Alstom findet neuen Großaktionär Französischer Staat verkauft 21 Prozent mit hohem Gewinn
chs. PARIS, 27. April. Nach seinem rettenden Einstieg beim Industriekonzern Alstom im Mai 2004 zieht sich der französische Staat jetzt wieder aus dem Kapital des Unternehmens zurück. Er verkauft seine Anteile von gut 21 Prozent an den französischen Mischkonzern Bouygues für rund 2 Milliarden Euro. Bouygues gründet mit Alstom zudem ein Gemeinschaftsunternehmen für Wasserkraftwerke. Der einst nur auf das Baugeschäft konzentrierte Konzern, der später den größten französischen Fernsehsender TF1 übernahm und den drittgrößten französischen Mobilfunkbetreiber gründete, weitet seine Geschäftsfelder damit auf das Energiegeschäft aus.
Die Börse begrüßte die Transaktion mit deutlichen Kursgewinnen für Alstom von zeitweise 5 Prozent und von rund 1 Prozent für Bouygues. Großer Gewinner der Vereinbarung ist der französische Staat, weil er seine Anteile bei Alstom günstig erwarb und sie nun mit einem Buchgewinn von 1,26 Milliarden Euro verkauft. Die Aktie von Alstom ist allein im vergangenen Jahr um mehr als 180 Prozent gestiegen. Alstom-Präsident Patrick Kron äußerte sich zurfrieden über den Eintritt von Bouygues. Das Unternehmen sei sein Wunschaktionär, der nicht nur für Stabilität im Aktionärskreis sorge, sondern auch die Geschäftsfelder Energie und Transport als Wachstumsbereiche der Zukunft ansehe. Bouygues hat sich verpflichtet, die Aktien mindestens drei Jahre lang zu halten und die Grenze von einem Drittel nicht zu überschreiten. Das Unternehmen kauft die Alstom-Aktien zum Preis von 68,21 Euro knapp unter dem Schlußkurs vom Mittwoch von 69,40 Euro, was Alstom mit rund 9,4 Milliarden Euro bewertet.
Nach den Auflagen der EU-Kommission mußte der französische Staat sich spätestens 2008 von seinen Anteilen trennen. Alstom hatte sich auch verpflichtet, für sein Wasserkraft-Geschäft einen Partner zu finden. Voraussetzung des Einstiegs von Bouygues ist die Zustimmung der EU-Kommission sowie der Abschluß des geplanten Verkaufs an die norwegische Aker-Gruppe.
"Bouygues kennt Alstom bereits, da wir in der Vergangenheit bei verschiedenen Großprojekten im Energie- und Transportbereich zusammengearbeitet haben", teilte Alstom-Chef Kron gegenüber der Belegschaft mit. Die Unternehmen hoffen vor allem bei großen Infrastrukturprojekten auf Synergieeffekte zwischen der Kraftwerkssparte von Alstom und dem Baugeschäft von Bouygues. In bezug auf die nie abgerissenen Spekulationen über einen Einstieg von Siemens bei Alstom sagte Kron: "Mir war kein Interesse von Siemens bekannt, insofern kann man nicht sagen, wir hätten ihnen die Tür vor der Nase zugeschlagen." Bouygues indes ist seit längerem an einem Einstieg ins Energiegeschäft interessiert. Eine Zeit lang hieß es, das Unternehmen könnte beim Kraftwerksbauer Areva Einlaß finden. Doch dann entschied die Regierung gegen eine Privatisierung von Areva. "Der Staat war ganz deutlich: Das Kapitel ist beendet", sagte Martin Bouygues, Sohn des Konzerngründers, zu den Überlegungen einer Areva-Privatisierung.
Bouygues hat mit 115400 Mitarbeitern 2005 einen Umsatz von 24,1 Milliarden Euro und einen Nettogewinn von 832 Millionen Euro erzielt. Alstom dagegen kam auf 13,6 Milliarden Euro Umsatz und erlitt einen Verlust nach Steuern von 865 Millionen Euro. Während Alstom vor allem als Hersteller des französischen Hochgeschwindigkeitszuges TGV bekannt ist, verweist Bouygues als Bauunternehmen auf das Musee d'Orsay, das Stade de France, die Oper von Sydney, die große Moschee von Casablanca oder auch den Eurotunnel. In den vergangenen zwölf Monaten stieg der Aktienkurs von Bouygues ungefähr um 38 Prozent. Das Unternehmen will den Alstom-Einstieg alleine aus existierenden Barmitteln finanzieren. S&P hat sein Rating beibehalten.
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