05.05.2008 08:52 Performaxx-Kolumne: Deutsche Wirkstoffforscher - Die nächste Panne – was bringt die Zukunft? Im August letzten Jahres hatten wir an dieser Stelle die deutschen Wirkstoffforscher unter die Lupe genommen, namentlich MediGene, MorphoSys und GPC Biotech. Nur MediGene kann auf eine positive Kursentwicklung verweisen. Wir werfen einen Blick zurück und ergänzen die Palette um Jerini und Wilex. Kein Staat zu machen Die letzten Quartale haben vielen Investoren erneut ins Bewusstsein gerufen, wie riskant Anlagen in Biotechnologieaktien zuweilen sein können. In den USA hinkt der Nasdaq Biotechnologie-Index weiterhin anderen Branchenindizes hinterher, während hier in Deutschland zahlreiche ehemalige Investorenlieblinge vom Himmel geholt wurden: allen voran GPC Biotech, darüber hinaus aber auch MorphoSys und MediGene. Im Auswahlindex TecDax-30 sind aktuell nur noch MorphoSys und Qiagen (kein Wirkstoffforscher) vertreten sowie die Schweizer Holding BB, was die gefallene Bedeutung dieses Sektors widerspiegelt. Wo Risiken liegen, finden sich meist auch Chancen. Allerdings ist das Sentiment dermaßen angeschlagen, dass realistischerweise kurzfristig nicht mit einer Besserung zu rechnen ist. Rückschlag für Jerini in Phase 3 In dieser Woche gab es den nächsten herben Rückschlag für die deutsche Biotechnologiebranche: Das Berliner Biotechnologie-Unternehmen Jerini hat mit seinem Hoffnungsträger Icatibant in den USA einen schweren Rückschlag erlitten, die amerikanische Zulassungsbehörde FDA habe einen Not Approvable Letter geschickt. Die Aktie brach daraufhin genau wie seinerzeit GPC Biotech um rund zwei Drittel ein. Das Umsatzpotential des Medikaments zur Behandlung des hereditären Angioödems, einer genetisch bedingten Krankheit, in Europa und USA wurde auf 300 Mio. USD geschätzt. Jerini erwartet nun noch eine Stellungnahme des Ausschusses für Humanarzneimittel der Europäischen Arzneimittelagentur EMEA zum europäischen Zulassungsantrag. Die Aktie brach daraufhin am Donnerstag um über 60 % auf nur noch knapp über 1 Euro ein. Unser Fazit: Genau wie bei GPC Biotech stehen die Chancen für Jerini nach solch einem Rückschlag denkbar schlecht. GPC selbst steht bei derzeit 1,72 Euro praktisch auf Allzeittief. MorphoSys wird zum Blue Chip MorphoSys ist seit unserer letzten Besprechung nicht vom Fleck gekommen und notiert wieder bei 40 Euro, nach zwischenzeitlichen 55 Euro. Die Martinsrieder Forschungsschmiede entwickelt Antikörper, die sowohl für die Forschung und Diagnostik als auch für die Therapie von Krankheiten eingesetzt werden können. Das 1992 gegründete Unternehmen zählt zu den wenigen profitablen deutschen Biotechnologiefirmen. Einerseits forscht MorphoSys im Bereich Antikörper für nichttherapeutische Einsatzbereiche und operiert dort unter dem Markennamen AbD Serotec. Im Segment therapeutische Antikörper entwickelt die Gesellschaft Antikörper für die eigene Medikamentenentwicklung sowie für Partnerunternehmen. Richtungsweisend war die vor einigen Monaten vereinbarte Partnerschaft mit Novartis, die MorphoSys über einen Zeitraum von zehn Jahren 1 Mrd. USD (!) an Erlösen garantiert, allerdings mit Ramp-up-Effekt, also nicht gleichverteilt über die einzelnen Jahre. Das sichert die Zukunft, während MorphoSys somit genügend Zeit bleibt für eigene Projekte. Das Upside-Potential ist damit zwar begrenzt, aber die Aktie somit eine Art Blue Chip in dem Sektor. Scheitern in Phase III geht also nicht bei MorphoSys. MediGene mit ausgeglichener Pipeline Bei MediGene waren wir etwas zu vorsichtig. Wenn es ein Forschungsunternehmen hierzulande gibt, dass über Scheitern berichten kann, dann sicherlich MediGene. Nichtsdestotrotz hat die ebenfalls im Biotech-Cluster Martinsried angesiedelte Gesellschaft einen Rückschlag nach dem anderen weggesteckt und dennoch eine sehr gut gefüllte Pipeline. Das sind alles keine wirklichen Blockbuster, aber eine Mischung aus soliden Projekten mit etwas riskanteren sieht unter dem Strich vielversprechend aus. Beim jetzigen Niveau von 5,74 Euro gehen wir davon aus, dass MediGene in einem Jahr höher stehen sollte. Wilex: "Weiß" der Aktienkurs mehr? Der Kurs von Wilex spiegelt ein Scheitern von Rencarex zwar wider, doch Offizielles gibt es da nicht. Seit dem Börsendebüt vor 18 Monaten hat sich der Kurs in etwas gedrittelt. Derzeit führen die Münchner Verhandlungen über ein Lizenzabkommen bezüglich des therapeutischen Antikörpers. Sal. Oppenheim sieht in einer jüngeren Studie die Aktie sogar bei 17 Euro. Wilex entwickelt neue Krebstherapien, die auf Antikörpern und niedermolekularen Wirkstoffen basieren. Diese sollen das Wachstum, die Ausbreitung und die Metastasierung von bösartigen Tumoren verhindern. Allerdings hat das Unternehmen das gleiche Manko aufzuweisen wie GPC Biotech, Jerini oder auch LipoNova: Es hängt alles mehr oder minder an einem einzigen Wirkstoff. Wie riskant das ist, hat man jetzt gesehen. Fazit Mit Biotechnologie war in den letzten Monaten, Quartalen und sogar Jahren nur schwer Geld zu verdienen. Der deutsche Prime Biotechnologie Index liegt seit Jahresanfang mehr als 7 % im Minus, den amerikanischen Pendants geht es ähnlich. Doch Stockpicking ist gefährlich, aber im Falle von GPC nun auch mit extremen Chancen verbunden. Nach dem erneuten Rückschlag in der Branche – dieses Mal "traf es" Jerini mit seinem Phase-III-Wirkstoff – dürfte mal wieder für längere Zeit Wundenlecken angesagt sein. Unsere Favoriten haben sich demzufolge verändert: Neben der Biotech-Beteiligungs-Boutique BB Biotech sollten sich interessierte Anleger nur an Mehrproduktunternehmen halten, also vorrangig MediGene und MorphoSys. Die Musterdepots des Performaxx-Anlegerbriefs zählen zu den Erfolgreichsten in Deutschland. Alle Musterdepotänderungen werden realtime per E-Mail oder SMS verschickt. Weitere Informationen unter www.performaxx-anlegerbrief.de.
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