18.6.04 ARD.de
Alstom ist gerettet - aber nur, wenn alles so kommt wie erhofft. Denn das Unternehmen sieht sich zahlreichen Risiken ausgesetzt. Grund genug für die Anleger, die Aktie erneut auf Talfahrt zu schicken. Stolze 17 Seiten nimmt die Aufzählung und Erläuterung diverser Risiken im Alstom-Geschäftsbericht 2003/2004 ein. Allein die Faktoren, die Alstom als "Hauptrisiken" bezeichnet, füllen zwölf Seiten. Das allein wäre nicht wirklich beunruhigend, denn unter den genannten Gefahren sind viele, die bei fast allen Industrieunternehmen gang und gäbe sein dürften: So dürfte sich nicht nur Alstom mit säumigen Schuldnern und bankrotten Kunden oder Lieferanten herumschlagen. EU hat Zweifel Besorgnis erregend sind für die Franzosen vielmehr zwei Risiken, die zu Recht gleich zu Beginn erwähnt werden (siehe auch Link "Alstom-Jahresbericht 2003/04", S.201-217). Zum Einen hat die EU-Kommission bei Alstom noch ein Wörtchen mitzureden. So muss das Ende Mai verabschiedete Rettungspaket der französischen Gläubigerbanken noch abgesegnet werden - wobei das "Ja" der Kommission eventuell durch Verkäufe von Unternehmenssparten teuer erkauft werden muss.
Zudem läuft bereits seit September 2003 ein offizielles Verfahren, das die Geschäfte des Unternehmens mit französischen Staatsfirmen unter die Lupe nimmt. Die Kommission vermutet hier unerlaubte staatliche Subventionen für Alstom. "Ein negativer Bescheid der Kommission oder jegliche Verzögerung der Zustimmung kann unser Geschäft ernsthaft beeinträchtigen", schreibt Alstom in seinem Jahresbericht. Das ist noch milde ausgedrückt, denn sowohl ein ablehnender Bescheid der EU-Kommission für das Rettungspaket als auch ein negativer Ausgang des Verfahrens dürften die Existenz des Unternehmens gefährden.
Pläne hängen am Wirtschaftsaufschwung Dass die EU Alstom den Garaus bereitet, ist nicht sehr wahrscheinlich - im Gegensatz zu dem anderen großen Risiko, dem der Konzern ausgesetzt ist: Alstom sieht eine hohe Abhängigkeit seines Geschäftes von einem dauerhaften Wirtschaftsaufschwung. "Wenn sich die Erholung auf einigen unserer Märkte sowie die Rückkehr des Kundenvertrauens nicht fortsetzt, könnte sich das negativ auf unser Ergebnis auswirken." Im Klartext: Bleibt der Aufschwung aus, machen sich die Alstom-Kunden rar. Für diesen Fall kündigen die Franzosen schon mal "zusätzliche Restrukturierungsmaßnahmen und Kosten" an.
Damit würde womöglich wahr, was eigentlich nicht sein darf - zumindest nach Aussage von Alstom-Chef Patrick Kron "In zwei Jahren darf Alstom kein Geld mehr verlieren. Dann wird man mit einem Partner den Weg des Wachstums einschlagen können", sagte er Ende Mai, nachdem die sieben Gläubigerbanken das milliardenschwere Rettungspaket für das Unternehmen geschnürt hatten. Ob sich so ein Partner auch bei einer Fortsetzung der Alstom-Krise finden lässt, darf allerdings getrost bezweifelt werden. Deshalb macht sich Ernüchterung breit - auch unter den Anlegern: Nachdem die Alstom-Aktie Ende Mai kurzzeitig von ihrem Penny-Stock-Dasein erlöst wurde, lotet sie nun neue Tiefen aus. Am Freitag fiel sie um über fünf Prozent auf 0,76 Euro. Nicht nur das Kundenvertrauen muss Alstom also zurückgewinnen, sondern auch das der Anleger. |