Ganz so ist ja nicht. Hab mich eh schon gewundert, dass Nordex nicht schon gestern nachgegeben hat als Vestas und Gamesa angefangen haben zu schwächeln.
Dieser Ukraine Krieg wird mit Sicherheit den Erneuerbaren und somit auch Nordex noch weiteren Auftrieb gehen. Das steht wohl außer Frage. Aber Solar wie auch Wind haben ohne Frage eh schon großen Auftrieb, da zum einen diese Kapazitäten Ruck Zuck aufgebaut werden können (der Bau eines Atomkraftwerks beträgt z.B. gut 10 Jahre) und Solar/Wind mittlerweile klar billiger sind wie die fossile Stromerzegung. Wind und Sonne sind kostenlos, während Gas und Kohle das mal mit 100%iger Sicherheit nicht sind.
Die Aussichten für Nordex sind mit Sicherheit einen guten Tick weit besser geworden. Darum ist auch die Nordex Aktie in den letzten Tagen so kräftig gestiegen wie auch andere Windaktien und wie auch viele Solaraktien. Aber eines darf man nicht vergessen, Nordex wird ganz schlechte 2021 Zahlen präsentieren mit einem Verlust von um die 150 Mio. € (die Nordex Guidance vom November zeigt das sehr deutlich) und die 2022er Guidance wird aufgrund der sehr hohen Transportkosten wie auch wegen des sehr hohen Stahlpreises alles andere als gut ausfallen. Dass Nordex bei dieser schwierigen Ausgangslage auch in diesem Jahr mehr oder weniger deutlich Verluste generieren wird scheint mir derzeit völlig klar zu sein. Auch braucht es nun schon noch ein paar Aufträge für dieses Jahr um den Umsatz 2021 übertreffen zu können. Zumal ja die 2 Ukraine Aufträge, die ja in diesem Jahr beliefert werden sollten, nun komplett weg fallen.
Die Windmühlenbauer befinden sich derzeit in einer handfesten Kostenkrise. Die Kosten für Komponenten steigen aufgrund steigender Preise für Stahl und andere Materialien schnell an. Gleichzeitig behindern unregelmäßige Lieferpläne und Covid-Vorkehrungen den Fabrikbetrieb und verzögern die Fertigstellung von Windparks. Dazu kommt noch, dass einige Energieversorger und andere Windparkentwickler zögern, neue Turbinen zu bestellen, weil volatile Strompreise, insbesondere in Europa, die langfristige Finanzkalkulation erschweren, die für Stromlieferverträge unerlässlich sind. Die Kurse von Nordex und Co werden dazu noch zusätzlich durch die US Politik belastet, da Bidens "Build Back Better" Investitionsprogramm immer noch im US Kongress fest steckt und somit auch die neuen Subventionsregeln von Onshore Wind mit der Höhe der neuen Windvergütungen via PCT und dem Zeitraum der neuen Subventionen. die negativen Auswirkungen dazu zeigen sich bei Nordex recht gut: In den USA werden z.B. in diesem Jahr etwa 40% weniger Nordex Windleistung installiert wie in 2021. In Zahlen: 2021 wurden rd. 1.400 MW an Nordex Turbinen in Betrieb genommen und in diesem Jahr werden es nur noch rd. 800 MW werden.
Das größte Kostenproblem für Nordex und Co sind die exorbitant gestiegenen Seefrachtskosten vor allem bei den Container inkl. der kaum zu kalkulierenten Verzögerungen und der immer noch langen Transportzeiten. Der World Container Index (WCI), der den Preis für 8 Hauptrouten von und nach den Vereinigten Staaten, Europa und Asien zeigt, liegt aktuell bei 9.279 US-Dollar/40ft Container (5 Jahresdurchschnitt: 2.924 $). Damit haben sich die Containertranportpreise seit Corona Beginn mehr als verdreifacht. Solch exorbitante Containerkosten belasten halt mal und nicht zu wenig. Der Transportkostenumsatzanteil bei Nordex liegt zwischen 15 bis 20%. Also zwischen 750 Mio. € bis eine Mrd. € im Jahr. Darin sind aber natürlich alle Transportkosten beinhaltet und nicht nur Containerfrachtkosten.
