Die mittlerweile verfügbaren Daten sind von den Zahlen her so hoch, dass sie zumindest in sich statistisch gute Beurteilungen erlauben. Leider hinkt der Vergleich unter den Ländern gewaltig, weil es weder einheitliche Regeln zur Datenerfassung und -klassifizierung noch Einordnungen für deren Bezug zu den lokalen Maßnahmen gibt.
Das ist die bekannte Datensuppe, die angeblich keine klaren Schlüsse zulässt. Trotzdem fixiert man sich maßgeblich auf die Zahlen der Infektionen und Todesfälle. Das ist nicht nur widersprüchlich, sondern verleitet zu Fehlschlüssen.
Unter der Betrachtung bestimmter Rahmenbedingungen kann man aber trotzdem wertvolle Informationen gewinnen. Zunächst einmal werden oft Sterberaten veröffentlicht, die man mit Todesfällen/Infektionen berechnet. Das ist zwar eine Maßzahl, aber sie bringt wenig, weil sie naturgemäß bei gleichbleibender Testtiefe steigen muss, weil es eine zeitliche Verzögerung von 4-5 Wochen zwischen Infektion und Tod gibt. Deshalb ist es viel sinnvoller, die Sterberate der abgeschlossenen Fälle zu betrachten. Darauf wird ebenso naturgemäß am Ende die vorher genannte Sterberate hinauslaufen. (Beides ist ohne Dunkelziffer!) https://www.ariva.de/forum/...sche-revolte-537172?page=98#jumppos2466
Bei den abgeschlossenen Fällen liegt Italien seit geraumer Zeit bei fast 50% und Deutschland bei 5%. Vom RKI wissen wir, dass in D alle Todesfälle mit Corona Test positiv als Covid19-Tote gezählt werden. Obduziert wird nicht großartig. D.h. ob der Tod jetzt durch Covid19 induziert oder durch Herzinfarkt wegen eigentlicher Grippe oder durch Lungenentzündung wegen einer bakteriellen Infektion oder wegen Keimen im Krankenhaus eintrat, weiß man nicht. Diese Unschärfe muss man hinnehmen und als Realität akzeptieren. Daraus folgt aber auch, dass diese Rate nahe dem worst case ist. Es dürfte hier wenig beschönigt sein. Tote gehen nicht (mehr) verloren.
Die Frage, die sich automatisch daraus ergibt, ist: Wenn hierzulande schon im Bereich des worst case erfasst wird, wie kann es dann sein, dass in Italien die Covid19-Todesrate fast 10 mal so hoch ist? Ich habe mich da ein bisschen umgesehen und folgende Faktoren gefunden, die speziell Italien aber teils auch Frankreich und Spanien unabhängig von Covid19 anfällig für hohe Todesraten machen:
1. Italien hat eine 3 mal so hohe Anzahl an Lungenvorerkrankungen wie der Rest Europas 2. Die Altersstruktur generell und speziell in Italiens Krankenhäusern ist deutlich alterslastiger als beim Rest der EU/Welt 3. Die jährlichen Toten durch Keime in Krankenhäusern sind in Italien ca. 5 mal so hoch wie in Deutschland, immerhin ca. 10.000 Tote/a bei über 600.000 Infektionen! 88% der Toten haben eine oder mehrere Vorerkrankungn (Krebs, Herz-Kreislaufschwäche etc.). Bei den verbleibenden 12% könnte es sich zu einem (großen) Teil um Infektionen durch Keime handeln. In D haben Obduktionen eine Quasi 100% Rate von Vorerkrankungen ergeben. 4. Es wird vermutlich mehr intubiert als in Deutschland und v.a. reichte die Pflegekapazität nicht zur entsprehenden notwendigen Betreuung bei der Beatmung. Damit wird diese Therapieform quasi zum Todesurteil. Diese Erfahrung gibt es auch aus China. 5. Ansteckungsgefahr im Krankenhaus, fehlendes Pflegepersonal durch Covid19 Quarantäne und fehlende Schutzausrüstung
Die ersten Punkte sind klar und sprechen deutlich für eine höhere Sterblichkeit in Italien. Den 4. Punkt möchte ich noch einmal etwas näher betrachten. Denn er ist in vielelei Hinsicht wichtig. Die invasive Beatmung benötigt laut Lungenärzten eine intensive Betreuung durch gut geschultes Pflegepersonal und sie hat nur eine sehr geringe Heilungsrate. Die Lunge ist zu diesem Zeitpunkt bereits kollabiert. Ein Blick nach China lohnt hier. Es gibt eine Studie aus Wuhan "Clinical course and risk factors for mortality of adult inpatients with COVID-19 in Wuhan, China: a retrospective cohort study", die Augenmerk auf die Behandlungsmethoden legt. Im Bild ersichtlich ist der Unterschied in den Krankheitsverläufen und den Behandlungsmethoden zwischen Überlebenden und Todesopfern. Die invasive Beatmung war fast in jedem Fall gleichbedeutend mit dem Tod. Das muss nicht heißen, dass sie immer Schuld war, aber die Chancen zu überleben gehen da Richtung Null. Unterschiedliche Faktoren tragen dazu bei. Einmal wird durch die Narkose das Immunsystem heruntergefahren, zum anderen muss intensiv und vorsichtig Sekret und Blut aus der Lunge abgesaugt werden. Bei 57% der Todesopfer in dieser Studie wurde invasiv beatmet. Nur 1% der Überlebenden hatten eine solche Beatmung. Von 32 invasiv Beatmeten überlebte einer. Die erste Frage ist, ob von den 31 Gestorbenen nicht der ein oder andere dabei ist, der nur dadurch gesorben ist und damit den Gewinn eines Lebens egalisiert oder sogar überkompensiert. In diesem Fall wäre die Methode generell in Frage zu stellen. Aber selbst wenn man alles richtig macht und keinen verliert, ist die Überlebenschance minimal, der Beleg der Intensivstation aber exorbitant hoch. Die inhumane aber notwendige Frage, die man sich stellen muss, ist, was man riskiert, wenn man durch diese betreuungsintensive Methode mit fast Null Überlebenschance Kapazitäten bindet, die anderweitig eingesetzt vielleicht Leben gerettet hätten.
Eine weitere Frage ist, ob und wann ein Hausarzt einen Patienten in eine Klinik einweist. Bei einem 90-jährigen Grippekranken mit extremer Herzschwäche würden wahrscheinlich viele zustimmen, ihn zu Hause zu behalten, zu pflegen und ihm beizustehen. Der Tod wird hier in Kauf genommen. Bei dieser neuartigen Bedrohung, sprich oft aus Angst hat man vielleicht in vielen Fällen Patienten in Krankenhäuser eingewiesen, obwohl dort die Überlebenschancen nicht größer als daheim waren, manchmal sogar noch schlechter. Das wird man wohl erst über die Zeit lernen. Es ist vermutlich ein Lehrgeld, das man bei jeder neuen Bedrohung bezahlen muss.
https://www.telegraph.co.uk/global-health/...rus-patients-died-italy/ https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/...;utm_term=031720 https://www.aerztezeitung.de/Medizin/...-resistente-Keime-226155.html https://www.tagesschau.de/inland/antibiotika-keime-resistent-101.html https://www.vpneumo.de/fileadmin/pdf/VPK_Empfehlung_neu_21.03.2020.pdf https://www.coliquio.de/wissen/...ew-dr-welte-pneumologe-venetien-100 https://www.thelancet.com/action/showPdf?pii=S0140-6736%2820%2930566-3 ----------- Überall ist der Irrtum obenauf und es ist ihm wohl und behaglich im Gefühl der Majorität |