wird auch zeit das die libanesische Armee endlich eingreift und das eigene Land und seine Bevölkerung verteidigt.
Kommandoaktion Israels - Libanons Armee greift ein
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§ Die zerstörte Halat-Brücke, die Beirut mit dem Norden Libanons verbindet. Foto Keystone
Beirut. DPA/AP/SDA/AFP/baz. Eine israelische Kommandoaktion hat am frühen Samstagmorgen nahe der Hafenstadt Tyrus die libanesische Armee in die Kämpfe verwickelt. Libanesisches Militär setzte Luftabwehrgeschütze ein, nachdem israelische Kampfhelikopter mehrere Raketen abgefeuert hatten. Die Helikopter seien im Tiefflug über Tyrus geflogen, ihre Besatzungen schossen mit Maschinengewehren auf Ziele am Boden, sagte die libanesische Polizei. Ein libanesischer Soldat wurde getötet und eine Luftabwehrbatterie zerstört. Es war das erste Mal, dass die libanesische Armee aktiv in den Krieg eingriff.
Bei der Aktion in der Nähe von Tyrus setzten israelische Helikopter ausserdem Soldaten auf dem Boden ab. Danach kam es zu Kämpfen mit Milizionären der radikal-islamischen Hizbollah. Hizbollah-Quellen in Tyrus behaupteten am Samstag, dass die abgesetzten Soldaten in einen von der Hizbollah vorbereiteten Hinterhalt geraten und dass acht von ihnen getötet oder verletzt worden seien. Bei der Aktion sind die israelischen Streitkräfte jedenfalls auf heftigen Widerstand gestossen. Laut einem Militärsprecher wurden sechs israelische Soldaten verletzt, zwei von ihnen schwer.
Raketen auf Israel abgeschossen
Die israelischen Streitkräfte haben bei der Kommandoaktion nach eigenen Angaben mehrere Hizbollah-Kämpfer getötet, die wiederholt Raketen auf Israel abgeschossen hätten. Ziel des Einsatzes sei es gewesen, die Zelle zu zerstören und gleichzeitig Opfer in der Zivilbevölkerung zu vermeiden, sagte ein Marineoffizier der Nachrichtenagentur AP. Zwei bis drei Hizbollah-Kämpfer seien im Nahkampf in einer Wohnung getötet worden, sechs bis sieben weitere in der Nähe.
In der Nähe des palästinensischen Flüchtlingslagers Al Bass am Stadtrand von Tyrus schoss eine israelische Drohne am Morgen eine Rakete auf ein Motorrad ab. Dabei wurden nach libanesischen Angaben der Fahrer und sein Sozius getötet.
250 Luftangriffe
Nach Angaben der libanesischen Polizei flog die israelische Luftwaffe am Samstag die schwersten Angriffe auf den Süden des Landes seit dem Beginn der Bombardements am 12. Juli. Innerhalb von sieben Stunden seit dem Morgengrauen seien 250 Luftangriffe gezählt worden, bei denen rund 4000 Geschosse abgefeuert wurden, teilte die Polizei in Tyrus mit. 15 Menschen seien verletzt worden. Rund 15 Dörfer nahe der Grenze zu Israel würden systematisch zerstört. Die meisten Bewohner seien bereits geflüchtet.
Die israelischen Streitkräfte bestätigten Angriffe auf den Süden Beiruts. Libanesischen Medienberichten zufolge kamen vermutlich vier Menschen ums Leben. Bei den Luftangriffen wurden nach israelischen Militärangaben unterirdische Anlagen der Hizbollah, Waffenlager und Raketenstellungen zerstört. Israel hat angekündigt, dass es grenznahe Dörfer, die als Hochburgen der Hizbollah-Miliz gelten, zerstören will, um im Süden eine Sicherheitszone einzurichten.
Israelischer Soldat getötet
Die Hizbollah tötete in Südlibanon in der Nacht einen israelischen Soldaten, als seine Einheit bei Tajiba mit einer Mörsergranate beschossen wurde, wie die israelische Armee mitteilte. Die Zahl der in dem Krieg getöteten israelischen Soldaten stieg damit auf 45.
Die Hizbollah feuerte am Samstagmorgen erneut mehrere Raketen auf die israelische Hafenstadt Haifa ab. Fünf Personen wurden von Splittern verletzt, wie Sanitäter mitteilten. Am Freitagabend trafen von der Miliz aus Libanon abgefeuerte Raketen erstmals die mehr als 70 Kilometer entfernt von der Grenze gelegene israelische Stadt Hadera. Es war der bisher südlichste Ort in Israel, der von einer Hizbollah-Rakete getroffen wurde.
