Die Transferpolitik darf nicht isoliert betrachtet werden, sondern sie muss immer im Zusammenhang mit Zielsetzung/ Konzept und Spielsystem/ Philosophie gesehen werden. Ich weiß, dass kritische Stimmen in diesem Forum sehr leicht runtergemacht werden, aber nur die Auseinandersetzung mit der Kritik hilft uns wirklich weiter. Mir hat der Beitrag von Schmidt-Happens vom 17.01. gut gefallen, ich möchte noch ein paar Dinge ergänzen.
Der BVB befindet sich nach überaus erfolgreichen Jahren in einer schwierigen Situation. Bayern spielt sowohl vom Kader als auch vom Management in einer anderen Liga, die CL-Qualifikation wird keinesfalls ein Selbstläufer, der Pokal ist sportlich und finanziell eigentlich ein Muster ohne Wert (EL-Teilnahme!), in der CL dürfte es mit den bislang gezeigten Leistungen evtl. noch für die nächste Runde reichen. Die Unruhe, vielleicht sogar Angst nimmt zu, weil die Führung nicht den Eindruck vermittelt, ein klares Konzept, einen roten Faden zu haben.
Eine klare Zielsetzung, die da lauten könnte: Unser Ziel muss es sein, in den nächsten Jahren die direkte Quali für die CL zu schaffen, um: - gesicherte Einnahmen von 20 Mio + zu erhalten, die es uns erlauben, uns zu verstärken und - guten Spielern einen Anreiz zu bieten, zum BVB zu kommen, bzw. zu bleiben und damit mittelfristig den Abstand zu Bayern zu verkleinern.
Stattdessen hört man: „In diesen beiden Spielen wollen wir die Bayern ärgern“ (Klopp) „Unser Kader ist bewusst so klein gehalten, damit die Spieler möglichst viel Einsatzzeit erhalten“ (Zorc vor 1. BL-Spiel in Augsburg) oder „ich bin kein Freund von Winter-Transfers“ (Zorc) „Wir sind kein Ausbildungsverein“ oder „wir werden richtig investieren“ oder „es ist kein Beinbruch, wenn wir in der EL überwintern“ (Münchhausen Watzke) Im neuen Jahr lautet die Parole: „Jetzt ist Platz 2 unser Ziel“
Der Transfermarkt ist kein Teufelswerkzeug, sondern ein legales Instrument, dessen Hilfe ich mich bedienen kann, um meinen Kader zu verstärken oder um durch Transfererlöse Handlungsspielraum zu gewinnen. Ein Wechsel ist eine völlige normale Abgelegenheit und kein Verbrechen. Auf dem Markt gilt das Gesetz von Angebot und Nachfrage; hier geht es um Glaubwürdigkeit und Seriosität. Ausleihe oder Ausstiegsklausel können - vernünftig genutzt - gute Alternativen sein. Wichtig dabei immer, dass ich rechtzeitig agiere, um nicht zum Reagieren gezwungen zu werden.
Es gibt zwei Möglichkeiten: entweder habe ich ein System und muss mir die geeigneten Spieler besorgen, oder ich muss mit meinen Spielern auskommen und mir ein passendes System zimmern. Aber, wie in der Industrie gilt auch beim Fußball, dass ich mein System immer wieder auf den Prüfstand stellen muss, um zu sehen, ob es noch erfolgreich ist.
Das Pressing oder Gegenpressing hat nach erfolgreichen Jahren offensichtlich an Wirksamkeit verloren. Die Gegner stellen sich besser darauf ein. Das intensive Laufspiel stößt bei sog. Stars nicht unbedingt auf Gegenliebe. Spieler wie Götze oder auch Gündogan wollen lieber Fußball spielen anstatt pro Spiel 12 km zu laufen. Wenn man nur laufen will, kann man sich „ein paar Schwatte aus Kenia oder Äthiopien“ holen, die machen es besser für weniger Kohle. Einen Spieler wie Reus (war vor zwei Jahren Spieler der Saison) oder jetzt Miki für 25 Mio zu verpflichten, um sie zu Arbeitsbienen umzufunktionieren, ist in höchstem Maße unwirtschaftlich und auf gut DEUTSCH „Perlen vor die Säue geworfen“. Laufspiel und Tempo resultieren in fehlender Konzentration/ Präzision beim Abspiel oder Torschuss. Anstatt präzise in den Fuß zu spielen und sich wieder anzubieten (lernt man so in der E-Jugend), verstrickt man sich in unnötige Dribblings mit Ballverlusten in der eigenen Hälfte oder spielt mit Fußspitze oder Hacke. Es geht fast nur über die Mitte, über links so gut wie gar nichts, rechts zwar hoher Aufwand, aber aufgrund fehlender Präzision nur selten Erfolg, wie beim 1:2 in London.
Ein weiterer Knackpunkt – die Rotation. Rotation bedeutet nicht, dass jeder, frei nach dem Motto „wer will noch mal, wer hat noch nicht“ (Zorc?), rankommt oder, dass der Mannschaftsarzt die Aufstellung diktiert. Rotation hat zum Ziel, durch vorausschauende Planung mit Blick auf den Terminkalender den stärker belasteten Leistungsträgern (Buli, CL, Pokal und Nationalteam) schöpferische Pausen zu gönnen und sie nicht zu verheizen. Das setzt natürlich adäquaten Ersatz auf der Bank voraus, womit sich der Kreis zur Transferpolitik wieder schließt.
Mit sportlichem Gruß
Kritikus 65 ----------- Deutschland, schönes Land, schwierige Rechtschreibung (für Ausländer) |