Die negative Jahreswachstumsrate der Bankkredite an den privaten Sektor verschleiert, dass beim jährlichen Wachstum der Kredite an private Haushalte wieder positive Werte verzeichnet wurden, während die Jahreswachstumsrate der Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften stärker ins Negative rutschte. Diese Divergenz steht weiterhin mit typischen konjunkturellen Verlaufsmustern im Einklang, denen zufolge Wendepunkte im Wachstum der Unternehmenskredite der Konjunkturentwicklung in der Regel mit zeitlicher Verzögerung folgen. Die jüngsten Daten zur Ausreichung von Krediten an private Haushalte liefern eine weitere Bestätigung für eine Stabilisierung bei niedrigen Raten. Die rückläufigen Kredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften sind nach wie vor hauptsächlich auf eine kräftige Nettotilgung von Krediten mit kürzerer Laufzeit zurückzuführen, während die Kreditvergabe im längeren Laufzeitbereich positiv blieb. Das verhaltene Niveau der Produktion und des Handels sowie die fortwährende Unsicherheit hinsichtlich der Aussichten der Unternehmen werden deren Nachfrage nach Bankkrediten wohl auch in den kommenden Monaten dämpfen. Gleichzeitig haben sich die Finanzierungsbedingungen der Unternehmen in den vergangenen Monaten verbessert, und zwar sowohl im Hinblick auf die Kosten für Bankkredite als auch in Bezug auf die Kosten der Finanzierung über die Märkte. So könnte die in den letzten Monaten anhaltend negative Vergabe kurzfristiger Bankkredite an nichtfinanzielle Kapitalgesellschaften teilweise bessere Substitutionsmöglichkeiten durch unterschiedliche längerfristige Finanzierungsquellen widerspiegeln.
Die Banken verringerten ihre Bilanzsummen weiter, und zwar in erster Linie durch den Abbau von Aktivpositionen gegenüber anderen Banken. Sie stehen weiterhin vor der Herausforderung, den Umfang und die Struktur ihrer Bilanzen anzupassen und gleichzeitig die Verfügbarkeit von Krediten für den nichtfinanziellen Sektor sicherzustellen. Um sich dieser Herausforderung zu stellen, sollten die Banken die verbesserten Finanzierungsbedingungen zur weiteren Stärkung ihrer Eigenkapitalbasis nutzen und gegebenenfalls die staatlichen Stützungsmaßnahmen hinsichtlich der Rekapitalisierung voll ausschöpfen.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die derzeitigen Leitzinsen der EZB nach wie vor angemessen sind. Unter Berücksichtigung aller Informationen und Analysen, die seit der Sitzung des EZB-Rats am 3. Dezember 2009 verfügbar geworden sind, dürfte die Preisentwicklung über die geldpolitisch relevante Frist gedämpft bleiben. Die jüngsten Daten haben außerdem bestätigt, dass die Wirtschaft im Euro-Währungsgebiet zum Jahresende 2009 weiterhin expandierte. Allerdings sind einige der Faktoren, die das Wachstum des realen BIP stützen, vorübergehender Natur. Insgesamt rechnet der EZB‑Rat mit einem moderaten Wachstum der Wirtschaft des Eurogebiets im Jahr 2010, verkennt dabei aber nicht, dass der Erholungsprozess uneinheitlich verlaufen dürfte und dass die Aussichten nach wie vor mit Unsicherheit behaftet sind. Die Gegenprüfung der Ergebnisse der wirtschaftlichen Analyse anhand der Ergebnisse der monetären Analyse bestätigt angesichts des nach wie vor parallel verlaufenden Rückgangs des Geldmengen- und Kreditwachstums die Einschätzung eines mittelfristig geringen Inflationsdrucks. Alles in allem geht der EZB-Rat davon aus, dass die Preisstabilität auf mittlere Frist gewährleistet bleibt, wodurch die Kaufkraft der privaten Haushalte im Euroraum gestützt wird. Die mittel- bis längerfristigen Inflationserwartungen sind weiterhin fest auf einem Niveau verankert, das mit dem Ziel des EZB-Rats im Einklang steht, die Preissteigerung mittelfristig unter, aber nahe 2 % zu halten.
Der EZB-Rat wird seine erweiterten Maßnahmen zur Unterstützung der Kreditvergabe an das Bankensystem fortsetzen, dabei aber die anhaltende Verbesserung der Finanzmarktbedingungen berücksichtigen und Verzerrungen vermeiden, die sich aus der Aufrechterhaltung von Sondermaßnahmen über einen zu langen Zeitraum ergeben. Ferner wird der EZB-Rat die allmähliche Rücknahme von außerordentlichen Liquiditätsmaßnahmen, die nicht im gleichen Maße wie in der Vergangenheit benötigt werden, fortführen. Die bereitgestellte Liquidität wird bei Bedarf abgeschöpft, um jeglicher Gefahr für die Preisstabilität auf mittlere bis längere Sicht effektiv entgegenzuwirken. Dementsprechend wird der EZB-Rat auch in nächster Zeit alle Entwicklungen sehr genau verfolgen.
Was die Finanzpolitik anbelangt, so sind viele Regierungen des Euroraums mit hohen und stark zunehmenden Haushaltsungleichgewichten konfrontiert. Der sehr große staatliche Finanzierungsbedarf birgt die Gefahr, rasche Änderungen der Marktstimmung auszulösen, was zu weniger günstigen mittel- und langfristigen Marktzinssätzen führen könnte. Dies wiederum würde die privaten Investitionen dämpfen und somit die Grundlage für ein nachhaltiges Wachstum schwächen. Darüber hinaus würden hohe staatliche Defizite und Schuldenstände eine zusätzliche Belastung für die Geldpolitik darstellen und die Glaubwürdigkeit der Bestimmungen sowohl des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union als auch des Stabilitäts- und Wachstumspakts als einem Hauptpfeiler der Wirtschafts- und Währungsunion untergraben. Daher fordert der EZB-Rat die Regierungen auf, zeitnah ehrgeizige finanzpolitische Ausstiegs- und Konsolidierungsstrategien zu beschließen und umzusetzen, die auf realistischen Wachstumsannahmen basieren und primär Ausgabenreformen im Blick haben. Steuersenkungen sollten nur auf mittlere Frist in Betracht gezogen werden, wenn die Länder wieder ausreichenden haushaltspolitischen Spielraum erlangt haben. Diesbezüglich stellen die aktuellen staatlichen Verpflichtungen, spätestens 2011 mit der Konsolidierung zu beginnen und deutlich über den strukturellen Konsolidierungsrichtwert von 0,5 % des BIP jährlich hinauszugehen, für alle Euro-Länder die Mindestanforderung dar. Der Erfolg der finanzpolitischen Anpassungsstrategien wird auch wesentlich von angemessenen nationalen fiskalpolitischen Regeln sowie Institutionen abhängen und erfordert transparente Haushaltsverfahren sowie zuverlässige und vollständige Statistiken zu den Staatsfinanzen quelle http://www.ecb.int/pub/mb/editorials/2010/html/mb100121.de.html |