Eigentlich braucht man ein Organigramm, um den Graichen-Kraken darzustellen. Des Staatssekretärs Schwester Verena arbeitet beim Öko-Institut, einer grünen Vorfeldorganisation, die von millionenschweren Aufträgen der Bundesregierung lebt. Dort hat auch Graichens Bruder Jakob einen Job. Verena Graichen wiederum ist verheiratet mit Habecks Parlamentarischem Staatssekretär Michael Kellner, einst Grünen-Geschäftsführer und Wahlkampfmanager der Öko-Partei.
Wenn also Habecks BMWK Aufträge an das Öko-Institut vergibt, kann man das als familiäres In-sich-Geschäft bezeichnen. Solche Deals gelten in der Wirtschaft als höchst umstritten, weil stets die Gefahr des Missbrauchs besteht.
Bei der Graichen-Family soll das ausgeschlossen sein, weil das Ministerium bei Aufträgen an das Öko-Institut angeblich genau hinschaut. Da fragt man sich unwillkürlich, welcher untergeordnete Beamte es wagen sollte, dem mächtigen Staatssekretär auf die Finger zu schlagen.
Habecks Staatssekretär denkt nicht nur an die eigene Familie, er vergisst auch enge Freunde nicht. Nun hat Graichen seinen Chef informiert, dass der für den Vorsitz der Geschäftsführung der bundeseigenen Deutschen Energie-Agentur (dena) vorgesehene Michael Schäfer sein Trauzeuge war. Schlimmer noch: Graichen war Mitglied der Findungskommission, die dem dena-Aufsichtsrat den ehemaligen Grünen-Politiker Schäfer als neuen ersten Mann vorgeschlagen hat.
Diesen grünen Nepotismus auch Vetternwirtschaft genannt konnte selbst Habeck nicht mehr einfach durchwinken. Es könne der Anschein einer möglichen Befangenheit nicht vollständig ausgeschlossen werden, teilte sein Ministerium deshalb mit. Der Minister habe daraufhin unmittelbar zu Wochenbeginn um interne Prüfung gebeten. Dem wird der dena-Aufsichtsrat nachkommen.
Man muss die Chuzpe, mit der die Grünen sich hier den Staat zur Beute machen, schon fast wieder bewundern. Soviel Dreistigkeit sieht man im Politikbetrieb nicht häufig. Offenbar entspricht sie dem in der Grünen-DNA verankerten Hegemoniegefühl. Im festen Glauben, allen anderen moralisch hoch überlegen zu sein und zweifellos zu den Guten zu gehören, agieren die Grünen wie in einer Parallelgesellschaft mit eigenen Strukturen und Gesetzen.
Focus.de |