...das ist hier die Frage ;-) Selbstverständlich ist es richtig und gut, sich mit den Dingen, die einen persönlich betreffen, sich zu beschäftigen, sich möglichst gut auszukennen und sich auch als Laie möglichst viel Wissen über entsprechende Dinge anzueignen. Sei es der Abschluss einer Versicherung, eines Immobilienkaufes, eines Autokaufes etc. Auch beim Kauf diverser Haushaltsgeräte, PC´s, Telefone oder Smartphones und nicht zuletzt bei Lebensmitteln etc. "interessiert" man sich eigentlich für die Dinge, vergleicht Qualität mit Kosten.
Erstaunlich ist tatsächlich, dass sich die meisten Menschen - insbesondere wohl in Deutschland - kaum bis gar nicht für ihre Finanzen interessieren. Sie finden es entweder total langweilig oder gar uncool. Über Geld redet man eben nicht. Und der Umgang damit wurde und wird uns Bürgern bis heute nicht ausreichend beigebracht.
Wirtschaft und Finanzwesen ist an den meisten Schulen, insbesondere Gymnasien Mangelware bzw. wird es oft meist gar nicht "gelehrt". Warum eigentlich? Steckt da vielleicht auch die Wirtschafts- und Finanzlobby dahinter? Denkbar wäre es. Denn was gibt es für diese beiden Zweige Besseres, als dass Abiturienten, die zum größten Teil zu Studierenden werden, von denen wiederum sehr viele zu "Gutverdienern" werden, KEINE Ahnung von Finanzdingen haben. Viele wissen noch nicht einmal, was ein Girokonto ist. Traurig, aber wahr. Von wirtschaftlichen, politischen und finanziellen Zusammenhängen ganz zu schweigen. Und warum wird ausgerechnet im Allgemeinen IMMER bei der Bildung gespart, während auf der anderen Seite x-fache Millionen- und Milliardenbeträge u.a. in Bauobjekte gesteckt wird, die man nicht wirklich braucht? Kann es sein, dass dem "Staat" bzw. sämtlicher Lobbyisten der wenig gebildete Bürger in den wirklich wichtigen Dingen am allerliebsten ist, weil er dann von allen Seiten ausgebeutet werden kann?
Wurde und wird uns nicht seit Jahrzehnten eingebläut, dass wir den Bänkern, Versicherern, den Anwälten, der Regierung (Politik) quasi "blind" vertrauen können? Warum also sich selbst damit beschäftigen bzw. sich selbst zu bilden, wenn es schon in der Schule, im Studium, in der Ausbildung nicht angeboten oder gar gefordert wird.
Natürlich kann es nicht schaden, sich auch mit den großen Dichtern und Denkern auszukennen. Auch kann der eine oder andere sicherlich auch gut Latein gebrauchen, je nachdem, welchen Beruf er anstrebt. Aber welcher Gymnasiast weiß das schon genau mit ca. 12 Jahren, wenn er sich entscheiden muss, ob er lieber französisch oder Latein lernen möchte. Zumal Latein eine ziemlich tote Sprache ist. Wird so gut wie gar nicht gesprochen, ist aber eben recht hilfreich, wenn man als Berufsziel Mediziner, Biochemiker, Apotheker, Florist, Papst ;-) o.ä. anstrebt.
Hier stellt sich mir die Frage der Verhältnismäßigkeit. Ist es denn soooo sinnvoll, x-Gedichte von Goethe, Schiller etc. auswendig zu lernen, diese zu analysieren und zu interpretieren? Sich jahrelang mit Latein zu quälen, auch wenn man es am Ende so gut wie NIE spricht und nur bedingt anwenden kann?
Warum reduziert man im Schulbetrieb bestimmte Fächer (wie auch Kunst und Musik - und das sage ich, obwohl ich selbst Musikerin bin und der Kunst sehr zugeneigt) nicht um mind. 20 % und lehrt dafür im Gegenzug die aus meiner persönlichen Sicht wirklich wichtigen Fächer, die man eben auch sehr, sehr gut im täglichen Leben gebrauchen kann. Wie eben Wirtschaft, Finanzwesen. Auch Psychologie wäre wichtig. Wäre es nicht von Vorteil, wenn die Abiturienten ein wenig davon wüssten, dass es unterschiedliche Persönlichkeitsstrukturen gibt, woran man sie eventuell erkennen kann und wie man damit umgeht, außer - wenn es möglich ist, bei manchen Personen konsequent Abstand zu halten? Aber auch gerade in Verbindung mit Wirtschaft und Finanzwesen, mit Politik etc. spielt gerade auch die Psychologie eine sehr große und vor allem wichtige Rolle. Wir wurden und werden jedoch innerhalb der Schulbildung keinesfalls aufgeklärt oder gar gewarnt vor dem oberflächlichem Charme, der charismatischen oder auch histrionischen, narzisstischen Persönlichkeit etc., die uns vor allem im Wirtschaftsleben, im Finanzmarkt, in der Politik etc. begegnet. Privat natürlich auch hier und da ;-)
Nun ja, mir scheint, dass je weniger wir von alledem wissen, desto leichtere "Beute" sind wir. Für Politiker, Unternehmen, Banker etc. Und das scheint auch ein Stück weit so gewollt.
