Hallo,
gleich vorneweg: meine Kinder sind ein Segen und bereichern mein Leben in Maße, dass sich nicht in Zahlen fassen lässt. Dem zum Trotz: sie kosten Geld, die Last teile ich mit dem Staat, d.h. Euch, und ich kenne keine Bilanz, die eindeutig zeigt, ob ich dem Staat durch die Kinder in Summe eine positiven oder negativen Cashflow beschere.
Wenn man jedoch mal akzeptiert, dass Eltern höhere Lasten tragen, und dies ausgeglichen werden muss (siehe auch Urteile des BFG), so bedeutet es, dass dieser Ausgleich im Wesentlichen von Steuerzahlern geleistet werden (muss), die nicht Eltern sind. Dies ist doch ein einsichtiges (bilanztechnisches) Argument, oder?
Betrachtet man die Rentenversorgung allgemein, so kann man das argumentativ etwa so aufhängen: in Sytsme 1 versorgen die Kinder im Schnitt ihre Eltern, per Umlage, ein System wie im Mittelalter in der Grossfamilie. Dies funktioniert nur, wenn genug Kinder zur Welt kommen, hier bleiben und arbeiten. Dies ist noch unser derzeitiges System.
Die alternative Position ist System 2: ich versorge niemanden ausser mir selbst (und meiner Frau). Dies ist im wesentlichen das amerikanische System, es basiert auf der Kumulation von verzinstem Kapital.
Für jemand mit Kohle, der gesund ist, nicht schlapp macht und nicht vorzeitig entlassen wird, etc, ist System 2 günstiger. Für jemand mit weniger Kohle, Kindern, sowie sonstigen Risiken ist es System 1. Du hast in jeder Gesellschaft Vertreter beiden Gruppen durchs ganze Spektrum. Will man "soziale Gerechtigkeit", in Maßen, dies ist zu definieren, so geht es nicht ohne Umverteilung zwischen beiden Gruppen, wie und wann auch immer. Also gibt einer ab, mehr oder weniger, und das schafft Unfrieden, wie man in den 123 Beiträgen ablesen kann, vor allem bei jenen mit MEHR. Ohne Ausgleich wird es aber auch keinen Frieden geben, zumindest nicht in Deutschland, das ist eine Lehre aus unserer Geschichte.
Die geringe Geburtenrate heisst logischerweise, dass das Umlagesystem ab 2030 nicht mehr funktioniert. Also muss jetzt über ein staatliches und/oder privates Fondsystem Kapital aufgebaut werden muss, und wenn das nicht reicht muss zusätzlich bei den Renten selbst umverteilt werden (zB als Steuer auf Renten). Das Prinzip heisst also in jedem Fall Umverteilung, der Zeitpunkt ist letztendlich egal.
Wie ungerecht das jetzige System gestaltet ist zeigt das Folgende: zum Bsp erwirtschaftet ein promovierter Informatiker (ein "Leistungsträger" in der Wirtschaft im Sinne der FDP :) mit Kindern eine ab 20% kleinere staatliche Rente als eine(r), die (der) mit 16 eine Lehre machte und bis 65 durchgeschaft hat. Negativ gehen hier die langen Ausbildungszeiten und die Kinder ein, durch die es ihm schlichtweg unmöglich wird, einen hohen Kapitalstock fürs Alter aufzubauen.
Zum Effekt finanzielle Anreize für Eltern, Reila hat es richtig formuliert: -> finanzielle Anreize können sehr wohl zu einer messbar höheren Geburtsrate führen, Beispiele sind das österreichische (zu) hohe Kindergeld in den 70ern und das deutsche Erziehungsgeld ab '87. Wir brauchen eine höhere Geburtenrate, oder eine aktive Einwanderung!
Allerdings brauchen wir zudem einen höheren gesellschaftlichen Status für diejenigen, die aktiv als Lehrer oder als Eltern die Kinder umsorgen und versorgen. Provozierend gesagt ist doch dieser Personenkreis eher ungeliebt, Kinder stören und kinderreiche Eltern "schmarotzen". Ein weiteres Bsp ist unser kaputtes Schulsystem, kaputt, weil es politisch und damit in unserer Gesellschaft nicht im Mittelpunkt steht!
Die Single-Eltern Diskussion, aus der wir hier getrost aussteigen können, weil sie im Prinzip nichts löst, ist nur eine ungeschickte politische Begründungen für Umverteilung. Wie ich oben argumentiert habe trifft es beim Ausgleich ohnehin diejenigen, die mehr verdienen oder mehr in eine Rente einzahlen, also insbesondere Nicht-Eltern. Ziel sollte meiner Meinung eine Umverteilung sein, die allen eine anständige Grundrente sichert und leistungsstarken Personen eine Bonusrente sichert, die im Verhältnis (aber nicht absolut) ihrer höheren Leistung entspricht. Als Beispiel nehme man Schweden mit einem breiten gesellschaftlichen Konsens für den Weg einer zum Teil extremen Umverteilung. Wie man dann noch den Eltern einen Bonus zukommen lassen kann ist dann doch eher eine untergeordnete Frage.
Und das zeigt letztendlich, dass durch die Politik immer wieder Meinungsblasen erzeugt werden, auf die wir trefflich hereinfallen, ohne dass dadurch die eigentliche Kernfrage addressiert wird. Und die heisst: einen Konsens quer durch alle Interessengruppe zu finden für eine "gerechte und maßvolle" Umverteilung. Und dies heisst herauszufinden wieviel jede Gruppe bereit ist abzugeben, wer es bekommt, und ob das ausreicht. Dies zeichnet sich bisher für mich nicht ab. Ohne diesen Konsens jedoch wird es nur wieder mediale Totläufer auf Detailebene geben.
:) tetsuo |