"Es ist in diesem Leben möglich, Schlechtes zu tun, um Gutes zu erreichen."
Möglich ist es vielleicht, aber es bringt nur selten Glück und der Zweck heiligt auch nicht die Mittel! Eine derartige Argumentation ist sehr gefährlich, sie öffnet Tür und Tor für alle möglichen Grausamkeiten. Es ist dieselbe Argumentation, die am Ende dazu führt, dass einem Staat der Einsatz von chemischen Waffen plötzlich als legitimes Mittel erscheint - oder gar der Einsatz von Atomwaffen (Stichwort Hiroshima)
Abgesehen davon sieht man in Kriegen überall Schlechtes, aber nur wenig Gutes.
Natürlich kann man nicht einfach wegschauen, wenn irgendwo Chemiewaffen eingesetzt werden! Das macht aber auch keiner. Beim nächsten G20 Gipfel wird dies eines der Kernthemen sein. Natürlich sollte dies auch nicht ohne jegliche Folgen bleiben! Natürlich ist das auch ein Fall für den Internationalen Strafgerichtshof! Ein Militärschlag sollte allerdings immer die Ultima Ratio sein, wenn alle anderen zur Verfügung stehenden milderen und verhältnismäßigen Mittel bereits ausgeschöpft wurden, um den entsprechenden Staat zu einem rechtstreuen Verhalten zu bewegen, oder besser gesagt, von (weiteren) Kriegsverbrechen abzuhalten.
Es geht hier ausdrücklich auch nicht um humanitäre Hilfe, und auch nicht darum, ein Regime zu stürzen oder eine Region befrieden zu wollen, sondern darum, ein Kriegsverbrechen, das stattgefunden hat, zu sanktionieren und abzuschrecken - nur um das nochmal festzuhalten.
Ein militärisches Vorgehen bedürfte dabei auch einer völkerrechtlichen Ermächtigungsgrundlage, um sich innerhalb des Rechts zu bewegen und nicht seinerseits Unrecht zu schaffen.
Zur schwierigen völkerrechtlichen Situation ein interessanter Artikel: http://www.lto.de/recht/hintergruende/h/...97792f6f8b30b4d2cccf7e6ddb
Daneben gibt es dann allerdings auch noch eine äußerst schwierige politische Situation. Zum einen reicht es hier nicht aus, nur darauf zu schauen, welche Folgen ein Militärschlag auf Syrien als solches hätte (wie würde Assad eigentlich seinerseits auf einen Vergeltungsschlag reagieren? Was passiert eigentlich, wenn der Putsch gegen seine Regierung Erfolg haben sollte? Trägt ein Militärschlag wirklich zu einer Verbesserung bzw. zur Verhinderung weiterer Grausamkeiten bei?)
Man darf auch die komplizierte Situation im Nahen Osten insgesamt nicht aus den Augen verlieren. Das ist ein einziges Pulverfaß! Übergeordnetes Anliegen sollte es sein, die Region zu befrieden und für Stabilität zu sorgen. Man muss hier höllisch aufpassen, nicht ausversehen eine Situation herbeizuführen, die noch zu weiteren und möglicherweise weitaus katastrophaleren Eskalationen führt.
Wenn man irgendwo auf dieser Welt ein Potenzial erkennen kann, das dazu geeignet wäre, sich in einem weiteren Weltkrieg zu entladen, dann sehe ich es im Nahen Osten, und nicht etwa in der Frage, ob einige der Eurostaaten zu einer eigenen Währung zurückkehrten. Dies wird zu einer Frage von Krieg und Frieden hochstilisiert; bei solchen militärischen Interventionen hat man dann hingegen nicht einmal den leisesten Anflug von Bedenken hinsichtlich seiner Gefahren?
Es geht dabei noch nichteinmal alleine um die Stabilität im Nahen Osten, sondern auch um die Stabilität innerhalb unserer Weltgemeinschaft. Die Interessen- und Bündnislage ist da doch sehr verschieden. Unilaterale Alleingänge der U.S.A. destabilisieren letztlich die UNO, eine der größten Errungenschaften nach den letzten beiden Weltkriegen, um den Frieden auf der Welt ein Stück weit zu befördern und ihn dort, wo er besteht, auch zu bewahren.
Möchte man das alles tatsächlich in den Kauf nehmen?
Und wie ginge es nach solch einem Militärschlag Deiner Meinung nach eigentlich weiter? Es gibt keine geeinte vernünftige Opposition, die der Westen unterstützen könnte. Nur eine Ansammlung mehr oder minder extremistischer Gruppen, die sich zunehmend radikalisieren.
Das ganze ist auf humanitärer, politischer und juristischer Ebene ein einziges Dilemma!
Ohne richtiges Friedenskonzept, das von der UNO und der arabischen Liga breite Unterstützung findet und ohne eine völkerrechtliche Ermächtigungsgrundlage halte ich den Weg der U.S.A. für etwas schlechtes, ein aktionistisches gefährliches und unkalkulierbares militärisches Abenteuer, bei dem weitere Menschen sterben werden.
(Von welcher Seite das Gas nun tatsächlich eingesetzt wurde ist indessen, soweit ich weiß, noch immer nicht zweifelsfrei geklärt)
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