Es gibt immer eine zweite Seite der Medaille, oder wo Licht ist, ist auch Schatten. Wie wahr, wie wahr.
Das Wahre ist dabei bekanntlich das Ganze, wer eine Seite ausspart muss sich zumindest den Vorwurf der Unvollständigkeit und Einseitigkeit gefallen lassen. Richtig interessant wird es dabei m.M. nach eigentlich erst dort, wo dann nicht nur unterschiedliche Aspekte und Seiten festgestellt werden, sondern auch Bilanz gezogen wird.
Perfekt ist natürlich gar nichts im Leben, ein Umstand, dessen man sich gar nicht bewußt genug sein kann. Darin liegt oftmals viel Leid, aber nicht selten auch großes Glück und aus einer ästhetischen Betrachtung sogar seine eigentliche Schönheit. Glücklicher Weise sind Eltern nicht perfekt, glücklicherweise sind Kinder nicht perfekt. Glücklicherweise ist Schule nicht perfekt, glücklicherweise sind Beziehungen im allgemeinen nicht perfekt und glücklicherweise sind wir auch selber nicht perfekt. (Was allerdings nicht dahingehend missverstanden sollte, zu meinen, etwa nicht an sich arbeiten zu brauchen - ganz im Gegenteil)
Schön und ebenfalls sehr wahr der Satz von Thomas Mann, nach dem hinter allem menschlichen Schaffen, immer ein trotzdem da steht. (Im Original: Alles Große steht als ein Trotzdem da)
In Schieflage gerät das ganze jedoch wenn jemand nur noch auf die negativen Aspekte hinweist und diese nun als alleinige absolute und am besten noch letzte Wahrheit hinter den Dingen behaupten möchte.
Anders gesagt, wenn jemand an einem überwiegend stahlenden Sonnentag auf die Schatten unter den Bäumen zeigt und behauptet, es wäre ein schrecklich düsterer Tag, handelte es sich um eine eigentümlich unverhältnismäßige Betrachtung, die so an der Wirklichkeit vorbeiginge. Nicht etwa weil da keine Schatten unter den Bäumen wären - die sind schon da - sondern weil alles außerhalb dieser Schatten außer Acht gelassen wird. Der Spezialfall wird einfach als absolut gesetzt und entgegen der tatsächlichen Umstände zum Normfall modeliert.
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