... ich meine, dass sich sehr wohl viel Positives getan hat:
LH verhandelt wieder mit den Gewerkschaften und der Interessenvertretung der Piloten "Vereinigung Cockpit" (VC). Und wenn man von den Verhandlungen lange nichts hört, dann ist das m. E. doch positiv. Denn ein Abbruch dieser Gespräche und wieder aufflammende Streiks würden nicht nur erneut hunderte Mio. Euro kosten, sondern letztlich den wirtschaflichen Zusammenbruch der LH bedeuten. VC und die Gewerkschaften haben inzwischen auch erkannt, dass die LH zwingend von ihren zu hohen Kosten herunter kommen muss. Andernfalls sind die heute gut bezahlten Arbeitsplätze bei der LH eines Tages weg und die stolzen LH-Piloten können dann allesamt zu halbem Gehalt bei Billigfliegern anheuern. Konkurrenzfähige Kosten / Ticketpreise sind für die LH schlichtweg eine Überlebensfrage - und Spohr packt die Probleme wenigstens an. Nachdem sämtliche Streiks in der Vergangenheit ergebnislos verlaufen sind, wird jetzt endlich wieder ernsthaft darüber diskutiert, wie die LH den hoch subventionierten Fluglinien aus den Emiraten und den Low Cost Carriern Ryanair, Easyjet, Norwegian, Vueling und Co. Paroli bieten kann.
Das von VC vor ein paar Wochen angebotene "Gesamtpaket" von 400 Mio. Euro an Kosteneinsparungen zeigt das Verantwortungsbewusstsein der neuen VC-Führung. Das Paket wird aber vermutlich nicht ausreichen, um die LH wieder auf einen stabilen Wachstumspfad zu bringen. Doch wie üblich ist das ja zunächst mal ein erstes und wichtiges "Friedensangebot". Der Wille beider Seiten ist unverkennbar, diesmal Lösungen zu finden. Die LH wird mit VC und den Gewerkschaften am Ende Kompromisse schließen. In wenigen Wochen wird das wohl so weit sein.
Nachdem es aber kaum möglich sein wird, die Gehälter der Piloten per Federstrich um 40 bis 50% auf das Niveau der Billigflieger zu senken, wird VC letztendlich doch die Kröte der künftigen Zweiklassen-Gesellschaft im Konzern schlucken müssen: Die alte "Premium-LH" und daneben der eigene Low Cost Carrier Eurowings (inklusive Germanwings, die in Eurowings integriert wird). Der Übergang zur neuen Struktur erfolgt gleitend, der Besitzstand der "alten" Piloten kann ja nicht radikal reduziert werden. Deshalb wird Eurowings als eigenständiger Carrier mit ähnlichen Kostenstrukturen wie Ryanair und Easyjet etabliert. Bei Eurowings werden neue Piloten nach Ihrer Ausbldung ihren Berufsweg künftig mit deutlich niedrigeren Gehältern als bei der LH beginnen. Per Saldo sollen die Kosten bei Eurowings um rund 40% unter denen von LH liegen.
Mein Fazit (im Gegensatz zu zu hotWolf):
- Für LH kommen bessere Zeiten. Die letzten Jahre mit den stärker vordringenden Billig-Carriern und den vielen Streiks waren hart für die LH. Derzeit sind die Kosten pro Sitzkilometer zu hoch. Aber die LH ist tatkräftig dabei, sich an die veränderten Marktverhältnisse anzupassen. Spohr und sein Team verfolgen hartnäckig und zäh den Weg der Umstrukturieung zu einem gesunden und erfolgreicheren Unternehmen. Und die Passagierzahlen liegen Monat für Monat über den vom Streik beeinflussten Werten des Vorjahres. Es ist also eine Normalisierung eingetreten, die den Effekt der gesunkenen Ticketpreise überkompensiert und zu den jünsten Verbesserungen der Ergebnisse beigetragen hat. Die Fortsetzung dieses Kurses muss und wird m. E. erfolgreich sein (Frau Merkel würde sagen: "Alternativlos"). Auch neuen Strukturen bei den Ticketpreisen und die ab morgen (1.9.) erhobene GDS-Buchungsgebühr werden bereits kurzfristig zu weiteren Ergebnisverbesserungen beitragen. Die Wiederaufnahme der Dividendenzahlung für 2015 (Spohr: "Zwischen 32 und 81 Cents") wurde bereits angekündigt.
