servicedienstleister fallen. Downstream könnte durch mehr Benzin- und Dieselnachfrage weiter steigen, die Volatilität geht schließlich in beide Richtungen. Aber ich würde sagen, dass wir derzeit eine hohe auch langfristige Unsicherheit sehen, während die Bewertung auf Basis der Situation im hier und jetzt NICHT günstig ist, sondern deutlich über den historischen Durchschnitten. Für mich ist die Dividende nicht sicher.
Meine BP Position behalte ich vorläufig trotzdem als Diversifikation meines Portfolios, ebenso wie meine Chevron und EOG Position (alle zusammen etwa 15 % des Portfolios). Aber ich bin noch am überlegen, ob das so bleiben sollte. Ich sehe es derzeit als eine Art Hedging für den Fall, dass der Ölpreis extrem steigt, weil die Produktion wegbricht und/oder die Nachfrage (z. B. Indien) explodiert. Der Ölpreis hat sich durch relativ wenig Überproduktion halbiert, das geht theoretisch auch in die andere Richtung. Ich glaube nicht, dass es passiert, aber halte es für möglich und muss dafür zumindest etwas gerüstet sein. Als Value-Pick im Sinne einer antizyklischen Strategie (wie z. B. bei Banken nach/während der Finanzkrise) sehe ich keinen Major derzeit, so günstig sind sie nicht. |