15.02.2011 18:49 UPDATE: Deutsche Börse und NYSE Euronext fusionieren
DJ UPDATE: Deutsche Börse und NYSE Euronext fusionieren
(NEU: weitere Details) Von Nathan Becker und William Launder DOW JONES NEWSWIRES
FRANKFURT (Dow Jones)--Die Deutsche Börse und ihr US-Wettbewerber NYSE Euronext schließen sich zum größten Börsenkonzern der Welt zusammen und setzen damit die Branchenkonsolidierung fort. Vereinbarungsgemäß sollen die Anteilseigner des Frankfurter Börsenbetreibers 60% an der neuen Holdingsgesellschaft halten, während die NYSE-Euronext-Aktionäre die restlichen 40% übernehmen. Auf Basis des Jahres 2010 hätte das fusionierte Unternehmen 4,1 Mrd EUR umgesetzt, das EBITDA beliefe sich auf 2,1 Mrd EUR.
In den Niederlanden sollen die Deutsche Börse AG und NYSE Euronext unter dem Dach einer Holding zusammengeführt werden, die an den Börsen in Frankfurt, New York und Paris gelistet sein soll. Dazu fusioniert NYSE Euronext mit einer US-Tochter der neuen Holding, indem jede NYSE-Aktie in 0,47 Aktien der neuen Holding getauscht werden. Den Aktionären der Deutschen Börse unterbreitet die Alpha Beta Netherlands Holding NV dagegen ein öffentliches Übernahmeangebot für den Umtausch ihrer Aktien im Verhältnis 1:1. Einen endgültigen Namen für das fusionierte Unternehmen nannten die beiden Börsenbetreiber nicht.
Auch wegen des möglichen neuen Namens hatten Politiker jenseits des Atlantiks Bedenken gegen die Fusionspläne geäußert. Als Kritiker hat sich der New Yorker Senator Charles Schumer entpuppt. Der einflussreiche Politiker wiederholte am Dienstag im Gespräch mit dem US-Fernsehsender CNBC seine Forderung, dass die New Yorker Börse auch künftig im Namen des fusionierten Börsenkonzerns ganz vorne stehen müsse. Wenn die Deutsche Börse versuchen sollte, etwas anderes als New York an die Namensspitze zu setzen, so sei dies möglicherweise bereits ein Indiz dafür, dass der DAX-Konzern am Ende die Oberhand behalte und damit Entscheidungen anstrebe, die gegen New York liefen.
Der hessischen Wirtschaftsministers Dieter Posch zeigte sich am Dienstag zurückhaltend und erklärte, das hessische Wirtschaftsministerium werde die Börsenfusionspläne als zuständige Aufsichtsbehörde sorgfältig prüfen. "Ob und in welcher Form es letztlich zu einer Fusion der Deutschen Börse und der NYSE kommt, kann heute noch nicht gesagt werden. Auf dem Weg dahin sind von den Unternehmen noch unternehmerische Risiken zu meistern und seitens der Aufsichtsinstitutionen rechtliche Fragen zu klären", sagte der FDP-Politiker und versprach, sich "im weiteren Fusionsprozess jenseits der rein aufsichtsrechtlichen Prüfung für die Interessen des Finanzplatzes Frankfurt" einzusetzen.
Positiv äußerte sich die Deutsche Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Durch die geplante Fusion würden Kosten eingespart und Liquidität im Wertpapierhandel gesichert. "Wenn Konsolidierung in weltweiten Märkten stattfindet, muss man entweder daran teilnehmen und einen Partner suchen, oder man muss nehmen, was übrig bleibt", sagte Hauptgeschäftsführer Ulrich Hocker. Allerdings könne er erst nach Prüfung der Bedingungen sehen, inwieweit der Zusammenschluss gut für die Aktionäre auf beiden Seiten sei.
Stefan Brugger, Portfolio-Manager bei der Investmentgesellschaft Union Investment, bezeichnete das Zusammengehen der beiden Börsenbetreiber als "Fusion unter Gleichen". Die Deutsche Börse sieht er nicht im Fahrersitz, schließlich stelle NYSE Euronext den CEO des fusionierten Unternehmens.
