in Südafrika?
"Rassismus ist keine Einbahnstraße"
Nelson Mandela hat gesagt: “Ich verachte Rassismus, weil ich ihn für barbarisch halte, egal ob er nun von einem schwarzen oder weißen Menschen kommt.” Das Südafrika von heute hat das vergessen. ...
"Man bekommt das besonders zu spüren, wenn man wie ich,Sabine Johnson, in KwaZulu-Natal lebt, und plötzlich eine Schlagzeile liest: Älterer Mann ›zu Tode gehackt‹ in einer Midlands-Gaststätte […] als die Crews ankamen, fanden sie den Körper des Besitzers, der mit einem Buschmesser (Panga) zerhackt worden war. Und wenn man dann ganz zufällig Stunden später erfährt, das war ja ein Freund von mir, dann ist die Schlagzeile “Black lives matter” schwer zu verdauen.
Dazu muss man wissen, fast jeder Weiße hier hat in seinem Bekannten- und Freundeskreis jemanden, der durch kriminelle Gewalt zu Tode gekommen ist. Dabei handelt es sich nicht um Beziehungstaten, nein, es sind brutale Gewalttaten, motiviert durch Gier und Hass – zur falschen Zeit am falschen Ort. Bevor dieser Mord passierte, hatten bereits zwei Kolleginnen Tote im Familienkreis zu beklagen: der Vater der einen ermordet, der Bruder der anderen Kollegin. Südafrika steht an 7. Stelle auf der Weltrangliste der Gewaltverbrechen – das war nicht immer so.
Meine Freunde waren wie ich Einwanderer, die nach Johannesburg kamen, um sich einen Traum zu erfüllen. ...
Was geschehen war: am Samstagmorgen, dem 6. Juni 2020 zwischen 8 und 9 Uhr, wurde Edi auf seinem Hof, während er sein Hunde füttern wollte, von hinten attackiert. Ein indogener Mann, mit einer Baklava und einem Buschmesser bewaffnet, fragte ihn nach Geld und fing an auf ihn einzuschlagen. Zwischenzeitlich kam meine Freundin, noch im Morgenrock – es war ja Samstagmorgen – aus dem Haus heraus, um nachzusehen, was sich da abspielt. Daraufhin ließ der Angreifer von seinem Opfer ab, um meine Freundin ins Visier zu nehmen. Edi, der schon schwerst verletzt am Boden lag, rappelte sich auf, um seiner Freundin zur Hilfe zu kommen, aber schaffte es natürlich nicht. In ihrer Panik gelang es ihr durch einen Hinterausgang auf die Straße zu rennen, um Hilfe zu holen.
...
Natürlich ist jedes Leben gleich zu bewerten und jeder Tod gleichwertig zu betrauern.
Aber der kleine Unterschied ist, George Floyd, dessen kriminellen Hintergrund man im Internet nachlesen kann, wurde in einem goldenen Sarg beerdigt und Menschen in der ganzen Welt haben seinen Tod betrauert. Mein Freund wird nicht in einem goldenen Sarg beerdigt und er wird auch nicht von der ganzen Welt betrauert werden und es wird auch keiner niederknien, weil Edi sterben musste.
Farm Attacks in Südafrika sind tägliche Ereignisse, die am Tagesgeschehen vorbei gehen. Da stellt sich mir die Frage, wer ist hier privilegiert?
...
Zum Thema Kriminalität und Sicherheit und wie man damit umgeht, ist zu sagen, es ist wie mit dem Autofahren: man geht ein Risiko ein. In dem Moment, wo man losfährt, ist man gewissen Gefahren ausgesetzt, aber man fährt trotzdem los. Gefahren lauern hier überall, wenn man zur falschen Stunde am falschen Ort ist, dann kann es schiefgehen.
Das alles hat sich noch verschlimmert mit dem Lockdown der Wirtschaft, man muss Augen überall haben – vorne und hinten – wie man auch an Edis Fall sehen kann. So lebt man von einem Tag zum anderen und ich freue mich immer, wenn alles gut geht und nichts passiert ist.
Im Moment gilt mein tiefstes Mitgefühl Edis Hinterbliebenen – möge er in Frieden ruhen – wir werden ihn vermissen.
Sabine Johnson
https://www.tichyseinblick.de/gastbeitrag/...st-keine-einbahnstrasse/
|