Der Bericht hat negativ überrascht, die Kommunikation ist unwürdig. KPMG hat eine forensische Prüfung durchgeführt, die eine komplexere/detailliertere Analyse als ein Audit beinhaltet. Seit ENRON/Arthur Andersen sind WPs übervorsichtig was Ihre Berichte angeht, damit könnt man die Haftungsausschlüsse und Hinweise auf unzureichende Informationen erklären. Warum Braun zulässt, dass für ein selbst bestelltes Audit Informationen nicht zeitnah zur Verfügung gestellt werden, wirft Fragen auf.
Von den vier Prüfungsbereichen reagierte der Markt scheinbar stark auf die TPA-Ergebnisse. KPMG behauptet, dass sie sich dazu nicht abschließend (forensisch) äußern können, da sie nicht auf alle gewünschten Informationen zugreifen konnten. Aber, die verfügbaren Dokumente und Prüfungsmaßnahmen reichten für KPMG aus, um festzustellen, dass es keine belastenden Beweise für öffentliche Vorwürfe von Bilanzfälschungen gibt, sprich keine Anpassungen für Jahresabschlüsse 2016-18 vorgenommen werden müssen.
Während der kurzfristig auf Drängen der Anleger veranstalteten Telefonkonferenz um 2 hat Braun verunsichert, schlecht vorbereitet und daher nicht sehr überzeugend gewirkt.
Wdi verfügt über alle Prüfungsbestätigungen und Umsatzrealisierungen, die für ein normales Audit erforderlich sind. Dies reicht jedoch nicht aus, da sie für eine forensische Prüfung nicht berücksichtigt werden können. Bei einem forensischen Audit werden nur unabhängig überprüfte Dokumente akzeptiert, diese lagen für den geplanten Zeitraum nicht vor.
In Bezug auf die Einnahmen aus Transaktionen mit Dritten konzentrierte sich die Prüfung daher auf Dez. 2019. Wdi speichert seit 2019 wesentlich detailliertere Daten auf seiner Plattform (diese wurden nach einer Umstrukturierung des TPA-Geschäfts implementiert). 2019 war das Jahr mit dem höchsten Transaktionsvolumen. Wirecard stellte KPMG über 200 Millionen Daten zu den Dezembertransaktionen zur Überprüfung zur Verfügung. Alle Daten werden verschlüsselt. Es dauerte 5 Wochen, um die Daten zu entschlüsseln, 1 Woche, um die Daten auf sichere Weise zu transferieren. Die Analyse der Volumina vom Dezember dauerte 4 Wochen. Alles in allem also nur für Dezember über zwei Monate. Aus zeitlicher Sicht war es daher unmöglich, ein forensisches Audit für die Jahre 2016-18 durchzuführen, ohne die Tatsache zu berücksichtigen, dass für ein solches die Daten unabhängig überprüft werden müssen, was bedeutet, dass Dritte zustimmen müssen, dies zu tun, was nicht erfolgte (nachvollziehbar).
Der Jahresabschluss für 2019 wurde aufgrund von pandemiebedingten Verzögerungen in verschiedenen Ländern noch nicht unterzeichnet. Der Geschäftsbericht wird im Mai veröffentlicht. Warum das erst heute klar geworden sein soll und kommuniziert wurde, ist nicht nachvollziehbar.
Es gab einige Dokumentations- und Organisationsschwächen (hauptsächlich im Zusammenhang mit 2016-17), aber Wdi behauptet diese bereits 2019 behoben zu haben und die Einhaltung weiter verbessern zu wollen.
Braun bestätigte erneut, dass Q1/20 den Erwartungen entspricht und er bestätigte die vorläufigen Zahlen für das abgelaufene Geschäftsjahr. Zur Erinnerung, 2,8 Mrd. Umsatz und bereinigtes EBITDA 794 Mio. EUR sowie die Prognose für das laufende Geschäftsjahr (gemitteltes EBITDA 1,06 Mrd. EUR).
Grundsätzlich erschient die Marktreaktion übertrieben, obwohl man vom kurzfristigen Ergebnis enttäuscht sein kann. Es gibt jedoch keine Belege für Fehlverhalten, und Wdi wird mit einem signifikanten Abschlag gegenüber seinen Mitbewerbern gehandelt. Selbst wenn eine Anpassung der Zahlen erforderlich wäre (es gibt keinen solchen Hinweis bisher), ist dies im aktuellen Preis bereits mehr als berücksichtigt. Auf YTD-Basis schlägt sich Wirecard weiterhin gut, z.B. gegenüber dem Stoxx Europe 600-Benchmark. Wdi mit einstelligen % im Portfolio erscheint mir weiterhin vertretbar. Panikpessimisten und überinvestierte Blindoptimisten, die ggf. sogar mir Hebel / geliehenem Geld agieren, sollten sich selbst hinterfragen.
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