BP versucht abermals das Leck im Golf von Mexiko zu schließen. Doch Fachleute warnen davor, dass die neue Kappe das Gehäuse des ohnehin defekten Bohrlochs weiter beschädigen könnte. Die amerikanische Handelskammer fordert nun, dass die Regierung ihr Verbot wieder aufheben soll.
Während der britische Ölkonzern BP mit der Abdichtung der lecken Quelle im Golf von Mexiko voranzukommen scheint, hat die amerikanische Regierung abermals ein Verbot für Ölbohrungen vor der Küste erlassen. BP begann am mit Dienstag erste Tests einer neuen Absaugkappe, die am Montagabend auf der Quelle installiert worden war. Durch das Verschließen verschiedener Ventile versuchen Wissenschaftler herauszufinden, wie viel Druck durch das ausströmende Rohöl auf das Bohrloch ausgeübt wird. Seit dem Sinken der Bohrinsel „Deepwater Horizon“ sind in den vergangenen drei Monaten mehrere Versuche, das Leck in etwa 1500 Meter Tiefe zu verschließen, an dem immensen Druck gescheitert. Die sechs Meter hohe Absaugkappe soll den Ölfluss bis zur Fertigstellung der Entlastungsbohrungen stoppen oder zumindest verringern.
Fachleute warnen davor, dass die neue etwa 80 000 Kilogramm schwere Kappe das Gehäuse des ohnehin defekten Bohrlochs weiter beschädigen könnte. Wie der von der amerikanischen Regierung beauftragte Krisenmanager Thad Allen sagte, werden Fachleute so bald wie möglich den Druck im Bohrloch messen und das weitere Vorgehen abstimmen. Falls weiterhin Rohöl austreten sollte, schickt BP kurzfristig weitere Schiffe in den Golf, um die Tanker „Helix Producer“ und „Q 4000“ beim Absaugen des Öls zu unterstützen. Weil die neue Absaugglocke das Andocken von mehr Schiffen erlaubt, wird das ausgetretene Rohöl schneller entfernt. Nach Angaben von BP könnten die Tanker in den kommenden zwei bis drei Wochen täglich bis zu 13 Millionen Liter Öl abschöpfen. Nach offiziellen Schätzungen fließen täglich bis zu 9,5 Millionen Liter aus dem Bohrloch. Die neue Konstruktion erlaubt zudem, dass die Tanker sich im Fall eines Hurrikans schnell von der Quelle lösen können.
Unterdessen arbeitet der Konzern weiter daran, zwei Bohrlöcher in unmittelbarer Nähe des Lecks in die Tiefe zu treiben, um den Druck auf das beschädigte Bohrloch zu verringern. Diese Entlastungsbohrungen sollen bis August ermöglichen, die Quelle endgültig zu schließen. Mit dem neuen Anlauf für ein Verbot von Ölbohrungen vor der Küste will die Regierung „Gemeinden, Küsten und Tiere“ schützen. Das Verbot soll bis November gelten; in dieser Zeit sollen neue Sicherheitsstandards erlassen werden. Das erste im Mai erlassene Verbot von Tiefseebohrungen war von zwei Gerichten mit der Begründung aufgehoben worden, es sei willkürlich und zu unpräzise gefasst. Die neue Anordnung verbietet nicht mehr generell Ölbohrungen in mehr als 150 Meter Wassertiefe, sondern knüpft das Verbot an bestimmte technische Eigenschaften der Bohrungen. Betroffen sind aber dieselben 33 Bohrstellen wie zuvor. Das neue Verbot bezieht sich zudem auf Ölbohrungen in geringerer Wassertiefe, wenn diese neue Sicherheitsvorschriften nicht einhalten.
Energieunternehmen sprachen von einem faktischen Bohr-Moratorium. Die amerikanische Handelskammer forderte die Regierung auf, das Verbot aufzugeben. Die Kammer plädiert dafür, aggressiv neue Sicherheitsbestimmungen einzuführen. Es sei aber im Interesse der Energiesicherheit falsch, amerikanische Energieressourcen unter Verschluss zu halten. Allein in Louisiana soll das Moratorium bis zu 20 000 Arbeitsplätze bedrohen. Aus Unsicherheit über die Zukunft der Ölbohrungen haben Unternehmen schon begonnen, Ölbohrinseln aus dem Golf von Mexiko abzuziehen. |