Der Transportpreis für einen 40 Fuß Container von China nach Europa hat sich von Anfang 2021 von rd. 2.000 $ auf 12.995 $ (Hoch lag im Oktober 2021 bei 14.800 $) versechsfacht. Interessant dabei ist, dass der 40 Fuß Containertransport von Europa nach China nur 1.495 $ kostet und der von Europa in die USA 6.476 $. Es sieht momentan schon nach einer gewissen Entspannung bei den Seefrachtkosten aus, aber der Containermangel ist nach wie vorhanden und dürfte damit ein schnelles Sinken bei den Conatinerfrachtkosten verhindern.
World Container Index - 03 März:
https://www.drewry.co.uk/supply-chain-advisors/...-assessed-by-drewry
Der Stahlpreis ist seit dem Ukraine Krieg wieder so richtig angezogen. Der liegt aktuell um rd. 60% höher wie zu Anfang 2021:
https://www.stahlfertiger.de/stahlpreisindex/
Der weltgrößte Rotorblatthersteller TPI Composites hat ja im November angekündigt, dass man den Rotorblattpreis um 2% erhöhen wird. Nordex dürfte etwa 50% der benötigten Rotorblätter bei TPI Composites beziehen aus deren Produktionen in Mexiko, der Türkei und Indien. Diese 2% Erhöhung der Rotorblattpreise hört sich zwar nicht allzu hoch an, aber wenn man bedenkt, dass die 3 Rotorblätter mit einem Kostenanteil von 25 bis 30% das Teuerste bei einer Turbine sind (ohne Baukosten), dann ergeben sich da durchaus Mehrkosten im Bereich von um die 30 Mio. € im Jahr und das sind immerhin so 0,6% bei der EBITA Marge, die da negativ zu Buche schlagen.
Positiv müsste sich eigentlich die kurz/mittelfristige Nordex Strategie in diesem Jahr niederschlagen. Das Unternehmen Nordex ist ohnehin in einem größeren Transformationsabschnitt. Erstens die neue Indien Produktionsstrategie, die laut Nordex Chef Blanco der Game Changer bei den Margen sein wird, zweitens das hohe Wachstum mit der deutlich margenstärkeren Delta4000er Reihe, drittens der Umbau der Brasilienproduktion von Acciona Mühlen auf die N163 Turbine, viertens die Umstellung der spanischen Rotorblattproduktion in Lumbier vom Rotorblatt N149 auf das N163 Rotorblatt (soll Ende Mai abgeschlossen sein) und fünftes die mittlerweile hohe erreichte Flexibilität bei den Rotorblättern, die noch vor 9, 12 Monaten der Flaschenhals schlechthin bei Nordex war.
Wie sich das alles letztendlich auf die Margen auswirken wird kann derzeit wohl niemand einschätzen. Analysten sowie so nicht. Das Nordex Management gibt sich dabei jedoch sehr optimistisch, dass dieser Transformationsprozess für die Margen und Flexibilität sehr gut sein wird. Nordex ist ohnehin mittlerweile ein anderes Unternehmen wie noch vor 4, 5 Jahren mit der neuen Indienproduktion, einer top Produktpalette von Schwachwind- bis Starkwindturbine inkl. eines kosteneffizienten Baukastenprinzip, einer sehr deutlichen Internationalisierung der Märkte (mal sehen ob Nordex in diesem Jahr den Markteintritt in Saudi Arabien gelingen wird) und mit der schmerzhaften Kapitalerhöhung hat Nordex dazu noch eine ganz starke Finanzposition, die man so noch nie hatte.
Es bleibt nun halt abzuwarten ob die Börse die besseren Nordex Aussichten wegen des unseglichen Ukraine Krieges höher bewertet als die zu erwartenden schwachen Zahlen in den kommenden 12 Monaten. Ich weiß es nicht für was sich die Börse entscheiden wird. |