Aber selbst dann, wenn man sich als Laie insbesondere in den Finanzmarkt hineinvertieft, sich "Wissen" aneignet - aus Büchern, Foren etc., hilft das meiner persönlichen Meinung "etwas" aber am Ende auch nicht wirklich viel.
Natürlich "weiß" ich so ungefähr, welche Unternehmen weltweit seit Jahren sehr beständig sind, welche Weltmarktführer mit Marktmacht sind, welche ihre Dividenden noch nie gekürzt oder gar regelmäßig ein wenig erhöht haben. Das betrifft aber jeweils die "Vergangenheit". Aber was tun sie morgen?
Wer hätte denn vor ein paar Jahren gedacht, dass Wendelin Wiedeking so größenwahnsinnig wird, dass er meinte, mal eben VW übernehmen zu können?
Wer hätte denn vor ein paar Jahren gedacht, dass die Deutsche Bank in fast jedes Drecksgeschäft, was man sich vorstellen kann, verwickelt ist?
Wer hätte gedacht, dass bislang so "sichere und defensive" Aktien wie RWE oder Eon so abkackten, nur weil von heute auf morgen aufgrund des tragischen Unglücks in Fukushima die so genannte Energiewende vollzogen wurde...
Und wer weiß denn heute, ob Néstle nicht schon morgen einen Mega-Lebensmittelskandal liefert oder sonst eine böse Geschichte, die den Kurs um 50 % ins Minus drückt, obwohl heute JEDER, wirklich JEDER Analyst rät, die Aktie zu kaufen, da sie quasi eine Witwen- und Waisenrente darstellt.
Da gibt es ja noch tausende Beispiele. Gar nicht zu reden von den HF-Trades, wo sich im Millisekundentakt die Systeme gegenseitig manipulieren und ausspielen. Und nicht zu vernachlässigen: Die Politik der Notenbanken, die wir zwar bedingt "vorhersehen" können, aber eben nur bedingt und keinesfalls verlässlich.
Und das ist der Punkt. Es gibt nur noch sehr wenig Verlässlichkeit und Vertrauen - egal, ob es die Politik, die Unternehmen, die Finanzwirtschaft und deren vorstehenden Menschen, Managern betrifft. Was nützt einem da groß das "Wissen", wenn fast ALLES und JEDER komplett unberechenbar und uneinschätzbar geworden sind.
Auch wenn es in den vergangenen 20-50 Jahren immer wieder schwarze bis sehr schwarze Schafe auf allen Seiten gegeben hat, so waren das doch nach meiner heutigen Meinung relativ Wenige im Gegensatz zu heute.
Die mittelständischen Unternehmen, die familiengeführt waren und die AG´s wurden in der ersten und vielleicht noch zweiten Generation meistens sehr verantwortungsvoll geführt. Im Sinne des Unternehmens, im Sinne der Angestellten und im Sinne der Aktionäre und Anleihegläubiger. Die dritte und vierte Generation ist leider häufig satt und relativ verantwortungslos. Während sie sich manchmal selbst auf Yachten sonnen, haben sie das Geschäft gewissenlosen und größenwahnsinnigen Managern übertragen, denen das Unternehmen an sich komplett egal ist. Diese Manager schauen, dass sie sich selbst den größtmöglichen Anteil abzwacken können. Der Rest = Unternehmen, Angestellte, Aktionäre, Anleihegläubiger ist ihnen total egal.
Was nutzt einem daher das Wissen, außer, dass man vielleicht weiß, dass man nicht gerade kaufen sollte, sondern eher verkaufen sollte, wenn relative Höchststände (z.B. Dax ca. 8.000) erreicht sind (auch wenn er noch auf 9.000 - 10.000 gehen könnte) und man nicht viel falsch machen kann, wenn man bei z.B. Dax 4.000 - 6.000 kauft. Selbst, wenn er unter 3.000 ginge, hätte man nicht zwingend viel falsch gemacht, weil es sehr wahrscheinlich ist, dass er von dort aus mal wieder ein paar 1000 Punkte steigen kann. Außer natürlich, er geht auf NULL und steigt NIE wieder ;-) - aber dann ist eh zappenduster - und "Rien ne va plus" - NICHTS geht mehr ;-)
Mein persönliches Fazit: Egal, wie viel wir wissen - was schon sehr viel besser ist als gar nichts zu wissen - wissen wir doch am Ende NICHTS.
Wünsche Euch noch einen schönen Sonntagabend und einen guten Start in die Woche - mit Wissen oder Nichtwissen :-)))
Kosto |