Ich bin echt total überrascht wie der Großteil der Solaraktien peformen. Die News sind zwar wirklich gut, aber im Grunde genommen sind sie ja nicht überraschend gekommen. Bis auf die Meldung von Roth Capital, dass in China die Modulpreise angestiegen sind. Dass die chinesischen Energiebehörde einen neuen Maßnahmenkatalog vorstellen wird um das lahmende, dezentrale Solarsegment endlich den richtigen Kick zu geben und auch die Meldung von Trina, dass man zu 100% ausgelastet ist, ist ja nicht was großartig überraschend kam, wenn man sich ein wenig mit der Branche und den Solarunternehmen beschäftigt.
Trina hat z.B. eine Modulabsatz-Jahresguidance Mitte August zwischen 3,6 bis 3,8 GW inkl. dem eigenen Downstreamgeschäft heraus gegeben. Das heißt, dass Trina im 2. Halbjahr einen Modulabsatz (1. Hj.: 1,5 GW) von um die 2,2 GW schaffen muss um die Mitte ihrer Guidance zu erreichen. Somit ist bzw. war doch klar und das schon seit Wochen, dass Trina damit mehr als voll ausgelastet sein muss. Eigentlich hat ja Trina im 2. Halbjahr "nur" Modulfertigungskapazitäten von 1,9 GW zur Verfügung, aber das Lager war ja randvoll Ende Q2. Genau deshalb ist für mich die Meldung von Trina eigentlich ein None Event und ob die Börse wirklich wegen dieser Aussage auf die Solaraktien gestern so froh gestimmt war, glaube ich nicht. So naiv kann doch die Börse eigentlich gar nicht sein. Jedoch haben fast alle Solaraktien gestern kaum Kursschwächen gehabt und das obwohl der Down Jones wie auch der S&P 500 übernervös waren und das Wochenende bevor stand.
Im letzten Jahr hatten wir eigentlich einen ganz ähnlichen Kursverlauf. Von Juli bis Ende November ging es bei Jinko von 10 $ auf 34 $ rasant hoch. Der war natürlich deutlich dynamischer wie zur Zeit, weil ja in dieser Fase auch noch die Turn Around-Spekulation mitspielte zusätzlich zu den damaligen News, dass fast alle Solarunternehmen voll ausgelastet sind. Diese Vollauslastung war vor einem Jahr dann schon eine große Überraschung. Aber die aktuelle Fast-Produktionsvollauslastung der produzierenden Solarunternehmen ist ja generell keine sensationelle News. Wenn Ende des Jahres so 46 GW an neu installierten Solarinstallationen raus kommen sollen, dann müssen im 2. Halbjahr so 27 GW verbaut werden (1. Hj.: ca. 19 GW) und das bedeutet bei etwa 60 GW an globalen Modulfertigungskapazitäten eigentlich Vollauslastung (rechnerische globale Fertigungsauslastung bei ca. 90% im 2. Halbjahr). Dazu müssen dann noch zusätzlich die Lager von Distributoren, Großhändler oder Solarteueren gefüllt werden. Die einzigsten Solaris die ich aktuell kennen, die kleinere Auslastungsprobleme haben, sind die Japaner wie Sharp oder Kyochera. Die kämpfen an zwei Fronten, erstens gehen die Installationen im kleinen, privaten japanischen Aufdachanlagenmarkt seit April deutlich zurück und zweitens sind die China-Solaris im japanischen Freiflächenmarkt mit extrem billigen Preisen unterwegs. Laut JA Solar liegen in Japan die Preise der China-Solaris bei den Multi-Module bei knapp unter 0,60 $/W im Freiflächensegment. Mit solch niedrigen Preisen können die Japaner natürlich nicht konkurrieren. Deshalb schwenken gerade die Japaner wieder nach Europa und den USA um, wo die Preise deutlich höher liegen im Bereich > 0,75 $/W.
Sehr wichtig für die gesamte Solarbranche ist, so lange die Fertigungskapazitäten nicht höher ausgebaut werden im Jahr wie die Nachfrage steigt, so lange ist alles Paletti und dann wird es kein solches Kursdesater geben wie in 2012. Da China jedoch die Kreditvergabe für Kapazitätserweiterungen sehr stark eingeschränkt hat vor einem Jahr, denke ich aber dass die Gefahr von großen Überkapazitäten kaum noch besteht.
Ich fahre eigentlich anlagetechnisch eine ganz ähnliche Strategie wie du Taktueriker8. Ich habe die ganzen Wellen bei Jinko in den letzten 24 Monate ganz gut mitgemacht und steige auch mal ganz aus, wenn meiner Einschätzung nach die Kurse zur Newslage nicht mehr passen oder wenn die Newslage schlecht ist. Für mich sind aktuell die Aktien der China-Solaris fundamental gesehen zu teuer (EV-Multiple, KGVs, Cash Flows, Bilanzen) mit einer einzigen Ausnahme und die ist Canadian Solar.
Ich nehme mir bei einem Wiederseinstieg eigentlich immer bestimmte Kursziele vor bzw. eine Exitstrategie, falls es nicht so läuft wie ich denke. Wenn meine anvisierten Kursziele bestätigt werden nehme ich ganz stringend immer Teilverkäufe vor. Wobei ich aber fast immer über die US-Börse handle, denn mit meinen Stückzahlen brauch ich bei Tradegate oder bei XETRA nicht anzufangen, denn das würde eine ganze Weile lang dauern bis ich die los bekommen würde. Ich habe z.B. seit meinem Wiedereinstieg bei Canadian kurz vor den Q2-Zahlen mittlerweile 3 Teilverkäufe getätigt (mein ureigens Kursziel von Canadian liegt zwischen 40 bis 44 $) und bin jetzt bei Canadian nur noch zu 30% investiert vom Ausgangspunkt meines Wiedereinstiegs. Vom Depotwert her sind es rd. 48%, da ja Canadian rasant gestiegen ist. Bei Jinko war mein Kursziel bei meinem Wiedereinstieg bei 32,92 $, das war das Zwischenhoch von Anfang April. Ganz in der Nähe zu diesen 32,92 $ habe ich dann auch meinen ersten kleinen Teilverkauf vorgenommen. Wie ich jetzt bei Jinko weiterverfahre, keine Ahnung. Für mich ist die aktuell stattfindete Solarrally überraschend, denn wie eingangs schon erwähnt, sind eigentlich die News keine Überraschung gewesen. Zumindest nicht für mich. Fakt ist aber, das ganze Solar-Sentiment sieht derzeit wirklich richtig gut aus und darum gehe ich momentan nach der Maxime vor "man soll so lange mit den Bullen mitreiten, so lange sie laufen". Man kann auch die alte Börsenweißheit hernehmen "the Trend ist your Friend". Sollte es aber zu einem Meinungsumschwung kommen bin ich ganz schell raus bei den China-Solaris. |