Warum Streumunition für die Ukraine moralisch vertretbar ist
Die USA wollen der Ukraine Streumunition für ihren Abwehrkampf liefern – und ernten dafür internationale Kritik. Das ist gleich aus mehreren Gründen falsch. Kiew hat gute Gründe, die gefährliche Munition sogar auf eigenem Boden einzusetzen.
Die moralische Empörung darüber, dass die USA nun Streumunition an die Ukraine liefern will, die von vielen Staaten geächtet wird, ist unangemessen. Schließlich setzt Russland diese Art von Munition seit Anfang des Krieges massenhaft ein, unter anderem auch gegen zivile Ziele. Davon ist bei den Ukrainern nicht auszugehen, die weiterhin versuchen, sich an die Regeln des Kriegsvölkerrechts zu halten, gegen die Moskau systematisch verstößt.
Streuwaffen verstoßen in diesem Fall jedenfalls nicht per se gegen Völkerrecht, weil weder Russland, die Ukraine noch die USA das Osloer Übereinkommen zum Streubomben-Verbot unterzeichnet haben. Es kommt also in diesem Krieg zumindest rechtlich gesehen nicht darauf an, ob sie eingesetzt werden, sondern wie.
Der Einsatz dieser Munition zur Eroberung von Schützengräben und anderen befestigten Verteidigungsstellungen würde es den Ukrainern zudem ermöglichen, ihre teureren und begrenzten Bestände an Präzisionswaffen wie etwa HIMARS-Raketen aufzusparen, um diese nur für besonders wichtige Ziele zu benutzen.
Natürlich ist das eine schwierige Abwägung für die Ukraine. Streumunition wird von vielen Staaten geächtet, weil nicht explodierte Sprengkörper noch Jahrzehnte nach Ende eines Konfliktes eine Gefahr für Zivilisten darstellt. Doch die umkämpften Gebiete der Ukraine sind jetzt schon weitflächig „verseucht“, etwa von dichten Minenfeldern, die die Russen verlegt haben, wie auch durch russische Streumunition und andere Artilleriegranaten, die eine viel höhere Versagensrate aufweisen als westliche Munition.
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