- Eurowings wird dank günstiger Kostenstrukturen nicht nur auf den Kurzstrecken in Europa das aggressive Vordringen der ausländischen Low Cost Carrier abblocken und bietet die große Chance, neues Wachstum zu generieren: Mehr Passagiere dank günstigerer Ticketpreise.
Zurück zu den aktuellen Fakten: Der heutige Aktienkurs der LH ist ein schlechter Witz: Mit dem Rutsch unter die 11-Euro-Marke ist die Marktkapitalisierung der LH unter 5 Mrd. gefallen - nur gut dass gegen den Willen der LH eine Übernahme durch ausländische Investoren nicht möglich ist.
Letzter Themenwechsel: Hier noch der Link zu einer Übersicht der jüngsten Analysten-Ratings der LH-Aktie:
http://www.dax-prognose.de/ratings/lufthansa/
Das durchschnittliche Kursziel der Analysten, die ein Kursziel der LH-Aktie nennen, liegt bei knapp über 14 Euro. Verblüffend ist, dass mit Ausnahme der Citi-Bank die größten amerikanischen Banken (Morgan Stanley, Merrill Lynch, JP Morgan und Goldman Sachs sowie Indenpendent Research, die sich als größte unabhängige Analysegesellschaft in Deutschland bezeichnet) mit sich ständig wiederholenden Abstufungen und Verkaufsempfehlungen unisono ein extrem negatives Bild der LH zeichnen und damit den Leerverkäufern, die auf einen sinkenden LH-Aktienkurs spekulieren, zweifellos optimal in die karten spielen. Vor allem Morgan Stanley und Independent Research sind - teilweise sogar am gleichen Tag - mit Empfehlungen besonders emsig. Für mich stellt sich aber durchaus die Frage, ob man diese Ratings Ernst nehmen kann oder darin eine Manipulation des Aktienmarktes sieht.
Morgan Stanley 11.6.15: Verkaufen (kein Kursziel)
Morgan Stanley 16.6.15: Verkaufen (kein Kursziel) Independent Research 16.6.15: Verkaufen (Kursziel 11)
Independent Research 29.6.15: Verkaufen (Kursziel 11) Independent Research 13.7.15: Verkaufen (Kursziel 11) Morgan Stanley 17.7.15: Verkaufen (kein Kursziel)
Am 31.7.2015 hat LH bekanntlich deutlich verbesserte Ergbniszahlen gemeldet und Morgan Stanley und Independent Research haben blitzschnell darauf reagiert: Morgan Stanley 31.7.15: Verkaufen (kein Kursziel) Independent Research 31.7.15: Verkaufen (Kursziel 11)
Meriill Lynch 4.8.15: Verkaufen (Kursziel 10) S&P Capital 4.8.15: Verkaufen (kein Kursziel)
JP Morgan 7.8.15: Verkaufen (kein Kursziel)
Goldman Sachs 21.8.15: Verkaufen (kein Kursziel)
Und zum Schluss: Ein neuer, besonders aggressiver Leerverkäufer ist buchstäblich aus dem Nichts aufgetaucht: Tybourne Equity Master Fund, Hongkong Registered At: 190 Eligin Avenue George Town KY1-9005 Cayman Islands
Dieser Short Seller hat an den Bundesanzeiger die u.g. Leerpositionen für Aktien der LH gemeldet. Alle Meldungen stammen vom 27.8.2015, vorher war das - trotz der gesetzlichen Fristen zur Meldepflicht (= 15:30 Uhr des Folgetags) - 2 Monate lang offenbar geheime Kommandosache - merkwürdig.
22.06.15: 0,76% 30.06.15: 0,97% 05.08.15: 1,13% 06.08.15: 1,32% 07.08.15: 1,47% 10.08.15: 1,52% 24.08.15: 0,52%
Bleibt noch anzumerken, dass zum Höhepunkt der aufgebauten Short-Position (mit 1,52% am 10.8.2015) der LH-Kurs bei 12,24 Euro lag, also um satte 1,38 Euro höher als der heutige Kurs von 10,86 Euro zum Handelsschluss um 17:35 Uhr. So macht man über 5 Mio. Euro Gewinn (mehr als 10%) Bruttogewinn in 14 Tagen mit dem Verkauf von Aktien, die man sich z.B. von irgend einer Bank geliehen hat. |