
Der Energiekonzern will weltweit expandieren und beginnt damit in Schwellenländern. Das erste Projekt: eine Anlage zur Verringerung von Treibhausgasen nahe der vietnamnesischen Hauptstadt Hanoi. Sie wird dieser Tage in Betrieb genommen, kündigte Eon-Manager Hervé Touati im Gespräch mit der FTD an. "Das Projekt in Hanoi ist ein erster Schritt. Weitere werden folgen", sagte der Geschäftsführer der Konzerntochter Eon Climate & Renewables mit Verantwortung für neue Märkte. Damit nimmt die von Vorstandschef Johannes Teyssen verkündete Globalisierungsstrategie konkrete Formen an. Nach Teyssens Vorgaben soll Eon bis 2015 ein Viertel des Ergebnisses außerhalb Europas erzielen. Neben den USA und Russland, wo bereits Aktivitäten laufen, wolle sich der Konzern dabei auf zwei weitere Weltregionen konzentrieren, sagte Teyssen vergangene Woche. Welche dies seien, hatte er offengelassen. Touatis Ankündigung zeigt, dass Südostasien wohl darunter ist. "Wir sind bei Climate & Renewables so etwas wie die Pfadfinder für Eon", sagte der Ex-McKinsey-Berater Touati. Südostasien gilt als wachstumsstark, hat hohen Bedarf an Kraftwerksinvestitionen und ist mit mehr als 500 Millionen Menschen so bevölkerungsreich wie Europa. Überlegungen für die Ausweitung des Geschäfts gebe es auch zu Indien: "Wir haben einige Ideen, was wir in Indien unternehmen könnten." Klimaschutzprojekte in Schwellenländern bieten sich zum Vortasten in neue Märkte an. Eon profitiert davon doppelt: Zum einen kann der Konzern kostengünstig seine Emissionsbilanz verbessern. Das Kioto-Protokoll zum Klimaschutz gestattet die Anrechnung derartiger Projekte auf heimische Reduktionspflichten. Zum anderen dienen die Vorhaben als Türöffner zu Entscheidern vor Ort. Die Eon-Scouts loten so die Märkte für mögliche kapitalintensivere Geschäfte aus. Teyssen plant in den Zielregionen Windparks ebenso wie Kohle- oder Atomkraftwerke. Diese Investitionen gehen in die Milliarden. Für den Markteintritt begnügt sich der Konzern dagegen zunächst mit minimalem Aufwand. So hat die Anlage in Vietnam - eine Einrichtung zum Auffangen von besonders klimaschädlichem Methangas aus der Deponie Nam Son nahe Hanoi - nur 6,6 Mio. Euro gekostet. Das Methan wird später zu weniger schädlichem Kohlendioxid verbrannt. Der Einspareffekt entspricht Eon zufolge 4,5 Millionen Tonnen CO2 über 20 Jahre. Beim Pilotprojekt in Südostasien habe sich die mehrstufige Taktik bewährt, versicherte Touati: "Wichtig ist, dass wir Vertrauen in Vietnam aufbauen. Die Tatsache, dass unser Projekt in sehr kurzer Zeit genehmigt wurde, ist ein sehr gutes Zeichen für die Entwicklung unserer Beziehungen." Erst in einem zweiten Schritt prüfe man nun den Bau einer teureren Gasturbine zur Stromerzeugung aus dem Deponiegas: "Heute schicken wir zuerst die Menschen und ihr Knowhow in neue Märkte, das Geld kommt später nach. Früher war es umgekehrt", umschrieb er das veränderte Vorgehen. Er spielte damit auf Großübernahmen in Russland, den USA und Südeuropa an, die zu einem Schuldenberg von 45 Mrd. Euro geführt hat. Auch in Südamerika und im Nahen Osten will sich der Konzern vortasten: "Im Nahen Osten sehen wir zahlreiche Möglichkeiten." In China gibt es seit 2009 ein ähnliches Klimaprojekt wie in Vietnam. Kooperationen begrenzten die Risiken, erklärte Touati. So arbeite Eon in Hanoi mit dem französischen Projektentwickler Bionersis zusammen. Beim Aufbau von Windparks kooperiert Eon unter anderem mit Masdar, einem Beteiligungsfonds aus Abu Dhabi, bei Solarkraftwerken mit dem spanischen Mischkonzern Abengoa. "Weitere potenzielle Kooperationspartner sind große Energieversorger oder Unternehmen aus energieintensiven Industrien in unseren Zielregionen", so Touati. |