Warum sollte dieser Deal Yahoo! $5 bis $10 teurer machen als bisher? Mir würde es vollkommen reichen, wenn Yahoo! seine latente Unterbewertung in eine faire Bewertung ändern könnte. Womöglich könnte man seine Umsatze etwas steigern, aber mehr als $250 Mio. Gewinnzuwachs in den nächsten 1-2 Jahren ist da nicht zu erwarten, also $2 bis $3 im Kurs bei KGV 10. Viel mehr Potenzial sehe ich in diesem Geschäftsfeld nicht und es würde nicht einmal reichen, den gefährdeten Umsatzrückgang durch das Lizenzgeschäft auszugleichen.
Die Bürokraten in Europa haben einen an der Klatsche, wenn sie von hier aus versuchen wollen, Google zu zerschlagen. Solche Versuche sind schon einmal schiefgegangen und werden es erneut tun. Es gibt ja mehrere Alternativen, aber wenn die User diese nicht nutzen, dann wird man Google deswegen nicht ans Bein pinkeln können. Natürlich wäre es toll, wenn auch Google mit Yahoo! kooperieren würde, aber das Verhältnis zwischen diesen beiden Unternehmen würde ich als ganz und gar nicht "freundschaftlich verbunden" bezeichnen. Mayer wird Google ans Bein pinkeln wollen, wo immer sie kann und die Google-Oberen sind sicherlich kein Fan von Yahoo, nachdem man dort immer wieder Leute abgeworben hat. Google ist nicht die Lösung von Yahoo!'s Problemen...
Eine Übernahme von Yahoo! für $45 Mrd. in 2008 zu vergleichen mit einer Übernahme von Yahoo! für $75 in 2015 ist nicht möglich. Damals hat Balmer nicht genau hingeschaut, was er für das Geld bekommen hätte. Im Nachhinein wäre es für Microsoft ein Riesengeschäft gewesen, wenn man damals zugegriffen hätte, denn sie wären sicherlich nicht so blöd gewesen, mehr als die Hälfte ihrer Alibaba-Beteiligung (von damals 40%) zu verschenken. Das Yahoo! von damals wäre heute gut $100 Mrd. wert! An den relativen Maßstäben hat sich aber nichts geändert. Es ist sehr wahrscheinlich, dass das heutige Yahoo! sich in 7 Jahren ebenfalls verdoppeln könnte. Außerdem wird Microsoft kein größeres Interesse an SpinCo. und Yahoo! Japan haben. Schlagen sie heute zu, dann können Sie beide Beteiligungen im Laufe der kommenden 1-2 Jahre wieder veräußern und zahlen (unterm Strich) vermutlich keinen einzigen Cent aus eigener Tasche für Yahoo! Core, selbst wenn Sie jetzt einen Aufpreis von $30 pro Aktie hinlegen.
Es ist auch nicht richtig, dass Unternehmen Cash horten wollen. Das haben vor allem nur die Unternehmen nötig gehabt, die sich kurz vor der Finanzkrise mit spekulativen Übernahmen etwas übernommen haben (siehe Scheffler-Beteiligung an Conti). Unternehmen wie Microsoft, Oracle oder IBM sind mehr oder weniger lässig durch die Finanzkrise marschiert und Geld auf der Bank ist gerade in der heutigen Zeit nicht wirklich die beste Idee, seine Schäfchen im Trockenen zu halten. Die Übernahmewelle hat gerade erst begonnen und es werden noch viele weitere Übernahmen stattfinden, weil Cash letztlich totes Kapital ist. Erfolgreiche Unternehmen wie Microsoft & Co. machen auch in Krisenzeiten gute Geschäfte. Gut, die Börsenkurse liegen dann zwar etwas niedriger, weil auch die Gewinne zurückkommen, aber Cash auf der Bank rettet in dieser Situation kein profitables Unternehmen...
Ich weiß nicht, ob Microsoft Yahoo! übernehmen wird oder doch lieber SAP oder ein anderes Cloud-Unternehmen, aber Microsoft hat nach eigenen Angaben großen Nachholbedarf im "Internet-Business" und da wäre es zumindest denkbar, dass man sich dort etwas verstärkt. Es kostet auch keine $75 Mrd, sondern vielleicht $15 Mrd. oder $20 Mrd., wenn man SpinCo. und Yahoo! Japan herausrechnet und diese Anteile (zumindest größtenteils) an Alibaba bzw. SoftBank weitergibt. SoftBank hat das Geld für den Yahoo!-Anteil an Yahoo! Japan kürzlich am Finanzmarkt eingesammelt und auch Alibaba dürfte keine größeren Probleme haben, eine entsprechende Anleihe über $40 Mrd. für die SpinCo.-Beteiligungen aufzutreiben. In 2016/2017 bekommt Microsoft dann noch $7 Mrd. Cash beim Börsengang von Ant Financial (Alipay) und so ist das für alle Beteiligten ein super Geschäft, wenn man sich die aktuelle Situation der massiven Unterbewertung bei Yahoo!, die man vermutlich genau aus diesem Grund herbeigeführt hat, für sich nutzt. Nach dem Spin-Off wäre die Situation wesentlich undurchsichtiger für alle Beteiligten, da es dann sehr viel mehr Interesse (von Heuschecken) an Yahoo! und eine etwas undurchsichtige Situation bei SpinCo. gäbe, zumal es neben der Alibaba-Beteiligung über ein (für Alibaba) interessantes operatives Geschäftsmodell verfügt.
Wenn der Kuchen aufgeteilt werden sollte, dann sicherlich vor dem Spin-Off von SpinCo. Eine Verschiebung nach Q1/2016 halte ich für ausgeschlossen, da hier Verträge mit Alibaba geschlossen wurden, die eine Abtrennung innerhalb von ein paar Wochen nach Ablauf der Haltefrist (am 18.09.2015) vorsehen. Daran sollte und wird man sich wohl halten, zumal man das den Finanzmärkten bereits mitgeteilt hat. Eine Verschiebung könnte somit rechtliche Konsequenzen (seitens der größeren Yahoo!-Aktionäre) nach sich ziehen. Möglich ist aber alles, auch das gar nichts passiert, Alibaba auf $68 absackt, Yahoo! auf $35 und der große Crash kommt...
...aber jetzt einmal ganz ehrlich: Wer könnte davon profitieren? Wer hätte ein Interesse daran und was hieße das für die ganzen Instrumente, die nach dem letzten Crash installiert wurden, um so etwas zukünftig zu verhindern!? Niemand sieht momentan irgendwelche Überhitzungen und das billige Öl leistet seinen Beitrag, dass die Wirtschaft (zumindest in diesem Jahr) weltweil über 4% wachsen wird. Ja, irgendwann wird die Überhitzung sicherlich kommen und dann vielleicht auch ein Crash, aber ganz sicher nicht in 2015 und vermutlich auch nicht vor 2017, wenn es nach dem Modell von Shiller geht. Das wird hier für uns ganz prima ausgehen, wenn ihr mich fragt, aber es ist wohl doch etwas mehr Geduld nötig, als ich vor ein paar Monaten noch dachte...
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