Kommentar NOZ , Meinung – Katharina Ritzer | 15.04.2023, 08:00 Uhr
Der deutsche Ausstieg aus der Atomenergie ist der folgerichtige Schlusspunkt einer Entwicklung, die mit dem Super-GAU in Tschernobyl 1986 begann. Kritiker wie Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) täten gut daran, endlich den Ausbau der Erneuerbaren zu forcieren.
Wann war die Reaktorkatastrophe in Tschernobyl? Im April 1986, das wissen noch sehr viele von denen, die es erlebt haben, sehr genau. Damals wurden Spielplätze gesperrt, sollte H-Milch statt Frischmilch verwendet und auf Gemüse aus dem eigenen Garten gleich ganz verzichtet werden. Der Schock saß tief, sowohl in der DDR, dem damaligen Bruderstaat der Sowjetunion, zu der die Ukraine gehörte, als auch im Westen. Die politische Landschaft ist seitdem auch wegen Tschernobyl nachhaltig ergrünt und Deutschland nie wieder richtig warm geworden mit dem Atomstrom. Das Märchen vom billigen Atomstrom
Der Ausstieg am Wochenende ist der folgerichtige Schlusspunkt dieser Entwicklung, auch wenn die strahlenden Altlasten noch ungezählte Generationen belasten werden. Mit Blick auf diese Ewigkeitskosten, die unseren Kindern und Enkeln und deren Kindern und Enkeln und so weiter ungefragt aufgebürdet werden, ist auch die gern erzählte Geschichte vom billigen Strom aus der Kernspaltung ein modernes Märchen. Wobei nicht mal diese horrenden Kosten der eigentliche Alptraum sind, sondern die Gefahr, die von den Endlagern ausgeht. Sofern denn überhaupt welche gefunden werden, die zumindest aus heutiger Sicht sicher genug zu sein scheinen.
Und was ist eigentlich mit den anderen Ländern, auf die Kritiker des Ausstiegs gern verweisen und die weiter auf Atommeiler setzen? Auf diese Länder hat Deutschland keinen Einfluss, was aber nichts an der Richtigkeit der eigenen Entscheidung ändert. Andere Länder haben auch einen ganz anderen Umgang etwa mit Justiz und Umweltschutz und Pressefreiheit, aber möchte jemand lieber dort leben? Nach Fukushima konnte es Söder nicht schnell genug gehen
Wenn ein Kritiker wie der bayerische Ministerpräsident, der nach der Katastrophe von Fukushima mit 20.000 Toten noch so schnell wie möglich raus wollte aus dem Atomstrom, den Ausstieg jetzt als „Sünde“ und „Willkür“ brandmarkt, dann sei ihm gesagt: Die deutsche Energieversorgung hat bisher allen Endzeit-Szenarien getrotzt, auch weil die Erneuerbaren immer mehr zulegen. Da sollte Markus Söder seine überschüssige Energie lieber darauf verwenden, endlich mit dem Ausbau der Windkraft in seinem ach so starken Bayern in die Gänge zu kommen. |