06.08.2010 Ende der Ölpest absehbar - Folgen unabsehbar
Videobild der Arbeiten am abgedichteten Bohrloch im Golf von Mexiko: BP- Ingenieure haben das Bohrloch jetzt mit Zement verschlossen. (Archivbild) (Foto: dpa)
Berlin/Washington (dpa) - Das endgültige Versiegeln des Öllecks im Golf von Mexiko rückt in greifbare Nähe - aber die Folgen der Ölpest sind unabsehbar. Experten kritisieren den Bericht der US-Regierung zum Stand der Ölkatastrophe als "außerordentlich optimistisch". Naturschützer warnen zudem, die Gefahr für die Umwelt sei noch längst nicht gebannt. Der Ölkonzern BP hat unterdessen das Loch im Meeresboden von oben mit Zement verschlossen. Das Manöver am Donnerstag dauerte nur wenige Stunden, und am Freitag wurde noch zusätzlich Flüssigkeit in das Steigrohr gepumpt, um den Zement weiter herunterzudrücken. Die als "Static Kill" bezeichnete Operation ist damit abgeschlossen. Als ersten Schritt hatten Ingenieure das Bohrloch in 1500 Meter Tiefe von oben mit 300 Tonnen Schlamm verstopft. Bis zum "Finale" wird es noch mehrere Tage dauern. BP bohrt noch einen Nebenzugang zum Hauptbohrloch, durch den ebenfalls Schlamm und danach Zement gepumpt werden sollen. Das soll die Quelle von unten in 4000 Meter Tiefe unter dem Meeresgrund direkt versiegeln. So will man ganz sichergehen, dass Öl und Gas hier niemals mehr nach oben drängen. Der Einsatzleiter der Regierung, Thad Allen, schätzt nach Angaben vom Freitag, dass der Durchbruch vom Nebenzugang zum Hauptbohrloch am 14./15. August geschafft wird. Dann könnte das Versiegeln beginnen. Ein Sprecher von BP sagte der Nachrichtenagentur dpa, der Konzern denke nicht über eine etwaige künftige Ausbeutung des Ölreservoirs an der Unglücksstelle nach. Er reagierte damit auf Berichte, nach denen BP es nicht ausschließe, die Quelle eines Tages wieder anzuzapfen. Hintergrund sind Äußerungen von Topmanager Doug Suttles, es gebe eine Menge Öl und Gas dort unten, und man müsse zu irgendeinem Zeitpunkt überlegen, was damit zu tun sei. "Wir sind völlig darauf konzentriert, das Versiegeln abzuschließen, wir sind auf die Auswirkungen (der Ölpest) auf die Küste konzentriert, auf die Reinigung und die wirtschaftliche Erholung", sagte Sprecher BP-Sprecher Daren Beaudo der Nachrichtenagentur dpa. "Wir überlegen nicht, welche künftige Produktion aus diesem Reservoir erfolgen könnte." Skeptisch beurteilten Umweltschützer und Wissenschaftler einen Bericht der US-Regierung, wonach drei Viertel des ausgeströmten Öls bereits abgebaut oder beseitigt worden sind. "Zumindest die Hälfte der 660 000 Tonnen sind immer noch im Meer", sagte der Geochemiker Jürgen Rullkötter dem Sender Deutschlandradio Kultur. Die Einschätzung beruhe auf vielen optimistischen Annahmen und Vermutungen, sagte der Professor für organische Geochemie an der Universität Oldenburg am Freitag. Zudem sei der Teil des Öls, der nach dem Bericht in sehr kleine Tröpfchen zerteilt wurde, trotzdem noch im Meer - und nach wie vor giftig und schädlich. Generell sei die Situation aber durchaus vorsichtig optimistisch zu beurteilen, sagte der Wissenschaftler weiter. Es sei gelungen, einen großen Teil des Öls von der Küste fernzuhalten. Viel Öl sei zudem mit Chemikalien fein zerstäubt worden. "Es besteht die Chance, dass vielleicht innerhalb von ein, zwei Jahren das Öl im Wasser des Golfs weitgehend von Bakterien aufgearbeitet worden ist." Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) meint hingegen, die Erholung des Ökosystems in der Region werde Jahrzehnte dauern. "Die Entwarnung der US-Regierung kommt zu früh", rügte NABU-Präsident Olaf Tschimpke in Berlin. Mehr als 1000 Kilometer Küstenlinie seien verschmutzt, über 40 000 Menschen hätten ihre Lebensgrundlage verloren. Der NABU verwies auch auf unbekannte Nebenwirkungen der Chemikalien. "Das hat Tiergruppen in Mitleidenschaft gezogen, die sonst eventuell glimpflicher davongekommen wären: Phyto- und Zooplankton, aber auch die großen Planktonfresser wie Walhaie", sagte der NABU-Meeresschutzexperte Kim Detloff. Quelle: dpa-info.com GmbH |
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