eigentlich eine "Interessant"-Bewertung abgeben, aber die gibt es im Bewertungssystem nach der Ariva-Renovierung leider nicht mehr. "Informativ" war mir zu schwach, und so habe ich "gut analysiert" gewählt, obwohl ich der Argumentation nur teilweise zustimme.
Meine wichtigste "Anschlussfrage" an den Alten Schweden: Du bist ja sehr bullisch bezgl. US-Aktien und glaubst an eine weitere Kursverdoppelung (Meltup) - offenbar vor dem Hintergrund, dass Du annimmst, dass der von Dir beschriebene Geldtransfer aus D. und Europa in Richtung USA weiterlaufen und entsprechend auch die Aktienkurse weiter hochtreiben wird. Warum bis Du Dir da so sicher.
Ich gebe gegen diese Szenario zu bedenken: Trumps Handelskrieg dürfte USA mehr schaden als nützen, weil USA bislang - wie Du ja auch treffend beschreibst - ein Profiteur der freien Welthandelsordnung war. Letztere ermöglichte den Amis, Waren aus aller Welt gegen beliebig vermehrbare US-Dollar einzuführen und eine gigantische Schuldenwirtschaft aufzubauen. USA ist aktuell der weltgrößte Schuldner.
Dieser Status ist nicht hinreichend durch die US-Wirtschaftskraft gestützt. Das US-BIP liegt aktuell bei rund 20 Bio. $. Dagegen hat allein schon die Eurozone ein BIP von 18 Bio. $ (es sind - Stand 2017 - 15 Bio € x 1,20 für den $-Kurs). China bringt es auf über 10 Bio. $ BIP und Japan auf immer 5 Bio %. Den 20 Bio $ der USA stehen somit allein schon 33 Bio. der von mir aufgezählten Länder gegenüber - die sich gleichwohl nicht entblöden, wie die Weltmeister US-Schuldscheine (Staatsanleihen) aufzukaufen, so als wären diese ökonomisch der Heilige Gral.
Dass die Amis sich dies dennoch leisten können, liegt vor allem an ihrer Stellung als führende Militärmacht. Es ist die militärische Weltführerschaft, die den Dollar stabilisiert und den Amis ermöglicht, sich als Herren und Richter der Welt aufzuspielen (was unter Trump teils schon groteske Züge annimmt) - und zugleich gegen den Druck grüner Scheinchen einen Großteil der Restwelt-Produktion in Gestalt importierter Güter aufzusaugen. Das ist der Urgrund für die chronischen US-Handelsdefizite, aber auch für die aus der Dollar-Schwemme erzeugte Scheinblüte.
Wenn Trump das jetzt via Protektionsmus rückabwickelt - seine Sprüche, die Welt habe sich auf Kosten der USA bereicht, sind grotesker Bullshit! -, dann könnte die auf dem Schuldenkartenhaus basierende US-Scheinblüte ihren schönen Schein schneller als erwartet verlieren. Trump steht dann ebenso als Dummkopf daher wie damals, als er sich in Atlantic City mit zu vielen, zu großen und zu stark fremdfinanzierten Casions verzockt hatte. Nur durch vorsätzlichen Anlegerbetrug (er brachte die Casinos an die Börse, und die Kurse stürzten später ins Bodenlose) konnte er sich vor dem sonst sicheren Ruin retten. Soweit zu Trumps "Finanzgenie".
Trump hat jetzt Schutzzölle auf US-Importe eingeführt (zuletzt auf Stahl und Alu). Damit handelt er sich jedoch - egal wie stark sein Millitär rasselt - im Gegenzug Schutzzolle auf USA-Waren im Ausland ein. Die Chinesen haben bereits 25 % auf diverse US-Importartikel angedeutet. Der Welthandel wird dadurch schrumpfen, und das ist für das Welt-BIP nachteilig.
In USA werden durch die Schutzzölle lediglich ewig-gestrige Industriezweige, die vor 100 Jahren den Ton angaben (Stahl, Kohle, Autos, Eisenbahn) wieder konkurrenzfähig - eben dadurch, dass sie dank der Zölle nu billiger anbieten können als das Ausland. Billiger ist dabei jedoch relativ zu sehen, weil ausländische Waren bis zu 25 % (Stahl) teurer werden. Die Amis haben die höchsten Lohnkosten der Welt. Wenn die Kumpel dort wieder unter Tag gehen und die Schmelzkessel glühen, können die Amis den Stahl vielleicht 5 % billiger anbieten als die Ausländer. Er ist dann aber immer noch 20 % teuer als vor Trumps Schutzzolleinführung. D.h. Trumps Abschottungspolitik dürfte nach hinten losgehen und stark inflationär wirken (siehe "Prices paid" im Chart in # 612).
Und ob die US-Wirtschaft dadurch, dass sie in veralteten Technologien wieder autark fertigt, wirklich nachhaltig wächst, bezweifle ich ebenfalls. Sie bleibt ja auch dann, wenn sie sich abschottet, ein Rad im Räderwerk der gesamten Weltwirtschaft, und das Welt-BIP dürfte, wie oben erläutert, infolge des Handelskriegs zurückgehen. Der Zoll wirkt zudem den vom Alten Schweden als "Reichtumsquelle" angeführten Geldfluss Richtung USA entgegen. Es könnten sogar Liquiditätsengpässe drohen wie zuletzt 2007.
Last not least wird die Restwelt sich nicht ewig von Trump auf der Nase rumtanzen lassen. China ist bereits dabei, im Pazifikraum (wo Trump TTP aufgekündigt hat) eigene Fäden zu spinnen und den Yuan als Ersatz für den US-Dollar einzuführen.
MEIN FAZIT: Ich erwarte in USA infolge der Trump-Politik eine Stagflation: Deutlich steigende Preise bei unterproportional wachsendem Umsatz. Für die Börsen inkl. US-Börsen wäre das bärisch.
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Dass die Börsen Trumps (Steuer-)Politik und seine Hakenschläge auf internationalem Parkett aktuell so stark feiern, ist mMn eine typische Fehleinschätzung ähnlich jener der Dot.com-Blase 2000 und der Housing/Kredit-Blase 2007. Die Börse ist nur so lange "weise", bis sie an ihrer offenkundigen Dummheit zerschellt.
Die SP-500-Gewinne vor Steuern sind bereits seit zwei Quartalen rückläufig (siehe # 612, letzter Satz). Wenn die Realität die Börsen einholt und die Kurse zu purzeln beginnen, werden auch FANG-Aktien wie Amazon mit seinem lächerlichen KGV von 210 extrem Luft ablassen. Mich würde nicht wundern, wenn der SP-500 wieder bis auf 1200 fällt, was ab jetzt einem Absturz um 55 % entspricht (2008 ging es ebenfalls um 55 % runter). |