Auf den Spuren der Nummer 23
München - Eigentlich will kein Basketballer mit Michael Jordan verglichen werden. Zu überragend, zu erdrückend ist der Schatten des wohl besten Spielers aller Zeiten.
Geboren um zu gewinnen: LeBron James gilt als der neue Messias der NBA LeBron James ist so etwas jedoch egal. Bereits seit seiner High-School-Zeit wird er als möglicher MJ-Nachfolger gehandelt. Anzeichen, dass er daran zerbrechen könnte, sind nicht erkennbar. Ganz im Gegenteil: Bereits bei der ersten Playoff-Teilnahme seiner Karriere ist James der überragende Spieler der Postseason. 32 Punkte, 7,8 Rebounds, 6,3 Assists sowie 1,5 Steals im Schnitt sind einfach nur atemberaubend.
Luft nach oben
"Ich sage es immer wieder: Er ist etwas ganz Besonderes", erklärt Cavs-Coach Mike Brown. Wenn man in Betracht zieht, dass er erst 21 Jahre alt ist, macht die Aussicht auf seine weitere Leistungsfähigkeit fast schon Angst.
Schnuppern an den Conference-Finals
Was "King James" jetzt schon zu leisten in der Lage ist, stellte er eindrucksvoll beim 86:84-Erfolg über die Detroit Pistons in der Nacht auf Donnerstag unter Beweis, als er der besten Mannschaft der regulären Saison 32 Punkte einschenkte. Die Cavaliers gingen mit diesem Erfolg in der Conference-Halbfinal-Serie mit 3:2 in Führung und können am Freitag mit einem Heimsieg den sensationellen Einzug in die Conference-Finals perfekt machen.
Allround-Game als Markenzeichen
Im Spiel gegen Detroit zeigte "King James", dass mehr in ihm steckt als nur ein Scorer. Für den entscheidenden Korbleger von Drew Gooden 27 Sekunden vor Spielende gab James die Vorlage. Er kann in der Crunchtime also nicht nur wichtige Treffer selbst markieren, wie er es zweimal eindrucksvoll in der ersten Runde gegen die Washington Wizards zeigte. James macht in den entscheidenden Situationen auch seine Mitspieler besser. Die Cavs haben 17 der letzten 19 Spiele, die mit vier Punkten oder weniger Unterschied ausgingen, für sich entschieden. "James trägt das gesamte Team auf seinem Rücken und versucht, die wichtigen Plays zu laufen", erklärt Pistons-Point-Guard Chauncey Billups.
Teamplay als Trumpf
Die Erfolge Clevelands nur auf James zu reduzieren, wäre jedoch zu kurz gegriffen. Obwohl sich mit Larry Hughes die zweite Option mit Verletzungen herumschlägt und derzeit wegen des tragischen Todes seines Bruders pausiert, ist neben James das Teamplay das große Plus der Cavs. So erlebt Veteran Eric Snow als Sonderbewacher von Billups seinen zweiten Frühling.
Varejao als Energizer
Und die Bank erweist sich im wahrsten Sinne des Wortes als Bank für die Cavs. Auf Donyell Marshalls Distanzwürfe oder Anderson Varejaos hartes Spiel am Brett hatte Pistons-Coach Flip Saunders bislang keine Antwort. "Varejao stiftet bei den Pistons wirklich Verwirrung, vor allem, weil er mit solch einer Energie spielt", erklärt TV-Experte und Ex-Profi Steve Kerr.
Brown passt sich an
Aber auch Jung-Coach Mike Brown scheint sich zunehmend im Haifischbecken NBA zurecht zu finden. "Der Junge passt sich immer besser an. Er hat es den Leuten wirklich gezeigt", meint Wayne Embry, ehemaliger General Manager der Cavs. Noch in Spiel zwei wurde Brown von den Pistons ausgelacht, da er bereits in der ersten Hälfe anwies, Detroits Center Ben Wallace durch Fouls an die Freiwurflinie zu zwingen, weil alle anderen Defesivspielzüge nicht funktionierten. Den Pistons ist das Lachen mittlerweile jedoch gründlich vergangen.
Überheblicher Ligaprimus
Die Serie über beeindruckt Detroit eher mit arroganten und überheblichen Sprüchen, statt mit der eigentlich Pistons-eigenen "Work-Ethic" zu Werk zu gehen. Bezeichnend, dass beispielsweise Ben Wallace seine ohnehin katastrophale Freiwurfquote in der Cavs-Serie noch einmal unterbietet und bislang von 32 Versuchen von der Linie ganze acht traf. In Spiel fünf versemmelte er alle sieben Freiwürfe. Jetzt steht der Vizemeister der vergangen Saison mit dem Rücken zur Wand. Eine Pleite in Cleveland, und die Saison ist vorbei. "Detroit muss wirklich aufpassen", erklärt Kerr. "Es gibt keinen Zweifel: Der Druck liegt ganz bei den Pistons."
James weiter zurückhaltend
Trotz der guten Ausgangslage bleibt in Cleveland jeder auf dem Boden. "Wir dürfen uns auf den guten Leistungen nicht ausruhen", so James stellvertretend. Die Fokussierung auf das nächste Match, die Winner-Mentalität, die Clutch-Plays, und das Charisma:
Nicht umsonst trägt James die Nummer 23. Er lebt es auch.
Haruka Gruber |