Zitat Die Transfers über die vor zwei Monaten von der Regierung lancierte Chivo-Wallet funktionierten nicht richtig, erklären die Jugendlichen des «Bitcoin Beach»-Projekts. Chivo – das bedeutet «cool», so wie Bukele sich selber in seinen Social-Media-Profilen bezeichnet – ist nur für salvadorianische Staatsbürger zugänglich. Bei der Registrierung muss man ein Foto des Ausweises hochladen. Dafür erhält man 30 $ in Bitcoin als Startguthaben vom Staat. Doch Medien und Verbraucherverbände melden bereits Tausende von Betrugsfällen.
Bitcoin in El Salvador: Grosser Bluff oder cooles Zukunftsprojekt? Als erstes Land der Welt hat El Salvador den Bitcoin als gesetzliches Zahlungsmittel zugelassen. Doch der Zahlungsverkehr über die staatliche Chivo-Wallet wirft viele Fragen auf.
El Salvador verfolgt ehrgeizige Ziele. Der Bitcoin soll der Bevölkerung finanzielle Freiheit und eine Zukunftsperspektive bringen. Doch momentan überwiegen die Kinderkrankheiten. El Salvador verfolgt ehrgeizige Ziele. Der Bitcoin soll der Bevölkerung finanzielle Freiheit und eine Zukunftsperspektive bringen. Doch momentan überwiegen die Kinderkrankheiten. Jose Cabezas / Reuters Die Jugendlichen des Sozialprojekts «Bitcoin Beach» am Strand von El Zonte sind wahre Bitcoin-Experten. Das Projekt unterstützt bedürftige Familien seit 2019 mit Zahlungen in Bitcoin. Dafür liess der Gründer Mike Peterson, ein kalifornischer Surfer, der seit 2004 hier lebt, von der Bitcoin-Plattform GaloyMoney eigens die Bitcoin-Beach-Wallet kreieren. «Anfangs war uns nicht bewusst, dass der Bitcoin das Mindset der Jugendlichen derart verändert: Sie denken über Geld und ihre Zukunft nach und beginnen zu sparen, um mit Bitcoins zu spekulieren.» Dollars hingegen hätten sie stets achtlos ausgegeben.
«Bitcoin Beach» war das Vorbild für die von Präsident Nayib Bukele im September gestartete Einführung des Bitcoin als zweiter Landeswährung, neben dem bereits 2001 eingeführten amerikanischen Dollar. Er habe den Regierungsbeamten zuvor die Vorteile von Bitcoin ans Herz gelegt, erzählt Peterson. Man erreiche damit Menschen im unteren Bereich der Gesellschaft, wie Jugendliche, die ohne Zukunftsperspektive in kriminelle Banden einträten. Und generell arme Familien, die kein Bankkonto hätten. Das sind etwa 70% der 7 Millionen im Land lebenden Salvadorianer.
Am Surfer-Strand El Zonte kann man fast alles mit Bitcoin bezahlen. Im Rest des Landes sieht es jedoch anders aus. Am Surfer-Strand El Zonte kann man fast alles mit Bitcoin bezahlen. Im Rest des Landes sieht es jedoch anders aus. Thomas Milz Hohe Transfergebühren umgehen Weitere 2,5 Millionen Salvadorianer leben in den Vereinigten Staaten. Ihre Transferzahlungen in die Heimat summieren sich auf 6 Mrd. $ pro Jahr, rund 20% des salvadorianischen Bruttoinlandprodukts. Statt Transferbüros wie Western Union hohe Gebühren zu zahlen, könne der Transfer nun per Bitcoin erfolgen, so Peterson. Allerdings nicht über seine Bitcoin-Beach-Wallet. Die sei für Nutzer mit amerikanischen Telefonnummern gesperrt, damit die amerikanischen Finanzbehörden keine Einsicht hätten, sagt er lächelnd.
Mike Peterson hat für sein Sozialprojekt eine eigene Bitcoin-Wallet entwickeln lassen. Mit den amerikanischen Finanzbehörden will der Kalifornier aber nichts zu tun haben. Mike Peterson hat für sein Sozialprojekt eine eigene Bitcoin-Wallet entwickeln lassen. Mit den amerikanischen Finanzbehörden will der Kalifornier aber nichts zu tun haben. Doch auch die Transfers über die vor zwei Monaten von der Regierung lancierte Chivo-Wallet funktionierten nicht richtig, erklären die Jugendlichen des «Bitcoin Beach»-Projekts. Chivo – das bedeutet «cool», so wie Bukele sich selber in seinen Social-Media-Profilen bezeichnet – ist nur für salvadorianische Staatsbürger zugänglich. Bei der Registrierung muss man ein Foto des Ausweises hochladen. Dafür erhält man 30 $ in Bitcoin als Startguthaben vom Staat. Doch Medien und Verbraucherverbände melden bereits Tausende von Betrugsfällen.
«Staats-Wallet» mit Kinderkrankheiten Auch die Jugendlichen in El Zonte kennen Fälle, in denen Betrüger sich unter anderen Namen angemeldet und das Startguthaben gestohlen haben. Doch die Probleme bei Chivo reichen weiter. Oft komme der Transfer von einer Chivo-Wallet zur nächsten nicht zustande, manchmal dauere er tagelang, wobei Beträge ohne ersichtlichen Grund einbehalten und manchmal erst nach zwei Wochen zurückerstattet würden, berichten die Jugendlichen.
In anderen Fällen komme es zu grossen Differenzen zwischen dem abgebuchten und dem tatsächlich überwiesenen Betrag. Bei der Umwandlung der Bitcoins in Dollar bekomme man an den Chivo-Geldautomaten oft weniger ausbezahlt, ohne Begründung. Doch am seltsamsten sei, dass Chivo Transaktionen mit anderen Wallets blocke. Eine Auszahlung der Bitcoins in Dollar an Geldautomaten, die nicht zum staatlichen Chivo-Netzwerk gehörten, funktioniere auch nicht. Das Versprechen der Regierung, dass der Bitcoin finanzielle Freiheit bringe, sehen die Jugendlichen damit gebrochen. «Wir sollten doch frei wählen dürfen, mit welchen Apps wir unser Geld verschicken und an wen. Aber das klappt mit Chivo nicht. Es ist, als ob die Regierung dir verbieten wollte, an andere Wallets Bitcoins zu transferieren», sagt ein 19-Jähriger. |