Das ist wirklich eine interessante Frage, die Du da gestellt hat. Aber meines Erachtens eine sehr schwer zu beantwortende Frage. Wenn Du seit 6 Jahren dabei bist, müsstest Du doch den Crash 2008 mitbekommen haben. Und, wie war die Stimmung davor? Weißt Du es noch? Ich selbst weiß es nicht mehr.
Gibt es eigentlich einen wissenschaftlich fundierten Zusammenhang zwischen Stimmung und Börsenverhalten? Ich kenne natürlich den Spruch von Kostolany: 'Wenn der Taxifahrer mich nach einem Börsentipp fragt, ist der richtige Zeitpunkt zum Einstieg, wenn der Taxifahrer mir einen Börsentipp gibt, der richtige Zeitpunkt für den Ausstieg' (oder so ähnlich), aber die darin ausgedrückte Euphorie beim Massenpublikum habe ich nur um die Jahrtausendwende gespürt und anschließend zumindest in Deutschland nicht mehr.
Trotzdem hatten wir seitdem schon einen gewaltigen Crash, nämlich den 2008. Dieser war aber in meiner Erinnerung nicht durch die gleiche Euphorie gekennzeichnet wie der im Jahr 2000. Sondern ist schlicht und ergreifend durch die wirtschaftliche Superkrise ausgelöst worden, die wiederum durch das marode Finanzsystem ausgelöst worden ist. Stimmung hin, Stimmung her.
In meinen Augen ist die heutige Situation nicht vergleichbar, weder mit der im Jahr 2000 noch mit der im Jahr 2008. Die heutigen Bewertungen sind (bis auf Übertreibungen in wenigen Sektoren) aufgrund der Niedrigzinsphase und der deswegen fehlenden Alternativen gut begründbar. Manche Werte (Versicherungen, Banken, Ölwerte, IT-Bluechips wie Microsoft und IBM) haben immer noch niedrige Bewertungen. Ich habe das Gefühl, dass die Börse selten insgesamt so rational bewertet war wie zur Zeit.
Und trotzdem kann es crashen. Kannst Du Dich noch an den Minicrash 2011 erinnern? Der ist mir bis heute ein Rätsel geblieben. Ich weiß nur noch, dass, nach monatelanger Hängepartie, endlich der amerikanische Haushaltsstreit positiv geklärt wurde. Jeder dachte, jetzt geht es hoch, und die Kurse fielen...
Ich habe den Eindruck, dass aktuell jeder meint, jetzt geht es über 10.000 und dann wieder runter. Das sind die besten Voraussetzungen dafür, dass das Gegenteil passiert. Auch wenn man ehrlicherweise sagen muss, dass denjenigen, die hier die Kurse machen (i.w. Ausländer) der DAX 10.000 vermutlich am A.... vorbei geht.
Zum Abschluss noch ein Effekt, der den europäischen Börsen m.E. schaden könnte: Sollte der Euro in eine anhaltende Schwächephase zum Dollar eintreten, könnte ich mir vorstellen, dass die Amerikaner Geld aus Europa abziehen und damit die Kurse nach unten ziehen. Das hat mit der Stimmung aber wenig zu tun.
|