Amerikas Konjunktur wird sich nicht so bald erholen OECD rechnet mit Stagnation / Allan Greenspan weist Kritik zurück ctg. WASHINGTON, 21.März. Das Wirtschaftswachstum in Amerika ist nahezu zum Stillstand gekommen und wird sich auch nicht schnell erholen. Das hat die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in Paris vorausgesagt. In einem Zwischenbericht zur Konjunkturlage rechnen die OECD-Ökonomen mit einem Wachstum von nur 0,1 Prozent in Amerika im laufenden ersten Quartal und mit einem Stillstand in den kommenden drei Monaten. Es sei auch möglich, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) eine Weile schrumpfe, trotz der Leitzinssenkungen und eines milliardenschweren Pakets zur Ankurbelung der Konjunktur. Für Deutschland ist die OECD ungleich optimistischer: Dort werde das BIP im ersten Quartal im Vergleich zum Vorquartal um 0,6 Prozent steigen, im zweiten Quartal sei mit einem Wachstum von 0,4 l Prozent zu rechnen. Derweil hat der frühere Vorsitzende der amerikanischen Notenbank (Fed), Alan Greenspan, die Einschätzung geäußert, dass die aktuelle Krise und die Spannungen im Finanzsystem unvermeidbar waren. Die Notenbank treffe keine Schuld an der Misere, etwa weil sie die Leitzinsen zu lange zu niedrig gelassen und so der Blase auf dem Immobilienmarkt Vorschub geleistet hätte, sagte Greenspan der 'Washington Post". Der langjährige Währungshüter wies den Vorwurf zurück, die Fed habe die Banken dazu verleitet, die Risiken auf dem Hypothekenmarkt zu vernachlässigen, indem sie sie lange Zeit mit billiger Liquidität versorgt habe. Nach Greenspans Worten ist die Blase auf Amerikas Häusermarkt, die nun geplatzt ist, auf die beschleunigte Globalisierung nach dem Zusammenbruch des Ostblocks zurückzuführen. Der schärfere internationale Wettbewerb habe die Inflation gedämpft und die langfristigen Zinsen niedrig gehalten. Dagegen sei die Fed machtlos gewesen. ,,Ich könnte kein Beispiel einer Zinspolitik nennen, die den Anstieg von Vermögenspreisen gebremst hätte“, sagte Greenspan. Die Notenbanken sind nicht schuld an der Krise, sagt Alan Greenspan, einst Chairman von Amerikas Notenbank Fed. Hätten sich die Schwierigkeiten nicht auf dem Markt für zweitklassige Hypothekendarlehen ergeben, wären sie anderswo aufgetaucht. Diese Einschätzung wird auch von den aktuellen Währungshütern geteilt. Sie halten Kritik an ihrem Vorgehen, vor allem an der Rettungsaktion für die angeschlagene Investmentbank Bear Stearns für nicht gerechtfertigt. Bear Stearns trat offenbar in der vergangenen Woche an die Fed heran und berichtete, sie müsse Konkurs anmelden, wenn sie nicht unbeschränkten Zugang zu frischem Geld bekomme. Wie zu hören ist, versuchte die Fed daraufhin, die Folgen eines Zusammenbruchs von Bear Stearns für das eng verwobene Finanzsystem abzuschätzen. Nach reiflicher Überlegung und Konsultationen mit anderen Finanzmarktakteuren gelangte man zu dem Ergebnis, dass ein Verkauf von Bear Stearns mit Hilfe der Fed der einzige gangbare Weg war. Die Notenbank hat zu diesem Zweck der übernehmenden Bank, J. p. Morgan Chase einen Kredit über 30 Milliarden Dollar bewilligt. Damit hat sie im Wesentlichen das Risiko eines Ausfalls von jenen Wertpapieren übernommen, die Bear Stearns in die Schieflage gebracht hatten. Offenbar waren auch ausländische Banken vorübergehend an Teilen von Bear Stearns interessiert, kamen aber nicht zum Zuge. Die amerikanischen Währungsshüter sind sich der Probleme bewusst, die eine solche staatliche Rettungsaktion mit sich bringen kann. Sie könnte andere Banken dazu verleiten, Risiken zu vernachlässigen. In der Abwägung schätzte die Fed dieses Risiko aber viel kleiner ein als einen Zusammenbruch des gesamten Finanzsystems. Die Notenbank hält die Krise auch nach den Kursgewinnen an der Börse und der Entspannung auf dem Kreditmarkt in den vergangenen Tagen längst noch nicht für ausgestanden. Die Währungshüter rechnen aber fest damit, dass es zu grundlegenden Veränderungen im Finanzsystem und vor allem zu einem völlg anderen Umgang mit Risiken kommen wird. Banken, Investmentbanken, Hedge-Fonds und andere Marktakteure werden nach Einschätzung der Fed ihre Liquiditätsreserven, deutich erhöhen. Die Notenbanker halten es auch für wahrscheinlich, dass die amerikanische Finanzaufsicht neu geordnet wird und es zu einer strengeren Kontrolle kommt. (Große Tageszeitung aus Frankfurt am Samstag) |