Die Einwände von Therion teile ich. Es gab in der DDR die echt Überzeugten und "aufrechte Kommunisten".
Das Problem mit dem DDR-Sozialismus war die Kader-Regierung - jene "Animal-Farm"-Konstruktion, in der Funktionärs-"Schweine" (um in der Orwell-Metapher zu bleiben) Sonderrechte hatten und gegen Westmark im Intershop kaufen konnten, während die darbende Masse mit Parolen ruhig gestellt wurde - oder wahlweise bei Republikflucht hinterrücks erschossen.
In diesem autokratischen Kader-System, dass dem in der UdSSR ähnelte, wurden in der DDR zugleich - womöglich unbewusst - Nazi-Strukturen reproduziert, die auf Unterdrückung und starke Kontrolle (Stasi statt Gestapo) der Bevölkerung hinausliefen - wenn auch nun unter marxistisch-leninistischen Prämissen.
Exemplarisch zeigt sich die innere ideologische Widersprüchlichkeit der DDR am Aufstieg und Niedergang Wolf Biermanns. Biermanns Vater, Kommunist und Werftarbeiter bei Blohm und Voss, wurde im Krieg nach Auschwitz deportiert und von den Nazis ermordet. Anfang der 1950er Jahre zog Biermann freiwillig mit Hilfe der KPD als überzeugter Kommunist in die DDR. Seine hohe innere Überzeugung brachte er anfangs auch in seinen Liedern zum Ausdruck. Doch als Querdenker und Hinterfrager mit wachem Auge geriet Biermann immer stärker unter Beschuss der grauen DDR-Systemlinge, die sich hinter dem Gewaltapparat verschanzten und ihn ungeniert unterdrückten, weil er nicht "auf Linie" war. Das Finanzamt hat sogar seine Steuernummer gelöscht, weil er als Systemkritiker - der am Ende wurde - keine Honorare mehr zu erwarten habe. Das Ganze gipfelte mit seiner Ausbürgerung.
Ich hab Biermann und seine Lieder immer gern gemocht, musikalisch wie sprachlich. Sie waren sehr authentisch.
Dass er im Westen im Alter zum strammrechten CDU-Anhänger mutierte, kann man als Ironie der Geschichte betrachten. Ich kann gut verstehen, dass Biermann - der in der DDR jahrelang nach Strich und Faden schikaniert worden war -, die Linke-Fraktion bei seinem Konzert im Bundestag als "Drachenbrut" angepöbelt hat. Er ist sicherlich ein Querulant, aber die DDR-Schranzen haben ihm auch ziemlich übel mitgespielt.
Der Spruch "Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch" (Bert Brecht) galt und gilt eben leider auch für die "stalinistische" DDR. Und heute, im östlichen Osten von Dunkeldeutschland, wo sich Deute und Vanille gute Nacht sagen, ist der Schoß sogar noch so fruchtbar, dass lauter hässliche kleine Höckes daraus hervorkriechen. |