US-Sondergesandter in Beirut
Zu Gesprächen über ein Ende der Kämpfe zwischen Israel und der Hizbollah-Miliz ist der stellvertretende US-Aussenminister David Welch am Freitagabend in Beirut eingetroffen. Welch ist am Samstag zu Gesprächen mit hochrangigen Politikern zusammengekommen, um einen Ausweg aus dem inzwischen 25 Tage dauernden Krieg zu beraten. Er traf zunächst den schiitischen Parlamentspräsidenten Nabih Berri.
Berri gilt als wichtiger Kontaktmann zwischen der libanesischen Regierung und der Hizbollah-Miliz. Über den Inhalt der Unterhaltung wurde nichts bekannt. Unter starken Sicherheitsvorkehrungen hat anschliessend der libanesische Ministerpräsident Fuad Siniora am Regierungssitz Welch empfangen. Welch wollte nach dem Treffen mit Siniora nach Israel weiterreisen.
Welchs Besuch in Beirut wurde von Protesten gegen die USA begleitet. Dutzende Menschen versammelten sich vor Sinioras Büros in der Hauptstadt, um die ihrer Ansicht nach eindeutige US-Unterstützung für die israelischen Angriffe in ihrem Land zu verurteilen. Der libanesische Präsident Émile Lahoud hat unterdessen die Rolle der USA im gegenwärtigen Konflikt mit Israel scharf kritisiert. Dem Nachrichtenmagazin "Focus" sagte er, "die USA sind kein ehrlicher Vermittler, sie stehen zu 100 Prozent Israel bei".
UNO-Resolution nächste Woche erwartet
EU-Chefdiplomat Javier Solana erwartet für die kommende Woche die Verabschiedung einer UNO-Resolution über einen Waffenstillstand in Libanon. Der Weltsicherheitsrat werde von Montag an über eine solche Entschliessung beraten, sagte Solana. Zwar standen die USA und Frankreich nach US-Angaben am Freitagabend (Ortszeit) in New York bezüglich einer Resolution kurz vor einem Durchbruch bei strittigen Fragen. Eine Einigung gab es aber noch nicht.
UNO-Generalsekretär Kofi Annan diskutierte nach Angaben eines UNO-Sprechers in eiliger "Telefon-Diplomatie" über die Resolution mit US-Präsident George W. Bush, dem französischen Präsidenten Jacques Chirac, dem britischen Premierminister Tony Blair, dem stellvertretenden russischen Aussenminister Andrei Denisow und dem libanesischen Ministerpräsidenten Fuad Siniora.
Indonesische Selbstmordattentäter trainieren
Die USA und Frankreich rangen bei ihren Gesprächen um die Bedingungen für den Einsatz einer internationalen Schutztruppe in Libanon. Frankreich ist als Führungsmacht der internationalen Truppe im Gespräch. Gestritten wird vor allem über den Beginn eines Einsatzes.
In Indonesien bereiten sich angeblich rund 200 Selbstmordattentäter auf Anschläge in der Nahost-Krisenregion vor. Die Männer seien von der Bewegung muslimischer Jugendlicher in Asien (AMYM) rekrutiert worden und würden im indonesischen Teil der Insel Borneo trainiert, zitierten indonesische Medien am Samstag einen Sprecher der Organisation.
Hilfsorganisationen warnen vor Ausbruch von Epidemien
Hilfsorganisationen haben vor einem Ausbruch von Epidemien in Libanon gewarnt. "Wir befürchten Epidemien vor allem im Süden", sagte der Mitarbeiter des Kinderhilfswerks UNICEF, Paul Sherlock, am Samstag. Im Süden sässen die Menschen seit Tagen in Schutzräumen ohne Wasser und Strom. "Uns liegen Informationen vor, dass einige, auch Kinder, sogar Wasser aus verschmutzten Flüssen trinken." Wegen der andauernden Luftangriffe und der Kämpfe am Boden könnten die Hilfsorganisationen die Gebiete im Süden nicht erreichen.
Auch anderswo bahnt sich eine Katastrophe an. Durch die Bombardierung der Brücken nördlich von Beirut am Vortag sei die Versorgungsroute für Konvois mit Hilfsgütern über Syrien dicht, sagte Astrid van Genderen Stort vom Flüchtlingshilfswerk UNHCR. Libanesische Behörden schätzen, dass rund 800'000 Menschen im Land auf der Flucht sind, 130'000 seien in beengten Notunterkünften, vor allem Schulen, untergebracht. Einige Flüchtlinge lebten sogar auf Baustellen. |