Deutsche Ausfuhren nehmen mehr als erwartet zu. Viel wurde falsch eingeschätzt, darunter auch die Inflation. Doch die Bundesregierung ignoriert wichtige Lehren:
'Schaut man genauer hin, sieht man leicht, warum die Institute sich so verhauen haben. Der gewaltige Fehler beim Außenbeitrag hat nichts mit der deutschen Exportstärke zu tun, sondern mit einer anderen grandiosen Fehleinschätzung auf der Seite der Importe. Noch im Herbst 2022 erwarteten die Institute, dass der Strompreis und der Gaspreis erst in diesem Jahr ihren Höhepunkt erreichen würden.
Bei ihrer "Annahme" haben sich die Institute offenbar von der Idee leiten lassen, die Terminkontrakte, die es im Herbst 2022 für 2023 und 2024 gab, würden die wahrscheinliche Entwicklung in den beiden kommenden Jahren widerspiegeln. Sie nahmen folglich an, die Großhandelspreise würden "in den kommenden Monaten" sehr hoch bleiben und erst ab dem Frühjahr (2023) allmählich zurückgehen.
Terminkontrakte, das sollte man allerdings wissen, haben nichts mit der Zukunft zu tun, sondern nur mit der Erwartung einiger Marktteilnehmer, die genauso daneben liegen können wie der normale Bürger.
Wie die Annahmen der Prognose im Frühjahr 2023 zeigen, lagen sie damit grandios daneben. Die Institute erwarteten für 2023 einen durchschnittlichen Strompreis, der noch etwas über dem Wert von 2021 liegt, Gas und Öl kehren aber laut der jetzigen Annahme nahezu auf die Werte zurück, die im Jahr 2021, also vor der Krise galten. Folglich wird Deutschland in diesem Jahr über 200 Milliarden Euro weniger für Importe bezahlen, als von den Instituten im Herbst vergangenen Jahres erwartet'.
'Die zweite Lehre betrifft unmittelbar das, was seit einem Jahr üblicherweise "Inflation" genannt wird. Diese "Inflation" war, so viel ist unbestreitbar, die unmittelbare Folge der Preissteigerungen für Importe, insbesondere für fossile Energieträger.
Wenn diese Preissteigerungen in ihrer Auswirkung auf die deutsche Leistungsbilanz jedoch zeitlich klar begrenzt sind, sind sie es auch im Hinblick auf ihre Wirkung auf die inländische Preissteigerungsrate.
Die jüngsten Entwicklungen bei den Großhandelspreisen und bei den Erzeugerpreisen bestätigen genau das. Beide Preisindizes, die einen gewissen Vorlauf vor den Verbraucherpreisen haben, sind (wie die Abbildung 3 zeigt) schon oder sind ganz nahe an das Ziel der EZB von zwei Prozent herangerückt. Die Erzeugerpreise werden, selbst wenn sie nicht weiter fallen, schon im Juli unter das Niveau von 2022 sinken, also eine negative Rate aufweisen.
Angesichts dessen muss man allerdings fragen, warum bei der "Inflation" von fast allen Beteiligten einschließlich der Institute der Eindruck erweckt wird, es handele sich um ein sehr gefährliches und womöglich anhaltendes Phänomen, dem man von Seiten der Geldpolitik und von Seiten der Lohnpolitik um jeden Preis zu Leibe rücken müsse.
Die EZB und die deutsche und die europäische Politik hätten von Anfang an klarstellen sollen, dass es sich bei den zu beobachtenden Preissteigerungen nicht um einen inflationären Prozess handelt, sondern um eine einmalige Preiserhöhung, die zudem von außen gekommen ist und von allen Beteiligten akzeptiert werden muss, um sinnlose Konflikte, wie sie eine Preis-Lohn-Preisspirale darstellt, zu vermeiden.'
https://www.telepolis.de/features/...rreicht-alte-Hoehen-8974897.html
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