"Angesichts der fortschreitenden Globalisierung und Vernetzung der Kapitalmärkte sowie der steigenden Präsenz alternativer Handelsplattformen, die weniger transparent arbeiten und deutlich weniger aufsichtsrechtlichen Bestimmungen unterliegen, entsteht mit dem neuen Unternehmen ein echter 'Global Player'", sagte NYSE-Euronext-CEO Duncan Niederauer, der auch CEO des neuen Börsenriesen werden soll. Sein Gegenüber von der Deutschen Börse, Reto Francioni, ist als Chairman designiert.
Nach Ansicht von Francioni wird mit dem Zusammenschluss für die Aktionäre ein deutlicher Mehrwert geschaffen. "Mit der Transaktion führen wir zwei der weltweit renommiertesten und erfolgreichsten Börsenbetreiber unter einem Dach zusammen. Damit werden wir die globalen Kapitalmärkte künftig anführen und in puncto Wachstum, Qualität und Marktabdeckung neue Maßstäbe setzen", so der Vorstandsvorsitzende der Deutschen Börse AG.
Neben den beiden Top-Managern gehören dem 17 Mitglieder umfassenden Verwaltungsrat weitere neun Mitglieder der Deutschen Börse und sechs Manager der NYSE Euronext an. Dem von Niederauer angeführten Vorstand gehören jeweils vier Vertreter von beiden Börsenbetreibern an. Andreas Preuß von der Deutschen Börse soll stellvertretender CEO und Präsident sowie Leiter des Derivategeschäfts werden. Deutsche-Börse-CFO Gregor Pottmeyer wird CFO, Jeffrey Tessler Leiter Settlement&Custody und Frank Gerstenschläger Leiter Market Data&Analytics.
Von Seiten der NYSE Euronext ziehen neben Niederauer Dominique Cerutti als Leiter Technology Services&IT, Lawrence Leibowitz als Leiter Cash Trading and Listings sowie John Halvey als General Counsel in den Vorstand ein. Die Hauptverwaltungen sollen in New York und Eschborn bei Frankfurt angesiedelt sein, juristischer Sitz der neuen Gesellschaft wird Amsterdam.
Die Fusion soll bis zum Jahresende abgeschlossen werden. Neben kartellrechtlicher Genehmigungen ist dafür die Zustimmung der Mehrheit der NYSE-Euronext-Aktionäre sowie von 75% der Anteilseigner der Deutschen Börse notwendig.
Von dem Zusammenschluss erhoffen sich beide Börsen Kostensynergien von rund 300 Mio EUR pro Jahr, die erstmals in drei Jahren vollständig ausgeschöpft sein sollen. Rund 25% der erwarteten Synergien sollen nach einem Jahr, 50% nach dem zweiten Jahr erreicht werden. Unmittelbar soll sich die Fusion hingegen positiv auf die bereinigten Gewinne beider Unternehmen auswirken. Die jährlichen Umsatzsynergien werden bei 100 Mio EUR gesehen.
Sparen wollen die Frankfurter und die New Yorker bei ihrer Fusion besonders beim Handel mit Wertpapieren. Ein Drittel der angepeilten Kostensenkungen ist den Angaben zufolge im europäischen Aktien- und Derivatehandel und bei den US-Aktienoptionen geplant. Weitere 26% des Einsparvolumens sehen die beiden Börsen in der Handelstechnologie, 23% im Bereich Clearing und 19% in der allgemeinen Verwaltung.
In der vergangenen Woche hatten die Deutsche Börse und NYSE Euronext mitgeteilt, dass sie sich in fortgeschrittenen Gesprächen für eine Fusion befinden. Mit den Plänen befinden sie sich in guter Gesellschaft. Erst am vergangenen Mittwoch hatten die London Stock Exchange Group plc (LSE) und die kanadische TMX Group Inc ihren Fusion bekannt gegeben. Webseiten: www.deutsche-boerse.de www.nyse.com www.euronext.com -Von Nathan Becker und William Launder, Dow Jones Newswires, +49 (0)69 29725 103, unternehmen.de@dowjones.com (Rüdiger Schoß und Ulrike Dauer in Frankfurt haben zu diesem Artikel beigetragen.) DJG/DJN/ebb/has
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February 15, 2011 12:18 ET (17:18 GMT)
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