"Wir planen kein Enteignungsgesetz" Von Grit Beecken
Die Bundesregierung plant die Kontrollübernahme bei der Hypo Real Estate. Die Enteignung der Aktionäre sei nur eine von vielen Möglichkeiten, sagte eine Sprecherin des Finanzministeriums gegenüber manager-magazin.de. Experten empfehlen andere, billigere Optionen.
Hamburg - Aktionäre der schwer angeschlagenen Hypo Real Estate (HRE) , allen voran der Großinvestor Christopher Flowers, rechnen mit dem Außergewöhnlichen: Einer Enteignung, dem Entzug von privatem Eigentum zum Wohl der Allgemeinheit. Auf diese Weise wolle die Bundesregierung die Kontrolle bei der HRE übernehmen und die Aktionäre mit einem Preis entschädigen, der zumindest für Flowers deutlich unter dem Kaufpreis liegt, schrieb vor einigen Tagen die "Süddeutsche Zeitung".
Die Zentrale der Hypo Real Estate: Faktisch gehört das Kreditinstitut schon dem Staat
© DPA"Wir planen kein Enteignungsgesetz", sagte hingegen eine Sprecherin des Bundesfinanzministeriums auf Anfrage gegenüber manager-magazin.de. "Wir haben lediglich klargestellt, dass die Insolvenz einer systemrelevanten Bank keine Option ist".
Nun prüfe das Ministerium Mittel und Wege, diese Insolvenz zu verhindern und dabei das Unternehmensgeschick kontrollieren zu können. Die Möglichkeit der Enteignung werde zwar ebenso in Betracht gezogen, wie alle anderen auch, sei aber noch nicht in greifbarer Nähe. Die Bundesregierung berät heute bei einem Spitzentreffen über das weitere Vorgehen bei dem Immobilienfinanzierer und die Möglichkeiten der Kontrollübernahme.
Die sind vielfältig. "Ich halte die Enteignungsdiskussion schlicht für überflüssig", sagt Christoph Schalast, Professor für Wirtschaftsrecht an der Frankfurt School of Finance. Die Bundesregierung könne andere Instrumente als die Enteignung nutzen, um die HRE zu kontrollieren. Schließlich erlaube das Finanzmarktstabilisierungsgesetz dem Staat, sich bis zur Obergrenze von 33 Prozent am Eigenkapital von Finanzinstituten zu beteiligen.
Alternativen zur Enteignung Squeeze Out: Wenn ein Aktionär mindestens 95 Prozent des Eigenkapitals eines Unternehmens hält, hat er grundsätzlich jederzeit das Recht, die restlichen Aktionäre gegen Zahlung einer angemessenen Abfindung aus dem Unternehmen zu drängen.
Debt for Equity Swap: Forderungen gegenüber einem Schuldner zweifelhafter Bonität können in Beteiligungen umgewandelt werden. Auf diese Weise erhält der Kreditgeber Mitspracherechte bei der Unternehmensführung. "Aus meiner Sicht ist die Lösung so einfach wie naheliegend: Diese Obergrenze sollte angehoben werden - beispielsweise auf 75 Prozent oder mehr", sagt Schalast. Auf diese Weise könnte der Bund das Eigenkapital der HRE erhöhen.
Das verwässere zwar die bisherigen Eigentumsstrukturen, es sei aber nicht ungewöhnlich, wenn ein Investor frisches Geld in ein Unternehmen gebe. Instrumente wie der "debt to equity swap" oder ein "squeeze out" (siehe Infobox) funktionieren ähnlich. |