"Böhmermann steht für alles, was beim öffentlich-rechtlichen Fernsehen falschlaufen kann: maximale Einseitigkeit, laxer Umgang mit journalistischen Standards und bei Fehlern statt Einsicht ein Höchstmaß an Arroganz. Wenn jemand nach einem Grund suchte, über eine Aussetzung der Zahlung seiner Rundfunkgebühr nachzudenken, ich würde sagen: Hier wäre er.
Es ist auch nicht das erste Mal, dass eine Böhmermann-Recherche aus dem Ruder läuft. Ein Beitrag über den CSU-Mann und Bosnien-Beauftragten Christian Schmidt enthielt so viele Fehler, dass es ganze Zeitungsseiten brauchte, um die Sache geradezurücken. Auch von der größten Enthüllung, der Story über die Maskendeals des Influencers Fynn Kliemann, blieb am Ende wenig übrig, jedenfalls nichts Strafwürdiges. Vor wenigen Tagen hat die Staatsanwaltschaft Stade ein Ermittlungsverfahren gegen den Kliemann-Partner Tom Illbruck eingestellt.
Man muss an dieser Stelle vielleicht doch einmal an den Medienstaatsvertrag erinnern, der die Geschäftsgrundlage des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bildet. Die „Zeit“ oder die „Süddeutsche“ dürfen sich so einseitig aufführen, wie sie wollen. Wenn die „Zeit“ beschließt, morgen jeder Ausgabe einen Wahlaufruf für die Grünen beizulegen, dann liegt das im Ermessen der Chefredaktion. Ich würde nicht dazu raten, da es viele Leser gibt, die schon jetzt den Eindruck haben, dass die „Zeit“ den Grünen zu nahe steht. Aber die Entscheidung ist allein eine Entscheidung des Blattes.
ARD und ZDF sind nicht so frei, wen sie bevorzugen und wen nicht. Die Sendeanstalten sind per Staatsvertrag gehalten, unvoreingenommen und überparteilich zu berichten. Dafür werden ihnen Privilegien eingeräumt, die sonst nur Finanzbehörden haben. Satire kann schlecht überparteilich sein, das liegt in der Natur der Sache. Aber man könnte sich bemühen, für einen Ausgleich zu sorgen. Doch die Antwort auf Böhmermann ist nicht ein Böhmermann von der anderen Seite, sondern „Reschke Fernsehen“, also ein Programm, das im Zweifel noch linker sein will als das Original.
Es gibt offenbar auch keine Programmaufsicht, wenn man für die richtige Sache streitet.
Der Rundfunkrat kann sehr pingelig sein, so ist es nicht. Als Frank Plasberg einmal nach Ansicht einer Gleichstellungsbeauftragten die falschen Gäste zu einer Talkshow über Gleichberechtigung eingeladen hatte, musste die Sendung wiederholt werden, damit auch die Landesarbeitsgemeinschaft kommunaler Frauenbüros zufrieden war. Nur bei Böhmermann gibt es nie ein kritisches Wort, jedenfalls keines, von dem man wüsste. Wer als politisch zuverlässig gilt, darf sich alles erlauben, auch als Dreckschleuderle."
https://www.focus.de/politik/deutschland/...weigern_id_194221288.html
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