hzenger, sehr gute Diskussion, die Du da gerade anstößt - müsste m.E. viel häufiger hier passieren! Ich sehe das genauso wie Du: lediglich von dem Produkt-Potenzial ausgehen und damit unbegrenztes Kurspotenzial auszumachen, ist sicherlich ein falscher Ansatz. Die Ertragskraft - und irgendwann einmal auch das Ausschüttungspotenzial - sollten bei der Kursbewertung die wesentliche Rolle spielen (versteht sich von selbst, dass die beiden Komponenten zusammenhängen).
Die Diskussion zum bereinigten ggü. berichteten Gewinn sehe ich eigentlich gelassen und habe auch schon in der Vergangenheit geschrieben, dass ich Dialogs Berichte hier verständlich und transparent finde. Zum einen ist jedes Investment immer relativ zu anderen Investments zu sehen, d.h. wenn sämtliche Unternehmen ihre stock options (bzw. den Effekt durch steigende Kurse auf diese) herausrechnen, dann sollte man das bei Dialog aus Gründen der Vergleichbarkeit auch machen. Die Abschreibungen sehe ich auch weniger kritisch, da nicht cash-wirksam, getrieben durch Bilanzierungsvorschriften und da Dialog den Kaufpreis ja bereits in bar entrichtet hat. Außerdem: nehmen wir mal an, dass Dialog 300 Mio für iWatt über 5 Jahre abschreiben würde, dann würde das eine jährliche Belastung von 60 Mio bedeuten. Und in 2019 fällt das komplett weg und Dialog verdient diese 60 Mio vor Steuer mehr - sollte dann auch der Kurs einen plötzlichen Sprung machen? M.E. nein, daher sollte man das jetzt schon reflektieren.
Ansonsten: ja, Dialog ist sicherlich schwer zu beurteilen, aber m.E. weniger aufgrund der Möglichkeit, die Zahlen zu projizieren, sondern hauptsächlich aufgrund der - ich nenne es mal - "Markt-Befindlichkeiten". Für mich war das die letzten Jahre immer ein Pendeln zwischen Panik/Angst/Marge bricht ein/Apple geht (April 2013 bei 8,x Euro) und Gier/Optimismus/Diversifizierung kommt/Margen explodieren/Übernahme (Juni 2014 bei 26,x Euro). In so einem Fall mit 'nackten' Zahlen zu kommen und damit einen fairen Kurs bestimmen zu wollen, ist in der Tat eine Herausforderung. Zu den Zahlen selber eine kurze Aufstellung/Einschätzung:
Analystenschätzungen für 2014 // 2015 // 2016
EpS bereinigt (EUR): 1,37 // 1,74 // 2,16 EpS berichtet (EUR): 1,15 // 1,54 // 1,91
KGV bereinigt: 15,7 // 12,4 // 10,0 KGV berichtet: 18,8 // 14,0 // 11,3
=> EpS Wachstum 2014-16 p.a.: 29%
Wenn ich mir nur diese Zahlen anschaue (2015er KGV von ca. 13, verglichen mit 29% EpS Wachstum), dann würde ich spontan sagen, dass Dialog bei diesen Wachstumsraten eigentlich mit einem höheren KGV bewertet werden sollte, sprich: der Kurs müsste höher stehen und die Aktie hat noch deutlich Potenzial. Das gilt sogar auf berichteter Basis. Auf der anderen Seite sehe ich das Folgende, was wiederum einen Abschlag beim KGV rechtfertigt bzw. rechtfertigen könnte.
- aktiv in der Chip-Branche, die prinzipiell zyklisch ist (trifft bei Dialog eher nur auf Automotive/Industrial zu); soll heißen: für eine Google-Aktie wäre ich immer bereit ein höheres KGV zu zahlen
- Dialog trägt nach der iWatt-Akquisition immer noch eine Nettoverschuldung vor sich her, während viele Vergleichsunternehmen komfortable/hohe Nettoliquiditätspositionen haben
- wichtigster Punkt: Dialogs hohe Kundenkonzentration mit Apple, weil man immer deren Verhandlungsmacht ausgesetzt ist und man die Gefahr eines Design Losses nie ganz ausschließen kann; diese Gefahr sehe ich als sehr gering an, aber wenn eine 5%ige Gefahr besteht, dass Dialog dann bei 5-8 Euro notiert, dann sollte dieses Risiko Niederschlag im KGV finden (übrigens, so sieht ein Apple Design Loss in der Realität aus: http://finance.yahoo.com/...s=ADNC+Interactive#symbol=ADNC;range=2y); als weiteres Beispiel: Qualcomm, der Platzhirsch im Smartphone-/Tablet-Zuliefererbereich, hat auch nur ein KGV von 13 für 2015, aber hat weniger als 20% Exposure ggü. Apple als Hauptkunden => wo fühle ich mich wohler mit meinem Investment?
- Dialog ist immer noch ein MidCap, hat eine andere Marktmacht, sicherlich auch eine geringe Marktliquidität, also tägliches Handelsvolumen (soll heißen: aus einer Infineon oder Qualcom komme ich schneller raus)
- die historische Bandbreite des KGVs kann man auch berücksichtigen und da notiert Dialog nahe an den Höchstständen
Alles in allem ist mein persönlicher Blick, dass ein 'faires' KGV um die 15 bzw. leicht darüber liegen könnte (eigentlich sollte diese Denke dann für mich bedeuten, dass ich bis zu einem Kurs von 25 zukaufen würde, aber ich halte mich momentan zurück). Bei erfolgreicher Diversifizierung dementsprechend mehr. Freue mich wie immer über konstruktives Feedback und/oder andere Meinungen, falls ich daneben liege.
Gruß, dlg.
P.S. Jetzetle, Dein "Die Änderungen bezüglich der Zukunft sind nur vage und sehr unsicher" ist mein Highlight des Tages....da hättest Du beim DSF Doppelpass gleich Deine Kreditkarte ins Schwein stecken müssen :-) |